Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0931 - Shinigami

0931 - Shinigami

Titel: 0931 - Shinigami
Autoren: Susanne Picard
Vom Netzwerk:
des Kopfendes des Bettes und begann von Neuem mit der Rezitation der Formeln.
    Doch es war endgültig zu spät. Der Schatten hatte sich zurückgezogen. Er war verschwunden. Kein Wunder , dachte der Shinigami grimmig. Wahrscheinlich hat der Dämon wie ich gedacht, dass in dieser Atmosphäre mehr zu holen ist. Wahrscheinlich war das alles eine Falle dieser Weißmagierin, die das Sigill um das Bett herum gezeichnet hat.
    Für einen Moment machte sich Hoffnungslosigkeit in ihm breit. Wieder hatte er eine Gelegenheit verpasst, den Dämon zu fassen. Er war seinem Herrn wirklich ein schlechter Diener. Resigniert schob er das magische Schwert zurück in seine Scheide. Er würde mit der Suche eben wieder von vorn anfangen müssen.
    Er sah auf den Toten herab. Dieser Mann ist gestorben, weil ich versagt habe , dachte der Shinigami betroffen. Ich war nicht schnell genug. Vielleicht würde er noch leben. Die ältere der beiden Frauen im Raum war jetzt am Rand des Bettes zusammengebrochen und schluchzte haltlos in sich hinein, die jüngere versuchte, sie zu trösten und sah immer wieder ratlos zu dem Shinigami herüber. Der Shinigami verneigte sich und sprach sie an. »Ich habe versagt. Ich hätte diesen Schatten fangen müssen. Die Seele dieses Toten ist noch im Raum. Das Einzige, was ich jetzt noch tun kann, ist, ihr freies Geleit ins Jenseits zu geben, in ein besseres Leben, auf dass sie sich nicht verirre. Gestattet mir, der Seele des Toten diesen letzten Dienst zu erweisen.«
    Die Weißmagierin starrte ihn an. »Wer sind Sie, zur Hölle?«
    Der Shinigami verneigte sich erneut. »Ich bin ein Totengeist. Ich bin auf der Jagd nach einem Dämon. Ich bin gekommen, um den Schatten zu fangen, der ihn getötet hat. Ich habe in dieser Aufgabe versagt.« Er wies mit einer knappen Geste auf Claude Blazon, der sehr weiß in seinen Laken lag.
    Die junge Frau schien verwirrt. Mechanisch strich sie der älteren Frau, die sich immer noch nicht beruhigen konnte, über den Rücken. »Wie… Wieso kann ich sie sehen? Und Paulette sieht Sie nicht?«
    Der Shinigami zögerte mit der Antwort. »Ihr seid eine Weißmagierin und könnt Euch diese Frage nicht selbst beantworten?«, fragte er schließlich und verneigte sich wieder kurz. »Ich werde dafür sorgen, dass die Seele dieses Unglücklichen gut in die jenseitigen Gefilde findet. Bitte teilt dies seiner Frau mit. Sie hat für ihn nichts mehr zu befürchten.« Damit machte sich der Shinigami an seine Arbeit und achtete nicht mehr im Geringsten auf die drängenden Fragen der Weißmagierin und auch nicht auf das Schluchzen der Ehefrau des Toten.
    ***
    Nicole Duval fuhr mit einem Schrei aus dem Albtraum hoch, der sie noch vor einer Sekunde umfangen hatte.
    Für einen Moment rang sie nach Luft, so, als habe die Luft in ihrem Appartement nicht genügend Sauerstoff. Es war noch dunkel draußen, immerhin war es erst Februar, aber trotzdem war Nicoles T-Shirt, in dem sie geschlafen hatte, nass geschwitzt.
    Verärgert starrte sie noch ein paar Sekunden in die Finsternis, als könnte die etwas für den Albtraum oder die schlechte Laune, dann schlug sie die Decke zurück und tappte in das kleine Badezimmer.
    Während sie schlecht gelaunt aufgrund des Schlafmangels das Duschwasser auf die richtige Temperatur einstellte, dachte sie an ihren Albtraum zurück, der sie immer noch so deutlich umfing wie eine reale Erinnerung und nicht wie etwas, das man morgens nach dem Aufwachen vergaß.
    Was sie gesehen hatte - jawohl, gesehen, und nicht geträumt! -, war dem ähnlich, was sie in letzter Zeit öfter im Schlaf erlebt hatte. Sie flog dicht über einem glühenden Lavasee dahin, der bis an den Horizont reichte und von zerklüfteten, schwarzen Bergen begrenzt wurde. Wahrscheinlich waren diese Berge aus ebendieser Lava entstanden, die sich in diesem See gesammelt hatte. Offenbar handelte es sich um einen Ort in den Schwefelklüften, denn obwohl sie sie nicht sehen konnte, wusste sie, dass unter ihr in diesem See unzählige Seelen ihr ganz persönliches Fegefeuer erlebten und Tausende niederer Teufel darüber die Aufsicht führten. Fontänen flüssigen Gesteins explodierten rund um sie herum, furchterregende Monster tauchten darin und peinigten auch die Seelen, die in diesem See ihr Fegefeuer erlebten, Eruptionen von Magma, das heißer war als das irdische, leckten nach ihr, doch sie schwebte darüber und schien davon unbeeindruckt zu sein. Im Gegenteil, sie spielte mit diesen Protuberanzen und hatte das Gefühl, nie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher