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0933 - Der erste Erbfolger

0933 - Der erste Erbfolger

Titel: 0933 - Der erste Erbfolger
Autoren: Oliver Fröhlich
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Wonne hingab. Andere trafen Xuuhl.
    (Falsch. Falsch! FALSCH!)
    Und in ihm riefen sie kein Wohlbehagen hervor. Er spürte die finstere Energie, die herrliche Verderbtheit, die durch seinen Körper floss, den Genuss des absolut Bösen. Doch gleichzeitig ekelte ihn davor. Die Schwärze widerte ihn an, hinterließ einen fauligen Geschmack in seinem Mund, den er am liebsten ausgespien hätte.
    Es fühlte sich an, als würde er in einen knallroten Apfel beißen, sich der wunderbaren Süße der Frucht hingeben - und dann feststellen, dass er die Hälfte eines fetten Wurms mit hinuntergeschluckt hatte.
    Apfel? Süße? Was war das für ein merkwürdiger Vergleich? Entsprang der seinem eigenen Erfahrungsschatz? Oder stammte er von dem Teil in seinem Inneren, der sich an den Schöpfer zu erinnern schien?
    Eine Fülle unzusammenhängender Bilder drängte sich in seinem Kopf, eingepfercht wie Gefangene in einem Kerker. Sie wollten heraus, hämmerten von innen gegen den Schädel, drohten ihn zu sprengen.
    Da traf ihn eine weitere schwarzmagische Entladung, überschwemmte ihn mit herrlicher Süße, überfiel ihn mit ekliger Fäulnis. Wie ein Windstoß einen Laubhaufen, so wirbelte der dunkle Funke die Bilder in seinem Gedächtnis auf. Orte, Namen, Begriffe tanzten ihm durch den Sinn.
    Isilria. Ein Wesen namens Norc Rimrar, das sich am Elend unschuldiger Menschen ergötzte. Das in deren Blut watete und dabei lachte. Das sich eine ganze Welt Untertan machte. Plötzlich war da noch ein anderer Name: Aktanur.
    Aktanur? War das ein Teil von ihm? Ein Teil von Xuuhl?
    Freudige Erregung kam in ihm auf, als er sich an seine Schreckensherrschaft in Isilria erinnerte. Zugleich erfüllte ihn Abscheu vor seinen Taten.
    Es fühlte sich an, als hätte er zwei Vergangenheiten. Eine, in der er Isilria unterdrückte und sich an seiner Bosheit erfreute. Und eine andere, in der er gleichzeitig das Böse bekämpfte. In dieser zweiten Vergangenheit war er selbst ein Schöpfer, denn er erschuf unsterbliche Streiter für das Gute.
    Aber wie konnte das sein? Wie konnte er zwei Vergangenheiten haben? War er - wie nannten es die Menschen? - schizophren?
    Aktanur und - Rhett? Doch auch damit war das Ende noch nicht erreicht. Namen über Namen wirbelten durch seinen Geist. Bryont, Hondrid, Rheged, Sarras, Logan, Hobart, Rhys, Kesriel, Ghared, Okram, Coryn, Stracen. Diese und noch Hunderte mehr. Und mit allen waren Erinnerungen verbunden. Jeder hatte seine eigene Vergangenheit, seine Geschichte, sein Leben. Er sah sich Seite an Seite mit einem jungen, strubbligen Blondschopf mit unaussprechlichem Namen gegen die Mächte der Finsternis kämpfen. Er sah sich, wie er Menschen folterte, einem kleinen Kerl das Herz herausriss und es ihm in den Mund stopfte. Er sah sich, wie er Dämonen anführte. Und er sah sich, wie er Dämonen tötete.
    Der Widerspruch fraß ihn auf!
    Plötzlich tauchte aus dem Meer von Bildern und Gefühlen, von erinnerten Leben und gelebten Erinnerungen eine Gestalt auf. Eine Frau. Nein, ein Mädchen. Mit blondem, schulterlangem Haar und graugrünen Augen. Ein weiterer Name: Anka.
    Eine Feuerlohe erfasste sein Herz, verbrannte es, ohne es zu verzehren. Eine seltsame Empfindung bohrte sich durch seinen Körper. Wunderschön und zugleich abgrundtief verabscheuungswürdig.
    Was geschah mit ihm? Er war Xuuhl! Warum hatte er das Gefühl, aus mehr als nur einem Bewusstsein zu bestehen?
    Wieder erschien das Gesicht des Mädchens vor seinem inneren Auge. Es lächelte ihn an.
    In diesem Augenblick überfluteten ihn die Schmerzen.
    ***
    Vor langer Zeit in der Stadt Hysop
    »Ist dies das Haus, in dem du den schwarzen Lichtfleck gesehen hast?«, fragte Jurg seinen Vater.
    Invo nickte. Schweigend sah er seinen Sohn an. Noch immer wusste er nicht, ob er sich darüber freuen sollte, dass es kein Gardist gewesen war, der ihn bei dem verbotenen Ritual ertappt hatte, sondern nur sein eigen Fleisch und Blut. Sollte er erleichtert sein, einen kräftigen jungen Mann als Unterstützung an seiner Seite zu wissen? Oder sollte er böse auf Jurg sein, weil der seine Anweisungen missachtet hatte? Weil er der Vision des Priesters zufolge sein Leben aufs Spiel setzte?
    »Jetzt schau mich nicht so streng an, Vater! Was für ein Sohn wäre ich, wenn ich zuließe, dass du dich dem Bösen alleine entgegenstellst!«
    »Ein ungehorsamer!«
    Jurg grinste, wurde aber sofort wieder ernst. »Mutter und vor allem Sennja sind in Sicherheit. Nur darauf kommt es an. Schließlich wird sie
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