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0954 - Die Stunde des Pfählers

0954 - Die Stunde des Pfählers

Titel: 0954 - Die Stunde des Pfählers
Autoren: Jason Dark
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überall. Auch auf den Bäumen, die am Bahndamm standen und allmählich in einen Wald überzugehen schienen.
    Deutete sich der Umschwung an?
    Marek wartete noch einige Minuten ab. Mittlerweile durchfuhr der Zug ein lichtes Waldgebiet.
    Manchmal erschienen Marek die Bäume zum Greifen nahe, und der Fahrtwind schaffte es sogar, verklebte Schneereste von ihren Ästen und Zweigen zu holen.
    Noch mußte Marek nach rechts schauen. Der Drang wurde immer stärker, auch wenn er seiner Meinung nach nichts mit dem Vampirwolf zu tun hatte.
    Der Pfähler schob sich wieder an die Öffnung heran. Schon dicht davor erwischte ihn wieder der kalte Strom, denn er hielt sich jetzt genau im Durchzug der beiden Öffnungen auf.
    Marek schaute nach draußen.
    Fast hätte er geschrieen, so scharf erwischte ihn der Wind, der trotz allem durch den dicken Schal drang und sein Gesicht malträtierte.
    Weinen wollte er beileibe nicht. Er konnte nichts dazu, daß ihm dieser Sturm die Tränen in die Augen trieb und seinen Blick verschleierte.
    Der Pfähler gab trotzdem nicht auf. Er suchte ein Ziel. Er schaute an der langen Reihe der Wagen entlang und glaubte auch, die Lok erkennen zu können.
    Und er sah ein Ziel.
    Zum erstenmal geriet etwas in sein Blickfeld, das sich von der übrigen Umgebung wie Schnee und Wald abhob. Es sah aus wie ein Gebäude, aber kein Dorf. Vielleicht war es auch eine Ruine. Jedenfalls stand sie in der Landschaft und war von einem Kranz aus schneebeladenen Bäumen umgeben.
    Marek wußte nicht, ob sie eine bewohnte Gegend erreichten, er hoffte es, denn diese Einöde ging ihm allmählich auf die Nerven.
    Frantisek zog sich wieder zurück. Bevor er die Tür wieder schloß, mußte er erst mal tief durchatmen.
    Die Wärme kehrte zu ihm zurück. Marek rubbelte in seinem Gesicht herum, um diesen Prozeß zu fördern. Viel hatte er nicht gesehen, doch der Anblick des alten Gebäudes hatte ihm doch Mut gemacht. Er wußte nur nicht, weshalb dies eingetreten war. Es mochte daran gelegen haben, daß endlich die Schneewüste aufgerissen wurde. Mauern gaben Menschen Schutz, Bäume ebenfalls und…
    Der schrille Pfiff der Lok unterbrach die Gedanken des Pfählers. Er hatte dieses Signal wie eine Warnung aufgenommen. Plötzlich saß er da, lauschte - und vernahm erneut dieses grelle Geräusch.
    Warum? War die Strecke nicht frei? Böse Ahnungen beschlichen ihn, aber noch lief alles normal.
    Der Zug rumpelte weiter.
    Er rumpelte diesmal wirklich, als wären die Räder dabei, jeweils über schwere Hindernisse zu rollen. Jeder Wagen wurde durchgeschaukelt, auch der in dem Marek hockte, und wieder hörte er von der Lok her die lauten Pfiffe.
    Er fluchte.
    Etwas stimmte nicht.
    Marek blieb auf dem Boden hocken. Er wollte plötzlich nicht mehr aufstehen, und er hatte gut daran getan, denn schlagartig veränderte sich seine kleine Welt.
    Dafür gab es nur eine Erklärung.
    Notbremse!
    ***
    Ich kann fliegen, ich kann rutschen, ich kann segeln, ich kann alles zugleich und mich auch um die eigene Achse drehen. Es traf für den Pfähler alles zusammen. Er befand sich plötzlich in der Mitte eines Kreisels und zugleich als Teilstück in einem Kaleidoskop, das hin- und hergeschüttelt wurde.
    Marek wußte nichts mehr von irgendwelchen Richtungen. Er befand sich oben und unten zugleich, aber er hielt die Augen weit offen und stellte fest, daß Schatten von verschiedenen Seiten auf ihn zuhuschten, die aber keine Schatten waren, sondern die mit Metallresten gespickten Säcke. Sie erwischten ihn, sie prallten gegen seinen Körper, begruben ihn, zogen sich wieder zurück und huschten dabei kreiselnd und kratzend über den Boden. Oder waren es irgendwelche blockierten Räder, die auf den Schienen solche schrecklichen Geräusche verursachten?
    Marek wußte es nicht. Er wollte es auch nicht wissen. Er hatte sich so klein wie möglich gemacht, um kaum Angriffsfläche zu bieten, aber die Säcke, die einerseits so leicht und luftig aussahen, hatten ihn doch erwischt und waren auf ihm wie eine schwere, erdrückende Last liegengeblieben.
    Warum?
    Warum rutschten sie nicht weiter?
    Als Marek sich diese Frage stellte, wußte er, daß er okay war. Zumindest relativ. Er konnte denken, er wußte auch, daß er nicht schwer verletzt war. Es war alles in Ordnung. Es war schon wunderbar.
    Er fühlte sich…
    Seine Gedanken brachen ab.
    Erst jetzt hatte er festgestellt, daß sich in der unmittelbaren Umgebung einiges verändert hatte, denn der Zug stand. Er fuhr keinen
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