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0954 - Die Stunde des Pfählers

0954 - Die Stunde des Pfählers

Titel: 0954 - Die Stunde des Pfählers
Autoren: Jason Dark
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Zentimeter mehr weiter. Auf den Schienen bildete er eine erstarrte, lange Schlange, ohne sich zu rühren.
    Die Vollbremsung hatte gewirkt.
    Aber er war begraben. Die Säcke lagen auf ihm. Sie drückten ihn zusammen. Unter seinem Gesicht spürte Frantisek den schmutzigen Boden, und als er fluchen wollte, erstickte die Worte in seinem Hals. Zunächst war es wichtig, daß er sich von der Last befreite. Einerseits hatte sie ihn beschützt, andererseits aber war es ihm unmöglich, noch länger liegen zu bleiben.
    Er mußte hoch. Marek stemmte seine Hände gegen den Boden. Es war nicht einfach, den Körper und das Gewicht darauf zugleich in die Höhe zu drücken, aber es klappte, denn der erste Sack rutschte zur Seite. Der zweite ebenfalls. Marek kriegte mehr Platz, er konnte schon kriechen und hatte sich sehr bald endgültig befreit.
    Gewonnen, verloren?
    Irgendwo dazwischen befand sich sein Zustand. Er blieb auf dem Boden hocken, von den Folgen der Vollbremsung noch ziemlich durcheinander. Der Atem pumpte nur so aus seinem Mund. Er sah die Wolken vor seinen Lippen und stellte dann fest, daß seine alten Knochen die verschiedenen Stöße überstanden hatten.
    Er war soweit okay!
    Seine Gedanken bewegten sich wieder. Er dachte nach. Er wollte natürlich wissen, weshalb der Lokführer die Vollbremsung vollzogen hatte. Stand etwas auf den Schienen? Hatte es eine Schneeverwehung oder einen Erdrutsch gegeben?
    Das Quietschen der Bremsen hallte noch in Mareks Ohren, als bereits Stille herrschte.
    Marek drückte die Hände auf seine Ohren. Das leicht taube Gefühl verschwand allmählich. Der Pfahl steckte noch da, wo er ihn hingedrückt hatte, und bei dieser Berührung kam ihm ein anderer Gedanke.
    Die Vollbremsung konnte durchaus etwas mit einer anderen Ursache zu tun haben. Und da blieben seine Gedanken an der Existenz des Vampirwolfs haften.
    Es war vorstellbar, daß dieses Wesen den Zug gestoppt hatte, wie auch immer. Das würde er herausfinden, zumindest nahm es sich Frantisek vor.
    Er stand auf.
    Der Wagen bewegte sich nicht mehr, doch in dem Holzaufbau war noch Leben. Er ächzte wie wild unter den Kräften, die auf ihn einwirkten.
    Marek stützte sich an der Schiebetür ab. Es war Zufall oder Fügung, wie auch immer, aber die Tür war bei der Vollbremsung nicht zugefallen. Sie stand jetzt sogar noch etwas weiter offen.
    Marek trat näher heran. Die Kälte fuhr nicht mehr in den Waggon. Trotzdem schien sie sich an seinen Lippen festhalten zu wollen. Marek nahm sich vor, keine Fehler zu machen. Er wollte zunächst sehr behutsam nach draußen schauen, um die unmittelbare Umgebung zu erkunden. Wichtig war die rechte Seite für ihn in Fahrtrichtung.
    Er wollte seinen Kopf vorschieben, als er ein Geräusch hörte, mit dem er keinesfalls gerechnet hatte.
    Schüsse!
    Das Knattern der Salven kannte er noch aus früheren Zeiten. Aber er hörte keine Schreie. Oder waren hier Menschen stumm gestorben? In was bin ich da hineingeraten? fragte er sich. Für ihn stand fest, daß die Schüsse nicht unmittelbar mit diesem Vampirwolf zu tun hatten, sondern mit der Notbremsung.
    Es hatte keinen Sinn für ihn, noch länger zu warten. Er mußte sich kundig machen und ging das Wagnis ein. Behutsam streckte er seinen Kopf nach draußen. Um die Kälte kümmerte er sich nicht.
    An sie würde er sich sowieso nicht gewöhnen müssen. Und dann zuckte er zurück.
    Er hatte jemanden gesehen!
    Marek wartete einige Sekunden. Danach schaute er wieder hinaus und stellte fest, daß er keiner Täuschung erlegen war. Tatsächlich ging ein bewaffneter Mann an der Reihe der Waggons entlang, um sie zu kontrollieren. Er suchte nach einer Öffnung, er suchte vielleicht nach Beute, denn dieser Typ erinnerte Marek an einen Banditen.
    Er trug so etwas wie eine Uniform. Zumindest deutete die schwarze Hose darauf hin. Darüber hatte er eine Parkajacke gestreift, die aussah wie ein Beutestück. Auf seinem Kopf saß eine Strickmütze, unter der das schwarze Haar wie gefärbte Wolle hervorquoll.
    Der Mann war schon verdammt nahe an seinen Waggon herangekommen. Wenn Marek die Tür jetzt zurammte, würde er es hören und aufmerksam werden.
    Das wollte der Pfähler auf keinen Fall. Verzweifelt suchte er nach einer Lösung.
    Da war das Loch im Dach!
    Er schielte hinauf, sah den starren, Himmel. Was der Vampirwolf geschafft hatte, mußte ihm auch gelingen, aber er verfügte nicht über die Sprungkraft dieser Bestie, und so ein Güterwagen konnte verdammt hoch sein. Vor allen
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