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0948 - Leonoras Alptraumwelt

0948 - Leonoras Alptraumwelt

Titel: 0948 - Leonoras Alptraumwelt
Autoren: Jason Dark
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tödliche Realität umgewandelt worden.
    Grauenhaft…
    Ich kam mir selbst vor wie in Eis gepackt. Ich sah, ich erlebte alles, aber es war so fern, weil mich die eigenen Gedanken zu sehr in Beschlag nahmen.
    Suko, der hinter der Theke stand, drehte sich normal um. Er hatte das Gespräch beendet, aber mir kam es vor, als wäre er dabei, sich sehr langsam zu bewegen.
    Dann schaute er mich an. »Die Rettung wird gleich kommen«, sagte er, und seine Stimme hallte in meinen Ohren wider, als würden wir beiden in einer leeren Halle stehen.
    Ich nickte nur.
    Suko beugte sich noch einmal nach unten. Sehr bald kam er wieder hoch. »Noch lebt der Mann«, flüsterte er. »Die Spitze ist glücklicherweise nicht lang genug.« Er hob die Schultern. »Ich hoffe, daß er durchkommt.« Da ich noch immer nichts gesagt hatte, kam er auf mich zu, schaute mich etwas verwundert an, ließ mich aber sitzen, und ging auf den Kellner zu, der nach wie vor an dem ansonsten leeren Tisch saß und leise vor sich hinschluchzte.
    Suko ging auf Nummer Sicher und legte dem Mann Handschellen an. Das hätten wir bei diesem verdammten Voodoo-Weib auch tun sollen, aber uns darüber zu beschweren, hatte keinen Sinn.
    Der Mann ließ alles gleichgültig über sich ergehen. Er gab auch keinen Kommentar ab. Sein Blick war ins Leere gerichtet, die Lippen bewegten sich, ohne daß er sprach. Obwohl er bleich im Gesicht war, rann der Schweiß über seine Wangen. Die Handgelenke hatte ihm Suko auf dem Rücken zusammengebunden.
    Der Inspektor kam zu mir an die Theke. Ich hatte automatisch nach dem Glas gegriffen und es geleert. Der Whisky rann wie Feuer durch meine Kehle, und irgendwo weckte er mich auf und riß mich aus meiner Lethargie.
    »Soll ich dich nach einer Erklärung fragen, John?« erkundigte sich mein Freund.
    Ich atmete durch die Nase. »Nein, laß es bleiben. Es ist schrecklich genug.«
    Aber Suko wollte nicht aufhören. »Was bringt einen Menschen dazu, sich plötzlich so zu verhalten? Einen Dartspfeil auf eine andere Person zu schleudern… Grundlos, verdammt! Ohne Grund! Oder siehst du das anders, John?«
    Ich hatte mich wieder soweit gefangen, daß mir der Hintersinn dieser Frage nicht verborgen geblieben war, und ich war auch bereit, ihm die Wahrheit oder meine Wahrheit zu sagen.
    »Ja, ich sehe es anders.«
    »Da bin ich gespannt.«
    »Kannst du auch, Suko. Es gibt einen Grund, und dieser Grund heißt Leonora Vendre.«
    »Ach.«
    Ich ballte die Hände und nickte. »Ich gebe mir eine Mitschuld an dieser irren und völlig sinnlosen Szene.«
    »Du dir? Warum?«
    Mit den Händen umklammerte ich hart den Handlauf des Tresens. »Das will ich dir sagen«, sprach ich leise. »Ich hatte plötzlich die Vorstellung, daß sich der Kellner umdreht und nicht mehr auf die Scheibe zielt, sondern auf den Wirt. Es kam mir in den Sinn, es ist verrückt, ich weiß, aber ich dachte so intensiv daran, daß meine Vorstellungen wohl auf diesen Kellner übergingen, er sich dann umdrehte, einen seiner Dartspfeile nahm und ihn auf das menschliche Ziel schleuderte. Er hat es getroffen, zielgenau, mitten in die Stirn.« Ich schüttelte den Kopf. »Suko«, sagte ich mit leiser Stimme.
    »Ich denke, daß dies der erste Teil einer gewaltigen Abrechnung war, die Leonora Vendre mit uns vorhat. Und ich gehe sogar noch einen Schritt weiter. Du mußt ebenfalls damit rechnen, daß dir so etwas passiert. Daß du plötzlich Phantasien entwickelst, die dann zu einer grausamen Wahrheit werden.«
    Er schwieg eine Weile und legte mir die Hand auf die Schulter. »Was folgerst du daraus?« fragte er dann.
    »Du weißt es selbst.«
    »Möglich, aber sprich es aus.«
    »Okay. Ich folgere daraus, daß wir von nun an eine Gefahr für die Allgemeinheit bilden. So etwas kann wiederkehren. Man kann sich plötzlich etwas Schreckliches ausdenken, ohne daß man es wirklich will, weil man eben ferngelenkt wird. In diesem Fall von einer gewissen Voodoo-Fürstin.« Mir machten meine eigenen Worte Angst. »Ich weiß nicht mehr, was ich noch tun oder lassen soll.«
    Mein Freund schwieg. Was sollte er auch sagen? Er wußte, daß er ebenso betroffen war. Es hätte auch ihn erwischen können. Gefeit war er nicht.
    Suko hatte sehr wohl über meine Worte nachgedacht. »Eine Gefahr für die Allgemeinheit?« murmelte er. »Ich will nicht daran denken, was alles passieren kann, aber ich frage mich, was wir dagegen tun sollen.«
    Ich hob die Schultern.
    »Ist das deine ganze Antwort?«
    »Kennst du eine bessere?«
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