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Der Tag mit Tiger - Roman

Der Tag mit Tiger - Roman

Titel: Der Tag mit Tiger - Roman
Autoren: Aufbau
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Anne
    Beschwingt lief Anne zu ihrem Auto auf dem Firmenparkplatz, und kurze Zeit später war sie auf dem Weg zum Supermarkt, wo sie einige Einkäufe erledigte, um für sich und ihren Kater ein exklusives Abendessen zubereiten zu können. Während sie anschließend nach Hause fuhr, summte sie falsch, aber ausgesprochen gut gelaunt die Melodie aus dem Autoradio mit. Für sich hatte sie ein frisches Huhn und Gemüse erstanden und für Tiger ein paar Schälchen Schleckerkatz seiner Lieblingsgeschmacksrichtung Rind in Gelee gekauft. Dazu eine nicht allzu kleine Portion Hackfleisch.
    Die Woche war anstrengend, aber erfolgreich gewesen. Wie üblich hatte es noch ein wenig Geplänkel gegeben, und das hartnäckige Angebot ihres Kollegen, sie endlich einmal zum Essen einladen zu dürfen, hatte sie freundlich lächelnd mit den Worten abgelehnt: »Tut mir leid, Jörg, aber ich habe für heute Abend schon einen Gast zum Essen.«
    »Hast du etwa doch wieder einen Freund?«, hatte Jörg misstrauisch zurück gefragt.
    Ivonne mischte sich ein und beruhigte ihn: »Vermutlichwird sie sich mit ihrer Verabredung eine fangfrische Maus teilen. Stimmt’s, Anne?«
    Entschuldigend zuckte Anne nur mit den Schultern. »In der Tat. Ich habe Tiger ziemlich vernachlässigt in den letzten Wochen. Er hat sich einen kleinen Festschmaus verdient. Ich nehme deine Einladung ein andermal an, Jörg. Bestimmt! Aber jetzt muss ich los.«
    Anne wusste, dass die Kollegen sich über ihre Katzenliebe mit leichtem Spott auslassen würden, aber nicht mehr als sie selbst, wenn es etwa um Jörgs übertriebenen Stolz auf seinen Sportwagen, Ivonnes Manikürefimmel oder andere kleine Schrulligkeiten ging.
    Es war der wunderschöne Nachmittag eines Frühsommertages. Beim Autofahren freute sich Anne wieder einmal darüber, wie günstig ihre kleine Wohnung lag. Heute hatte sie früh genug Feierabend gemacht und wollte sich ein wenig auf die windgeschützte Terrasse setzen, und wenn man dem wettervorhersagenden Nachrichtensprecher glauben konnte, würde es auch am Wochenende dazu Gelegenheit geben. Dann würden alle Gärten und Veranden zum Leben erwachen und die nachbarschaftlichen Unterhaltungen wieder beginnen, die in den Wintermonaten immer etwas einschliefen.
    Obwohl sie schon seit fast sieben Jahren in der ruhigen Seitenstraße wohnte, kannte Anne ihre Nachbarn nicht besonders gut. Sie war viel außer Haus, und da sich in diesem Teil der Wohngegend niemand aufdrängte, blieb es bei einem gelegentlichen Schwätzchen über den Zaun oder beim Einkaufen. Erst als Tiger zu ihr gezogen war, hatte sie – aus gegebenem Anlass – mit einigen anderen Katzenbesitzern Kontakt bekommen.
    Da war zum Beispiel der Rentner Emil Mahlberg, der nach dem Tode seiner Frau sein leeres Haus nur noch mit seinem Kater Jakob teilte und häufig die Gelegenheit nutzte, mit Anne ein paar Worte über das Wetter und die Katzen zu wechseln. Jakob war sein ein und alles, aber nach außen hin schien es eine eher einseitige Beziehung zu sein. Der weiße Kater mit den braunen Flecken im Fell wirkte mürrisch und zurückhaltend. Annes einmaliger Versuch, ihn zu streicheln, war mit einem Fauchen und einem derben Kratzer belohnt worden. Anschließend hatte Jakob ihr demonstrativ das Hinterteil zugedreht. Emil hatte lachend um Entschuldigung für sein schlechtes Benehmen gebeten und versichert, Jakob sei eigentlich ein sehr liebevolles Tier, nur schon ein wenig alt. Da habe man eben so seine Schrullen.
    Anne hatte nie vergessen, mit was für einem sprechenden Blick auf seinen Menschen Jakob diese Worte kommentiert hatte.
    Mehr Erfolg mit ihren Annäherungen hatte sie bei der Katze von Minni Schwarzhaupt. Cleo hatte nur noch drei Beine, auf denen sie aber fröhlich durchs Leben hoppelte. Sie ließ sich gerne streicheln, und wenn Tiger das beobachtete, hatte Anne immer den Eindruck, dass er nur mit Mühe seine Eifersucht unterdrücken konnte.
    Zwei Siamkatzen streiften hin und wieder hochnäsig an ihrer Wohnung vorbei, waren aber einem freundlichen Gruß und einem leichten Strich über den Kopf nicht abgeneigt. Wem sie gehörten, wusste Anne nicht, vermutete ihr Zuhause jedoch ganz in der Nähe.
    Bei einer weiteren Katze hatte allerdings auch ihr Besitzer eine gewisse Neugier bei ihr geweckt. In dem Mehrfamilienhaus zur rechten Seite wohnte ein gut aussehender Mann miteiner Faltohrkatze. Diese cremefarbene Scottish Fold besuchte Tiger oftmals und war sogar schon einmal wissbegierig, aber überaus
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