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0960 - Aibons böse Diener

0960 - Aibons böse Diener

Titel: 0960 - Aibons böse Diener
Autoren: Jason Dark
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Muriel? Dort wohnen Menschen. Weißt du, ob sie zu Hause sind?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wer wohnt dort?«
    »Zwei alte Leute. Ein Ehepaar. Beide sind schon über siebzig. Warum fragst du?«
    »Schon gut«, sagte Jane. Sie ging davon aus, daß sich die Schatten mit dem Verschwinden eines halben Hauses nicht zufrieden geben würden.
    Sie würden weitermachen und das Dorf vernichten, wenn es sein mußte.
    Beragh würde dann irgendwann nur mehr Erinnerung sein und den Menschen Rätsel aufgeben.
    Das kam im schlimmsten Fall in Frage, aber es gab für sie noch eine andere Möglichkeit. Die Schatten waren als lebende Menschen die gefährlichen Tarling-Brüder gewesen. Möglicherweise wollten sie Kontakt zu ihrem Vater aufnehmen, man konnte ja nie wissen. Wenn das eintreten sollte, schwebten sie in größter Gefahr.
    Deshalb sagte Jane: »Wir müssen hier weg, Muriel. Wir können nicht bleiben. Klar?«
    »Ja, Jane, ja, das habe ich verstanden.« Die Lehrerin wischte sich über ihr Gesicht und anschließend über die Haare. »Aber was machen wir mit Gordon?«
    »Den nehmen wir mit.«
    »Und wohin?«
    »Kennst du ein Versteck?«
    »Nein. Hier gibt es keine Höhlen, aber das hätte auch keinen Sinn gehabt. Die Schatten würden uns immer finden.«
    Da stimmte ihr Jane zu. Beide Frauen hatten die vier Gestalten nicht aus den Augen gelassen, und beide sahen, daß sie sich urplötzlich bewegten. So schnell, daß sie es mit den Augen kaum verfolgen konnten. Es hatte ausgesehen, als waren die Schatten von einem heftigen Windstoß erfaßt worden, um sich aufzulösen.
    In den folgenden Sekunden sagte niemand etwas. Bis Muriel Shannon plötzlich anfing zu lachen. Sehr laut und sehr schrill. Sie schüttelte dabei den Kopf, als könnte sie es nicht fassen. »Ja!« schrie sie schließlich.
    »Sie sind weg! Verdammt, sie sind verschwunden! Hast du das gesehen? Sie - sie sind nicht mehr hier!«
    »Ja, ich weiß.«
    Muriel lachte. Sie sprang von ihrem erhöhten Standplatz und führte sich auf wie ein kleines Mädchen. Immer wieder klatschte sie in ihre Hände, als hätte sie etwas Besonderes geschenkt bekommen. Ihre Augen strahlten wie in einem grünen Licht. Sie lächelte, sie lachte, sie schlug sich auf die Schenkel, und selbst Gordon Tarling erwachte aus seinem lethargischen Zustand.
    Er hob seinen Kopf an, schüttelte ihn, dann stemmte er sich ächzend hoch und drehte sich zu Jane Collins hin um, die den Stein ebenfalls verlassen hatte.
    »Was ist denn mit Muriel?«
    »Sie freut sich.«
    »Und worüber?«
    Jane hob die Schultern. »Sie denkt, es ist vorbei.«
    »Vorbei?« Tarling überlegte. »Was soll vorbei sein?« Er lachte ebenfalls.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Okay, lassen wir das.«
    Muriel hatte sich wieder beruhigt. Sie war von einer seltsamen Ruhe befallen und hielt die Augen geschlossen. Das kam Jane entgegen, denn so konnte sie nachdenken, und die Gedanken, die ihren Kopf durchflössen, waren nicht eben positiv.
    Es gefiel ihr überhaupt nicht, daß die Schatten verschwunden waren.
    Eigentlich paradox, denn sie waren eine Gefahr für Leib und Leben. Aber Jane hatte sie unter Kontrolle gehabt, und das war nun nicht mehr der Fall. Jetzt konnten sie sich bewegen, wie sie wollten, sich verstecken, plötzlich hervorkommen und an Stellen zuschlagen, die für Jane und Muriel nicht einsehbar waren.
    Die Lehrerin war nahe an Jane herangetreten, um sie beobachten zu können. Nach diesem Ausbruch wirkte sie erleichtert. Sie wollte sich auch dafür entschuldigen, aber Jane winkte ab. »Nein, laß das. Es ist wirklich nicht nötig.«
    »Ich mußte es haben. Es steckte in mir. Es mußte einfach raus, verstehst du?«
    »Sicher.«
    Muriel umarmte Jane. Sie zitterte noch, und Jane hielt sie fest, denn das brauchte die Lehrerin jetzt. »Sie haben es nicht geschafft, Jane, sie haben uns nicht auflösen können.«
    »Ja, das stimmt.«
    Muriel löste sich. Etwas im Klang der Stimme hatte ihr nicht gefallen.
    »Du sagst das so emotionslos, Jane. Was ist denn überhaupt geschehen, daß du…?«
    »Du meinst, daß ich mich nicht freue?«
    »Ja, genau.«
    Die Detektivin hob die Schultern. Ein verlorenes Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. »Man kann es aus zwei Seiten betrachten, Muriel. So wie du es siehst, hast du recht, und auch ich denke, daß wir im Moment Ruhe haben.«
    »Der Moment störte dich.« Muriel atmete schwer. »Nicht wahr? Sei bitte ehrlich.«
    »Das bin ich, und ich gebe dir recht. Dieser Moment störte mich auch. Ich weiß nicht, wie
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