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0968 - Die Greise von Eden

0968 - Die Greise von Eden

Titel: 0968 - Die Greise von Eden
Autoren: Adrian Doyle
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verbogen in seinen Angeln. Es sah aus, als wäre ein Panzer dagegen gefahren.
    Von einem solchen gab es keine weitere Spur. Dafür wirkte das Metall, das Malak schwarz gestrichen in Erinnerung hatte, ebenso verändert wie die Holzverkleidung der Hütte, in der Dunja das Regiment führte.
    Alles war aschgrau.
    Malak merkte nicht, wie er die Zügel des Mulis losließ. Das Tier aber nutzte die Gelegenheit augenblicklich, zuckte zurück, drehte sich und begann in wildem Galopp den Treppenpfad hinunter zu preschen. Dazu stieß es markerschütternde Schreie aus.
    Wie erstarrt blickte Malak dem fliehenden Tier hinterher. Weit kam es nicht. Es stolperte, stürzte über die eigenen Beine und hatte dabei noch Glück im Unglück, dass der Sturz ihm das Genick und nicht nur Vorder- und Hinterläufe brach.
    Das schrille Gebrüll verstummte jäh.
    Malak hatte das Gefühl, dass im selben Moment auch sein eigenes, wie rasend galoppierendes Herz aufhörte zu schlagen. Doch seine Brust schien nur völlig taub und gefühllos geworden zu sein. Er atmete noch. Keuchend zwar, halb asthmatisch, aber er atmete. Folglich musste auch sein Herz noch schlagen.
    Das Nächste, was ihn erschreckte, regelrecht entsetzte, war, dass sich seine Beine wie von selbst in Bewegung setzten - aber nicht die Stufen abwärts, wie der gesunde Menschenverstand es jedem wohl geraten hätte, der in eine solche Lage schlitterte, sondern durch das aufgebrochene Tor in die Burganlage!
    Malaks Körper wurde von eisiger Kälte durchströmt. Seine Hände waren wieder braun, wettergegerbt, aber die Erinnerung an das kurzzeitige Ergrauen, als der unheimliche Schatten über ihn gefallen war, wollte nicht weichen. Immer wieder hob er seine Hände und prüfte, ob das Grau zurückkehrte, sich von Hütte oder Eisen auf ihn übertrug.
    Er starb auf wenigen Schritten tausend Tode, erst recht, als er fast über Dunja stolperte. Sie war nie eines besondere Schönheit gewesen, aber meistens gut gelaunt. Ihre dralle Figur war eine Herausforderung für jedes Kleid gewesen. Aber das gehörte zu ihr wie die temperamentvolle Sprache, das feurige Blitzen ihrer Augen, die energische Art, sich zu bewegen.
    Von all dem war nichts mehr geblieben.
    Erloschene Augen schienen durch Malak hindurchzustarren, als er zu ihr hinab blickte, wie sie dalag - eine seltsame Mumie, die in ihrem Kleid geschrumpft war, als hätte sie nie mehr gewogen als eines dieser unglücklichen jungen Dinger, die die Busse tagtäglich ausspien und die der geringste Windstoß ins Straucheln brachte.
    Malak verlor endgültig jegliches Gefühl für Realität oder Normalität, als sein Körper ihn, wie einen Gefangenen seiner selbst, zum Ursprung des Terrors lenkte.
    ***
    Nachdem sie die Polizeiabsperrung passiert hatten, hastete Bayan Saleh in Begleitung von Wafa und Zalay den Stufenpfad zum Eingang der Touristenattraktion hinauf. In der Burg wimmelte es von Personen in Zivil und Uniform. Wo immer das Trio erkannt wurde, machte man ihm respektvoll Platz.
    Von den Brüdern war Bayan der Älteste. Er war immer noch erschüttert von den Ereignissen der zurückliegenden Nacht. Von Rami gab es bislang weder ein Lebenszeichen noch eine Forderung seitens des Entführers. Bayan war noch in der Nacht zu Wafas Haus gefahren, wo wenig später auch der alarmierte Zalay eintraf. Die Geschwister hatten Kriegsrat gehalten, sie hielten seit ihrer Kindheit zusammen, wie Pech und Schwefel - aber eine Herausforderung dieser Qualität war für alle Neuland.
    »Was glaubst du, erwartet uns?«, wandte sich Wafa, der Jüngste, an Bayan. Sie waren von den Behörden informiert worden, dass hier etwas vorgefallen sei, das sie interessieren würde, und nun durcheilten sie jenes Gemäuer, das von klein auf eine Rolle in ihrem Leben gespielt hatte. Sie hätten sich blind darin zurechtgefunden.
    Ihr Vater hatte sie einst in das Geheimnis der Familie eingeführt. Seit seinem Tod verwalteten sie es. In ein paar Jahren hätte Bayan es an Rami weitergegeben, genauso wie die Geschwister es bei ihren männlichen Sprösslingen zu tun geschworen hatten.
    Aber jetzt war Rami fort - und es zeichnete sich ab, dass sein Verschwinden nur die Konsequenz aus etwas war, das man fälschlich als besiegt betrachtet hatte.
    Bayan hatte immer befürchtet, dass der Tag, an dem sie ihren Irrtum einsehen mussten, kommen würde.
    »Ich weiß es nicht.« Er hatte Mühe, nicht pausenlos an seinen geraubten Sohn zu denken.
    Geraubt von WEM?
    Die Umstände, unter denen Rami
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