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0934 - Der Schlüssel zur Quelle

0934 - Der Schlüssel zur Quelle

Titel: 0934 - Der Schlüssel zur Quelle
Autoren: Simon Borner
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Knall - so laut, dass Jenny Moffat für einen Moment befürchtete, taub geworden zu sein - verschluckte den Rest seiner Worte. Die Meute zuckte zusammen, sichtlich erschrocken ob der unerwarteten Unterbrechung. Und irgendwo im hinteren Bereich des Innenhofs flogen die Türen auf.
    Es dauerte nur Sekunden. Unzählige Bewaffnete strömten in den Raum. Sie trugen schwarze Schutzkleidung, kugelsichere Rüstungen. Helme mit durchsichtigen Visieren. »POLICE« stand ihnen in weißen Lettern auf Brust und Rücken geschrieben. Und auf den Kurzgewehren, die sie in den Händen hielten, spiegelte sich das Licht der flackernden Lampen. Es wirkte wie Elmsfeuer.
    Schüsse fielen ohne Vorwarnung. Menschen gingen zu Boden, fassten sich an die Brust, an die Beine. Mit kalter, gnadenloser Effizienz bahnten sich die Neuankömmlinge einen Weg durch die Menge an Gefangenen. Jenny sah kleine Gegenstände durch die Luft fliegen, qualmend und hell. Die Polizisten warfen sie, und dort, wo sie aufkamen, breitete sich alsbald dichter Nebel aus. Rauchgranaten , dachte sie, und im nächsten Augenblick stieg ihr schon ihr Gestank in die Nase, legte sich wie ein dickes Tuch auf ihre Lunge. Dichte Schwaden zogen durch den Raum.
    Jenny spürte, wie der Hüne ihr die Waffe wieder an die Schläfe hielt. Kaltes, lebloses, den Tod verheißendes Metall auf schweißnasser Haut. Aus dem Augenwinkel sah sie seinen Finger am Abzug. Sah, wie er sich krümmte. Jenny stöhnte, biss die Zähne zusammen, dachte an Mike - und dann fiel der Schuss!
    Tödlich getroffen sackte der grobschlächtige Kerl zusammen. Seine Hände, die die junge Journalistin eben noch in Schach gehalten hatten, zuckten unkontrolliert, während er fiel und in einer stetig wachsenden Blutlache zu liegen kam. Für einen Moment völlig perplex, stand Jenny einfach nur da und sah zu, wie sein Blick brach, seine Atmung aussetzte. Der Mann starb keine zwanzig Zentimeter von ihr entfernt, und doch hätte es genauso gut auf einem anderen Planeten sein können.
    Ihre Ohren rauschten. Ihr ganzer Körper zitterte vor Anstrengung, Angst und Überforderung. Nichts von dem, was um sie herum geschah, unterlag ihrer Einflussnahme, und das war die Welt, wie Jenny Moffat sie nicht wollte. Die Wahrheit. Der Blick hinter die Kulissen.
    Langsam drehte sie sich um und nahm die Sicherheitsleute wahr, die auf sie zueilten, die Waffen im Anschlag. Einer von ihnen musste gefeuert und sie somit gerettet haben, doch alles, woran Jenny in diesem Moment denken konnte, war Mike. Das erste Opfer dieser Wirklichkeit.
    »… Sie okay?«
    Sie blinzelte. Das Männergesicht hinter dem Visier vor ihr wirkte besorgt, aber zuversichtlich. Die dazugehörige Stimme drang nur gedämpft an ihr Ohr. Dafür war das Pfeifen noch immer zu laut.
    »Sind Sie okay?«, fragte er noch einmal, und nun gelang es ihr irgendwie, zu nicken. Sichtlich erleichtert packte er sie daraufhin an der Hand und zerrte sie zur Seite, runter von dem Podest, auf dem ihr Dasein beinahe geendet hätte, und zu einer nahe gelegenen Tür. Während sie ihm folgte - hinterherdackelte wie ein treudoofer Hund, denn zum eigenständigen Denken fehlte ihr einfach die Kraft, der Mut - glitt ihr Blick über das Geschehen.
    Alles hatte sich verändert. Noch immer strömten Polizisten in den Hof, überrumpelten die Randalierer und hielten jene in Schach, die bereits kapituliert hatten. Die Revolte in der Huntsville Unit war vorbei, hatte ein blutiges, gewaltsames Ende gefunden - und ihr Initiator hockte mittendrin, flankiert von gleich vier Bewaffneten. Sie hatten Omar niedergeschlagen, was vermutlich die richtige Entscheidung war. Wie sonst hätten sie seine mentale Stärke mindern können? Halb bewusstlos hing der Mann zwischen ihnen, gestützt von seinen Bewachern.
    Jenny sah, wie Rooney zu ihm trat, und fragte sich, was noch geschehen musste, um diesem unerträglichen Knilch von Direktor endlich den Garaus zu machen.
    Es gab keine rationale Erklärung dafür, dass sie Rooney hören konnte. Um sie herum tobte der Krieg zwischen den Staatsdienern und ihren Gefangenen, flogen die Rauchgranaten, fielen Schüsse. Und doch verstand Jenny mit einem Mal jedes Wort. »Omar Little«, sagte der Anstaltsleiter in einem Tonfall, der vor Überheblichkeit nur so troff. »Kraft des mir vom Staate Texas verliehenen Amtes und meiner Position als Direktor der Huntsville Unit verurteile ich sie hiermit zum Tode. Die Vollstreckung des Urteils erfolgt sofort.«
    Damit zog Rooney einen Revolver
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