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0965 - Die zweite Unendlichkeit

0965 - Die zweite Unendlichkeit

Titel: 0965 - Die zweite Unendlichkeit
Autoren: Simon Borner
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konnte.«
    Obwohl Ellie die Panik ins Gesicht geschrieben stand, lächelte sie. »Gehen Sie. Es wird funktionieren. Ich sage Ihnen, wo das Ungetüm am Verwundbarsten ist.«
    Zamorra nickte, atmete tief durch und verließ die Deckung, die ihnen die Ecke bot.
    Die Spinne reagierte sofort. Sowie er in ihr Sichtfeld gelangte, zischte sie laut und streckte ihre langen, mit ätzendem Glibber bedeckten Extremitäten auch nach ihm aus. Zamorra sah, dass der Fremde mit dem Mantel bereits wehrlos in ihrer Umklammerung hing und sich Zentimeter für Zentimeter ihrem weit klaffenden Maul näherte.
    Und er spürte das Amulett!
    Merlins Stern reagierte - längst nicht so kraftvoll und entschieden, wie er es gewöhnt war und sich gewünscht hätte, aber es war da. Endlich wieder.
    Sofort entstand ein schimmernder Schutzschirm aus grüner, magischer Energie rings um den Professor und wehrte die Spinnenbeine ab. Wo sie die Wand aus Licht und Zauber berührten, griff deren Energie auf sie über, hüllte sie in weiße Blitze und ließ sie vibrieren.
    Die Entladungen waren klein, doch sie genügten, das Monstrum aufheulen zu lassen. Irritiert und sichtlich unter Schmerzen verlor es den Fremden aus dem Zugriff seiner Extremitäten. Benommen fiel dieser zu Boden, rappelte sich aber schnell auf und kroch von ihm fort.
    »Jetzt, Professor! Zwischen die Augen!«
    Zamorra hörte Ellies Anweisung durch das Zischen des Untiers und der magischen Strahlen hindurch, und reagierte. Dachte nicht länger nach. Ließ es geschehen.
    Das Amulett speiste sich aus der Kraft seines Trägers, und als der gewaltige Strahl weißer Energie aus dem Schirm trat und dem Monster in die nachtschwarze Stirn fuhr, war Zamorra, als müsse sein menschliches Herz vor lauter Anstrengung zerbersten.
    Stattdessen zerbarst das Ungetüm. Mit einem Geräusch, das dem Ekel, den der dazugehörige Anblick verursachte, nicht einmal nahe kam, platzte das Vieh unter der Wucht des magischen Angriffs und verging. Glibberregen prasselte auf die Wände und den am Boden liegenden Grauhaarigen nieder und ließ diesen aufschreien. Einzig Zamorra, den der Schutzschirm rettete, und die drei Beobachter jenseits der Ecke waren vor dem Niederschlag gefeit.
    Und der Kampf war vorbei.
    »D-Danke«, sagte der Fremde und kam röchelnd auf die Beine. Seine Haut war von kleinen Wunden übersät, und seine Kleidung dampfte vor Säurebefall, doch er schien beides zu ignorieren. Als der Schutzschirm verschwand und das Amulett wieder inaktiv wurde, reichte er Zamorra die Hand. Der Professor war für einen Moment so erschöpft und verwirrt, dass er sie instinktiv schüttelte.
    Dann kamen die anderen. Ben, Ellie und Nicole traten zu den beiden ungleichen Männern. Doch bevor sie sich einander vorstellen konnten, begann das Chaos von Neuem!
    Nicole schrie erschrocken, als plötzlich eine der vielen geschlossenen Türen aufflog, die den Korridor rechts und links in immer gleichen Abständen zueinander säumten. Zamorra wirbelte herum - und erstarrte.
    Jenseits der Schwelle, die offensichtlich in eine Kammer führte, die optisch mit der identisch war, in der er und Nicole »angekommen« waren, stand eine alte Frau asiatischer Abstammung. Sie trug einen kirschroten Kimono, der mit weißen Schriftzeichen verziert war. Ihr pechschwarzes Haar war militärisch streng zurückgekämmt und als Dutt an ihrem Hinterkopf verknotet. Zwei weiße Stäbchen ragten daraus hervor.
    Sie machte keinen Ton, bewegte keinen Muskel.
    Und in ihrem Blick flackerte das Licht der Verzweiflung.
    Der Anblick war absurd. Die Frau stand direkt an der Schwelle, in einem ansonsten leeren Zimmer, und doch konnte sie sich kaum rühren. Gefangen im… in der Luft? Das ergab doch keinerlei Sinn!
    Trotzdem traf es zu: Ihr Blick ging Hilfe suchend von Nicole zu Ben. Ihre Arme hingen wie gefesselt in der Luft, ihr Mund war weit aufgerissen, und ihr Brustkorb hob und senkte sich nicht.
    Ein Fisch , schoss es Zamorra durch den Kopf. Ein Fisch unter Wasser. Nur, dass dieser keine Kiemen hat. Wie kann es sein, dass sie dort keine Luft hat, wir hier aber schon?
    »Sie kann nicht atmen!«, erkannte der Professor sofort. Er sah zu der jungen Campbell. »Schnell, Ellie, wie bekommen wir sie da raus?« Zamorra ahnte instinktiv, dass niemand von ihnen den Raum betreten und nach der Asiatin greifen durfte. Dadurch hätten sie sich nur selbst in ihre Lage gebracht und niemandem geholfen.
    »Ich…« Ellie wirkte genauso verwirrt wie alle anderen. Dann wurden
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