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0930 - Das Stigma

0930 - Das Stigma

Titel: 0930 - Das Stigma
Autoren: Jason Dark
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werde. Schau neben dich, dort liegt er. Dort liegt mein Opfer.«
    »Das nicht verwest ist.«
    »Stimmt.«
    »Ein Schutzengel, nicht wahr?«
    »So ist es, John.«
    Ich schwieg, was ihr auch nicht gefiel. »Warum sagst du denn nichts mehr?«
    »Ich denke nach und bin mir nicht sicher, ob es ein Schutzengel oder ein Schutzdämon gewesen, denn manchmal sind die Grenzen fließend.«
    Sie war so erstaunt, daß sie nicht mehr sprechen konnte. Dieser knappe Satz hatte sie verwirrt, und ich dachte tatsächlich so.
    Waren Engel Rächer?
    Diese Frage wollte mir nicht aus dem Kopf. Wenn ich die Mystik der Genesis betrachtete, so lag dieser Gedanke nicht sehr fern. Aber sie waren keine direkten Rächer, sondern mehr Kämpfer, was auch beim ersten großen Sieg des Guten über das Böse geschrieben stand.
    Da war Luzifer, der gottgleich hatte sein wollen, durch Feuer und Schwert in die Verdammnis geschickt worden. Und zwar von einem Engel, dem Erzengel Michael. Nahm man dies als Basis, so waren sie schon Kämpfer. Doch vom Kämpfer bis zum Rächer war es noch ein weiter Weg, und beide kriegte ich nicht unter einen Hut.
    Ich schaute wieder auf das Blutkreuz im Gesicht der jungen Frau. Es entstellte sie. Ich wußte nicht, ob es schmerzte, und ich dachte auch daran, daß ähnliche Zeichen auch durch mein Kreuz bei irgendwelchen Vampiren hinterlassen worden waren. Da aber waren die Blutsauger vernichtet worden. Diese beiden Dinge konnte ich auf keinen Fall gleichsetzen.
    »Sag mir, was ich tun soll, John. Ich - ich verzweifle. Ich komme nicht mehr zurecht. Ich habe ihre Welt gesehen und weiß, daß es sie gibt. Sie kennen die Erde, sie beobachten sie, und sie nennen sich Schutzengel, aber sind sie es wirklich?« Marcia schaute zur Seite und betrachtete den leblosen Körper. »Ich habe einen von ihnen getötet, den Schutzengel meiner Eltern…«
    »Den angeblichen«, sagte ich.
    Meine Bemerkung verwirrte sie. Plötzlich brachte sie kein Wort mehr hervor. Sie schaute mich an und hauchte: »Was hast du da zu mir gesagt, John?«
    »Den angeblichen!«
    »Bitte, es ist…«
    »Ich kann es nicht akzeptieren. Ich glaube es nicht. Es mag ein Engel gewesen sein, aber kein Schutzengel, so wie wir ihn kennen. Er ist etwas anderes.«
    »Und was?«
    »Doniel«, murmelte ich, was die Frau zu einer Bemerkung veranlaßte.
    »Ja, so heißt es. Stört dich der Name?«
    »Überhaupt nicht, Marcia. Aber ich weiß auch, daß in der Welt der Engel nicht alles Gold ist, was glänzt, um bei diesem Vergleich zu bleiben. Es kann auch ein Kuckucksei gewesen sein.«
    Sie begriff schnell. »Redest du von einem falschen Engel?«
    »Genau.«
    »Aber diese Engel sind…« Sie suchte nach Worten. »Ich war doch in ihrer Welt.«
    »Weißt du das genau?«
    »Ich glaube es zumindest.«
    »Was hast du denn gesehen?«
    »Nichts«, erwiderte sie nach einer Weile des Nachdenkens. »Ich habe eigentlich nichts gesehen. Keine Gestalten, keine Engel in dem Sinne. Ich habe sie nur gehört.«
    »Aha.«
    »Wie? Glaubst du mir nicht?«
    »Doch, ich glaube dir. Aber Engel, die echten, sind auch da, um zu trösten und zu verzeihen. Diese hier wollen Rache. Sie haben dich nicht getötet, sie haben dich nur gezeichnet. Warum taten sie das, Marcia?«
    »Das ist doch einfach. Ich soll mein Leben lang immer an diese Tat erinnert werden.«
    »Mag schon sein«, murmelte ich.
    Sie war etwas durcheinander. »Das hat aber seltsam geklungen. Glaubst du nicht daran?«
    »Nicht so ganz, wenn ich ehrlich sein soll.«
    »Das verstehe ich nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Was soll denn noch dahinterstecken?«
    »Das ist schwer zu sagen. Auch wenn du mich für übergeschnappt hältst, durch dein Stigma könnte auch ich gemeint sein. Es ist eine Theorie, die mir nicht aus dem Kopf will. Man will mir über deine Person hinweg einen Schaden zufügen. Du hast mir das Leben gerettet, das weiß man. Jetzt sind wir zusammen, man hat dich gezeichnet, und ich sitze vor dir. Wobei die andere Seite sicherlich darüber informiert ist, daß ich alles versuchen werde, um dir das Stigma zu nehmen.«
    Sie staunte mit offenem Mund. Dann zuckten ihre Mundwinkel. Sie zitterte unter der plötzlichen Hoffnung und brachte die nächsten Worte stoßweise hervor. »Ja - kannst du das denn?«
    »Ich hoffe es.«
    »Dann tu es!« rief sie. Sie legte ihre Hände zusammen und flehte mich jetzt an. »Bitte, John, tu es! Tu mir diesen Gefallen. Ich will dich nicht an meine Tat erinnern, aber in diesem Fall bist du mir etwas
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