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0955 - Blutiger Dschungel

0955 - Blutiger Dschungel

Titel: 0955 - Blutiger Dschungel
Autoren: Volker Krämer
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Zant. Er legte seine rechte Hand beruhigend auf Anas Kopf. Das Kind begriff und verhielt sich absolut still. Artimus hatte schon die letzten Minuten deutlich gespürt, wie der Splitter in seiner Hand seine Aktivitäten startete. Das Leuchten verstärkte sich und van Zant steckte die Hand tief in die Tasche seiner Hose, um nicht wie ein Signalfeuer durch den Dschungel zu laufen. Ein wenig dezenter wäre ihm lieber gewesen, denn dieses Leuchten machte ihn und das Kind zu einer kaum zu verfehlenden Zielscheibe mitten in der Finsternis.
    Schaut her - hier sind wir!
    Lautlos fluchend wollte er seinen Weg fortsetzen, doch dann drang das Geräusch an seine Ohren, das nun wirklich nicht in den Urwald gehörte.
    Das Wimmern eines Kindes, das keine Tränen mehr hatte!
    Artimus ging in die Hocke, um ganz dicht vor Anas Gesicht zu gelangen. Seine Stimme war so leise, dass die Kleine Mühe hatte, die Worte zu verstehen, die van Zant in seinem brüchigen Spanisch zu ihr sagte.
    »Ganz still bleiben. Pedro lebt - und jetzt holen wir ihn, aber niemand darf uns hören. Also psst!« Er legte den Zeigefinger auf Anas Lippen. Das Mädchen nickte tapfer und hielt die Tränen zurück, die ihr zumindest noch verblieben waren. Sie hatte große Angst um das Leben ihres Bruders.
    Ganz langsam und vorsichtig setzten sie ihren Weg fort.
    Alle Alarmglocken schlugen in Artimus an. Direkt vor ihnen öffnete sich die dichte Reihe der Baumriesen zu einer natürlich entstandenen Lichtung. Artimus stockte der Atem, denn dort, mitten auf dem freien Platz, saß Pedro. Der Physiker wollte seinem Instinkt folgen und sich das Kind greifen, doch etwas hielt ihn zurück. Das sah alles so sehr nach einer Falle aus, dass man es schon als plump einordnen konnte.
    Doch was blieb Artimus schon anderes übrig, als Pedro zu holen? Eine Option gab es nicht, zudem in diesem Augenblick Ana feste Tatsachen schuf. Sie riss sich von van Zants Hand los und stürmte zu ihrem Bruder. Artimus stieß einen bitteren Fluch aus und folgte ihr. Noch schien alles ruhig zu sein. Der Splitter in seiner Hand glühte nach wie vor, doch das konnte auch bedeuten, dass die Präsenz von Vampiren noch nachhaltig zu spüren war, die sich kürzlich hier aufgehalten hatten.
    Doch Artimus machte sich nichts vor - die Kinder und er waren nun mitten in der Höhle des Löwen, auch wenn Artimus es tatsächlich lieber mit einer Raubkatze aufnehmen wollte, als mit einem dieser verfluchten Blutsauger.
    Als er in Pedros Augen sah, erkannte er das blanke Grauen, dass dieses Kind gesehen haben musste. Der Kleine reagierte auf die Liebkosungen seiner Schwester in keiner Weise. Van Zant beschlich die Vermutung, dass der Horror dieses Dschungels dem Jungen den Verstand geraubt hatte. Vielleicht war er für immer verloren gegangen.
    Pedro streckte dem Physiker die rechte Hand entgegen und Artimus sah, was das verwirrte Kind ihm mitteilen wollte. Die Finger der kleinen Hand waren blutverschmiert. Und Pedro streckte diese Hand nun in die Höhe.
    Anas Schrei durchschnitt die unnatürliche Ruhe des Waldes. Sie hatte nach oben geblickt und entdeckt, was den Horror dieses Dschungels ausmachte. Wie viele Kinder hatten das erblickt, was sie und van Zant nun sahen? Sie alle waren anschließend für immer gefügig gewesen, denn keines von ihnen wollte ein zweites Mal an diesen Ort.
    Van Zant hatte schlimme Dinge gesehen, doch die Perversität dieser Lichtung verschlug auch ihm den Atem: Überall in den Bäumen, die von Schlingpflanzen umhüllt waren, hingen Leichen! Eingewickelt in die Lianen - kopfüber, mit ihrem eigenen Blut besudelt. Artimus sah Männer und Frauen jeden Alters - und Kinder! Wie hatte es doch geheißen? Einer von euch wird den Wald nicht wieder verlassen.
    Bei jeder dieser Strafaktionen hatten sich die Bäume ein Kind geholt. Die Bäume? Nein, die verdammten Blutsäufer! Van Zant spürte blanken Hass in sich brodeln. Und in diesem Fall hatte es also Pedro sein sollen. Doch er würde den Vampiren einen Strich durch ihre schmutzige Rechnung machen.
    In diesem Augenblick rauschte es über van Zants Kopf. Eine der Schlingpflanzen schien dem Gewicht ihres Gastes nachgeben zu müssen und raste dem Erdboden entgegen. Artimus riss die Kinder zu Seite. Dann blieb ihm beinahe das Herz stehen, denn der Tote, dessen Fall von der Liane nur knapp über der Erde gebremst worden war, war kein Fremder für ihn.
    Artimus van Zant blickte in die vor Angst weit aufgerissenen Augen von O'Hara, seinem Studienfreund,
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