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0933 - Der erste Erbfolger

0933 - Der erste Erbfolger

Titel: 0933 - Der erste Erbfolger
Autoren: Oliver Fröhlich
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erstreckte sich der hell erleuchtete Flur. Offenbar hatte Aryen also tatsächlich die Fenster verrammelt, dass man von außen nicht sehen konnte, mit welchen finsteren Angelegenheiten er sich beschäftigte. Der Boden war ausgelegt mit Tierfellen, an den Wänden hingen wenige schlechte Gemälde und vereinzelte rostige Hieb- und Stichwaffen. Ansonsten waren sie nackt und kalt. Die Stimmen kamen von links. Am Ende des Flurs stand eine weitere Tür offen, aus der ein bläuliches Schimmern drang.
    Die Magie eines Gedankenkristalls?
    »Ich kenne den Preis! Schließlich habe ich meine Gefährtin schon getötet und sie dir geopfert!«
    Ein gemeines Lachen brandete auf. »Aryen, du kleiner Narr! Was interessiert mich deine Gefährtin? Dein Sohn ist es, den ich will! Nur deshalb musste deine Frau sterben. Sie wäre uns im Weg gewesen.«
    »Natürlich!«
    Mit der linken Hand umklammerte Invo seinen eigenen Kristall, während er mit der rechten den Dolch unter dem Umhang hervorzog. Das, was er da gehört hatte, war ihm Beweis genug! Aryen musste sterben! Jetzt!
    »Sehr gut!«, dröhnte die fremde Stimme. »Doch noch sind Zeit und Ort ungünstig für die Erschaffung eines so mächtigen Wesens, wie Xuuhl es werden wird. Komm in wenigen Stunden mit deinem Sohn in die Ramesch-Höhlen. Im Augenblick zwischen Nacht und Tag werden wir das Ritual vollziehen!«
    Leise durchquerte Invo den Flur. Jurg schlich nur knapp hinter ihm. »Ich brauche auch eine Waffe!«, flüsterte der Priestersohn.
    »So sei es denn«, antwortete Aryen seinem Gesprächspartner. »Erst werde ich der Zaer von Hysop und dann unterwerfe ich mir den Rest von Lemuria!«
    Ein ohrenbetäubendes Scheppern hinter ihm ließ Invo zusammenzucken. Von einem Augenblick auf den anderen erlosch das bläuliche Schimmern im Zimmer am Ende des Flurs. Stattdessen plärrte Aryens Stimme: »Wer ist da?«
    Invo fuhr herum. Zuerst wollte er nicht glauben, was er da sah. Doch er musste sich eingestehen, dass es die Wahrheit war. Wie konnte man sich nur so dumm anstellen?
    Jurg stand da wie eingefroren, die Hand lag auf dem stoffumhüllten Griff eines rostigen Schwerts an der Wand. Zu seinen Füßen lagen ein eingedelltes Schild, ein Speer und ein eiserner Handschuh. In seinem Bemühen, sich zu bewaffnen, hatte Jurg offenbar nicht genügend Vorsicht walten lassen.
    »Ihr Götter!«, hauchte Invo.
    Da stürzte auch schon Aryen aus dem Zimmer am Ende des Gangs. Zum ersten Mal sah Invo den Bringer des Bösen von Angesicht zu Angesicht. Dünnes, braunes Haar stand wirr über einem hohlwangigen, unrasierten Gesicht, aus dem ihm zwei tiefliegende Augen entgegen funkelten. Aryen brauchte nur einen winzigen Moment, um die Situation zu erfassen. Ohne zu zögern, riss er eine gespannte Bolzenschleuder von der Wand. Erneut schepperte es, als sich ein daneben hängendes Schwert aus der Verankerung löste und zu Boden krachte. Aryen scherte sich nicht darum. Er richtete die Waffe auf Invo und drückte ab.
    In einem Reflex drehte Invo den Oberkörper zur Seite. Der Bolzen zischte an ihm vorbei, fetzte eine lange Schneise in den Stoff seines Umhangs, ohne ihn zu verletzen, und schlug stattdessen in Jurgs Brust ein.
    »NEIN!« Mit einem schnellen Schritt war Invo bei seinem Sohn, der mit einem gurgelnden Röcheln zu Boden ging. Ein Schwall Blut schoss aus Jurgs Mund.
    Bevor er sich der Dummheit dieser Handlung bewusst wurde, ließ Invo den Dolch fallen und ging neben Jurg auf die Knie. Aus den Augenwinkeln sah er Aryen mit erhobenem Schwert auf ihn zurennen.
    Aus! Die Götter hatten ihm eine Aufgabe gestellt und er hatte sie nicht erfüllt. Er hatte versagt.
    Schluchzend zog er Jurgs Körper an sich und schloss die Augen. Wären sie doch nie in dieses Haus eingedrungen! Seine Tochter Sennja hatte recht gehabt: Was interessierte ihn, was in Tausenden von Jahren geschah? Wäre er nur in seinem Tempel geblieben, hätte sich um nichts gekümmert, dann müssten sie heute nicht sterben. Der Tempel! Er stand förmlich vor seinem geistigen Auge. Invo wollte, dass er das letzte Bild war, das er vor seinem Tod sah.
    Plötzlich verstummten die Schritte des herannahenden Aryen. Gleich würde der alles auslöschende Schlag kommen. Gleich! Der Priester machte sich bereit zu sterben.
    »Invo?« Die Stimme von Jesof Treul. »Was ist passiert? Was ist mit Jurg?«
    Der oberste Diener der Götter öffnete die Augen. Noch immer hielt er seinen Sohn fest umklammert. Noch immer kniete er auf dem Boden. Doch die Umgebung hatte
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