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0948 - Leonoras Alptraumwelt

0948 - Leonoras Alptraumwelt

Titel: 0948 - Leonoras Alptraumwelt
Autoren: Jason Dark
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Da wir an der schmalen Seite der Theke saßen, konnte ich ihn an der Längsseite entlangschweifen lassen; ich sah auch den Wirt, der wieder zur Zeitung gegriffen hatte.
    Der Kellner schleuderte weiterhin seine Pfeile. Er tat es nahezu verbissen.
    Immer wenn drei Pfeile die Platte getroffen hatten, lief er hin, zog sie hervor, trat wieder zurück, bis er den Abwurfstrich erreicht hatte, und schleuderte die Dinger erneut.
    Ich sah ihn, aber etwas anderes schob sich über dieses normale Bild. Es kam mir vor, als wäre der Mann weiter in den Hintergrund gedrängt worden, damit das Fremde besser zu sehen war.
    Zwei Bilder? Zwei Szenen?
    Ich blieb still und zwinkerte mit den Augen, weil die andere Szene verschwinden sollte. Die fremde aber blieb. Sie war ein Gebilde aus dem Nichts, zugleich aber durch mich oder meine Phantasie geschaffen. Sie selbst hatte dieses Bild aufgebaut, das mir plötzlich in den Sinn gekommen war.
    Ich wollte etwas sagen, aber meine Stimme steckte irgendwo fest. Ich kam mir vor wie ferngelenkt oder fremd geführt. Hier mischten sich plötzlich Phantasie und Wirklichkeit. Ich hatte mir selbst eine Szene aufgebaut, ohne es eigentlich zu wollen. Aus einem inneren Zwang heraus war das Bild erschienen, und ich wußte plötzlich, daß es grausam enden würde.
    Aber ich konnte nichts dagegen tun.
    Auch nicht, als sich der Kellner plötzlich umdrehte. Jetzt war nur mehr ein Bild vorhanden, das reale. Es gab ihn, es gab auch den Wirt, der seine Zeitung hatte sinken lassen, um bei den anderen Gästen abzukassieren. Er setzte sich langsam in Bewegung. Weit brauchte er nicht zu gehen, das alles war so schrecklich normal, wurde aber einen Moment später zu einer mörderischen Absurdität, denn der Kellner hatte seinen rechten Arm gehoben. Zwischen Daumen und Zeigefinger hielt er seinen Dartspfeil und zielte jetzt nicht mehr auf die runde Scheibe, sondern auf seinen Chef, den Wirt, der davon nichts merkte; er mußte noch einen Schritt machen, um die Gäste zu erreichen.
    So lange wartete der Kellner nicht.
    Er schleuderte den Pfeil.
    Blitzartig jagte er durch die Luft - und traf haargenau das anvisierte Ziel.
    Genau zwischen den Augen des Wirts blieb der Pfeil stecken!
    ***
    Niemand bewegte sich. Plötzlich wirkten alle Personen wie eingefroren, als hätte Suko kraft seines Stabes die Zeit für fünf Sekunden angehalten.
    Bis es einen dumpfen Laut gab. Der war entstanden, weil mein Freund durch eine heftige Bewegung die leere Wasserflasche neben sich umgestoßen hatte, weil ihn nichts mehr auf seinem Platz hielt. Er wollte hinter den Tresen zu dem Wirt, der wie eine männliche Schaufensterpuppe noch auf den Beinen stand, wobei der Dartspfeil noch in seiner Stirn steckte. Um die Einstichstelle herum hatte sich ein roter Blutfleck gebildet, mehr war nicht zu sehen, aber der Mann selbst konnte sich nicht bewegen. Es lag wohl am Schock, der allerdings in dem Moment vorbei war, als Suko den Mann erreichte. Er konnte ihn soeben noch abfangen und legte ihn hinter dem Tresen zu Boden.
    Ein Telefon stand in der Nähe. Blitzartig wählte Suko die Notrufnummer, während ich dasaß wie jemand, der nichts begriffen hatte.
    Aber der Kellner.
    Plötzlich stöhnte er auf. Dann taumelte er zur Seite, preßte die Hände gegen seine Wangen und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Die drei anderen Gäste am Tresen waren kreidebleich. Sie schauten sich an, sie konnten nichts fassen. Es waren normale Männer, vielleicht welche, die von einer Weihnachtsfeier übriggeblieben waren und einen letzten Drink hatten nehmen wollen.
    Nun aber waren sie mit dem Grauen konfrontiert worden, möglicherweise mit dem Tod, und das konnten sie nicht fassen. Nach dem Schock begann die Angst. Sie fühlten sich unsicher, und sie wollten in eine Sicherheit eintauchen.
    Blitzartig rutschten sie von ihren Hockern und verschwanden. Auch ich war nicht in der Lage, sie aufzuhalten, denn mein Gehirn war blockiert, und Suko redete noch immer mit der Person am anderen, Ende der Leitung. Er war dabei, den genauen Ort durchzugeben und nannte auch seinen Namen.
    Wie angenagelt saß ich am Tresen. Ich wußte, daß etwas Schreckliches passiert war, und mir war plötzlich klargeworden, daß ich daran die Schuld trug.
    Da war das Bild gewesen. Meine Vorstellung. Ja, ich hatte mir grundlos vorgestellt, was passieren würde, wenn sich der Kellner plötzlich umdrehte und nicht mehr auf die Scheibe zielte.
    Er hatte es getan.
    Meine Phantasie war in eine möglicherweise
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