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0942 - Die Prophezeiung des Uriel

0942 - Die Prophezeiung des Uriel

Titel: 0942 - Die Prophezeiung des Uriel
Autoren: Susanne Picard
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seit zwei Tagen im Grande Grimoire , einer kritischen Werkausgabe des Beschwörungsbuches von 1522 steckte, war ihr klar, dass sie so ziemlich alles falsch gemacht hatte, was falsch zu machen war. Und dabei noch verdammtes Glück gehabt hatte. Ihr schauderte, wenn sie bedachte, was hätte passieren können, wenn sie ihrem halb erfundenen, halb abgemalten Sigill, mit dem sie immer den Leuten weisgemacht hatte, sie rufe den Glücksbringer, auch nur ein Häkchen hinzugefügt hätte. Im Grunde war es kein Wunder gewesen, dass dieser CHAVACH bei ihr aufgetaucht war und sich auch dieser japanische Totengeist von ihrem Budenzauber angesprochen gefühlt hatte.
    Doch da war immer noch Uriel, der sie gewarnt hatte, diese Nummer weiter durchzuziehen. Wollte sie das wirklich? Mehr denn je war ihr klar, wie gefährlich es war, die Geister, ja, die Dämonen zu beschwören.
    Aber nach diesem Buch hier war es doch so einfach!
    Doch dann erinnerte sie sich wieder an den grauenhaften Schrecken, den Uriels Anwesenheit ihr eingejagt hatte. Diese Gestalt war vom Tod umgeben - doch nicht von einem kalten, grausamen Tod. Yasmina hatte in seiner Anwesenheit einen Hauch der Ewigkeit verspürt. Es war ihr klar, diese Gestalt war nicht böse. Doch sie war unerbittlich und war unbedingt gerecht, so gerecht, dass es wehtat. Genau, wie sein Aussehen wehtat. Er war schön gewesen, so schön, dass es sie den Anblick geradezu körperlich gespürt hatte. Weder Mann noch Frau, und nicht ganz menschlich, hatte Uriel die Schönheit des Todes an sich. Yasmina, die an den Tod immer als etwas Hässliches, Grausames und Furchtbares gedacht hatte, hatte nie in Erwägung gezogen, dass der Tod auch eine gewisse Schönheit besaß. Schon allein deshalb hatte sie der Anblick dieses Engels zu Tode erschreckt.
    Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Sie klappte das Zauberbuch entschlossen für einen Moment zu und sah in ihre halb leere Kaffeetasse. Wollte sie das wirklich? Was, wenn Uriel sie gar nicht verflucht hatte, sondern nur nicht wollte, dass sie sich nicht in seinen »Arbeitsbereich« einmischte?
    Aber das habe ich doch gar nicht. Ich habe keinem was getan, keinem geschadet und ich habe diesen blöden Engel auch nicht gerufen, das konnte ich gar nicht. Steht im Grimoire!
    Aber du hast es den Leuten erzählt. Auch das mindert den Respekt der Menschen dem Tod gegenüber. Uriel gegenüber.
    An Uriel glauben sowieso nur Bekloppte. Und Abergläubische.
    Aber es gibt ihn.
    Yasmina hielt inne. Ja, es gab Uriel, den Erzengel, den Engel des Todes. Das schien ein Fakt zu sein. Was also, wenn Uriel Yasmina doch mit einem Fluch belegt hatte? Oder einer Art übernatürlicher Sperre? Was auch immer das war, ein Engel würde doch sicher die Macht haben, das durchzusetzen.
    Du solltest dich mal selber hören, Yasmina. Glaubst du so einen Quatsch wirklich?
    Ja. Wenn ich glaube, dass es Uriel gibt, wenn ich glaube, dass Julie Deneuve mich nicht von vorne bis hinten verarscht hat, dann muss ich auch glauben, dass es so etwas wie einen Fluch gibt - und ich muss mich davor schützen.
    Genauso entschlossen, wie sie es vorhin zugeklappt hatte, schlug sie das Grimoire jetzt wieder auf. Irgendwo hier drin musste doch stehen, wie sie einen Fluch lösen konnte.
    Und wenn schon das nicht darin stand, dann fand sie vielleicht etwas - oder jemanden - der ihr dabei helfen konnte, den Fluch zu lösen, den dieser perfide Todesengel über sie geworfen hatte…
    ***
    Es war dunkel. Nein, das war nicht das richtige Wort. An diesem Ort jenseits von Raum und Zeit schien ein Licht, doch weder war zu erkennen, wo man sich befand, noch wo der Ursprung dieses Lichts war. Der Ort strahlte Ruhe aus, Frieden, er ließ keine Wünsche offen.
    Ein Paradies, hätten die einen gesagt.
    Ein Nirwana, die anderen.
    Doch der Shinigami befasste sich nicht mehr mit solchen Begriffen und Kategorien. Dies war einfach der Ort, an dem er seinen Herrn meist vorfand, wenn er ihn aufsuchen musste, auch wenn dieser seines Wissens nicht hier lebte.
    So auch jetzt.
    Meister, ich bin zu Euch gekommen, weil Ihr mir sagtet, dass ich mich immer an Euch wenden kann, wenn ich Zweifel an meiner Aufgabe habe oder nicht weiter weiß. Ihr würdet mir immer helfen.
    Das ist richtig. Doch im Moment weiß ich nicht, warum du an deiner Aufgabe zweifelst. Du erfüllst sie ganz hervorragend.
    Meister, Ihr habt mich von meiner Aufgabe, Seelen ins Jenseits zu geleiten und ihnen Frieden zu schenken, abgezogen, damit ich der verehrten Weißmagierin
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