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0924 - Das Totenbuch

0924 - Das Totenbuch

Titel: 0924 - Das Totenbuch
Autoren: Jason Dark
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es frisch. Er selbst goß sich einen doppelten Whisky ein.
    Bei dieser Wärme war das zwar nicht gerade optimal, aber ihm würde es sicherlich über seinen Zustand hinweghelfen.
    Er brachte die Getränke an meinen Tisch und setzte sich mir gegenüber. Wir tranken, dann schüttelte der Wirt den Kopf. »Ich werde wohl nie darüber hinwegkommen. Wenn Sie die Frau nicht getötet haben, wer hat es dann getan?«
    Ich wischte Schaum von meinen Lippen. »Den Mörder habe ich gesehen, konnte ihn aber leider nicht aufhalten. Glauben Sie mir, Mr. Bennett, es würde zu weit führen, Ihnen jetzt alles erklären zu wollen, aber es gibt tatsächlich Dinge zwischen Himmel und Erde, die uns mehr Kopfzerbrechen bereiten, als uns lieb sein kann.«
    »Möglich.« Er leerte sein Glas. »So etwas habe ich noch nie erlebt, das will ich auch nicht wieder erleben. Kannte diese Frau denn Paul Sibelius, Mr. Sinclair?«
    »Das weiß ich auch nicht. Ich fand sie in der Laube und habe sie gerade noch davon abhalten können, sich selbst umzubringen.«
    Das war der zweite Hammerschlag, der ihn innerhalb kurzer Zeit erwischte. »Die Frau wollte sich töten? Warum denn?«
    »Ich habe sie danach nicht fragen können, Mr. Bennett. Es ging alles zu schnell.«
    »Dann war sie depressiv.«
    »Möglich.«
    Das Heulen der Sirenen unterbrach unsere Unterhaltung. Als ich aufstand, zuckte der Mann zusammen. »Keine Panik, Mr. Bennett, es ist alles okay.«
    Ich blieb vor der Tür stehen und schaute mich um. Ich sah die Frau liegen, und das Wimmern der immer lauter werdenden Sirenen hörte sich an, als wollten sie für die Tote eine letzte Melodie spielen, bevor sie vollends im Jenseits verschwand.
    Für mich aber würde es weitergehen.
    Wie auch immer…
    ***
    Shao und Suko waren beide von dieser plötzlichen Szene überrascht worden, und sie konnten kaum glauben, was sie mit ihren eigenen Augen sahen. Obwohl sie nicht real war, sondern feinstofflich, kriegten sie jede Bewegung mit. Sie sahen das Grab deutlich, die beiden Männer davor, die nach den Schaufeln gegriffen hatten, und sie entdeckten auch den Hintergrund, der sich aus weiteren grauen Grabsteinen zusammensetzte, über die hinweg alte Bäume ihre staubigen und blattlosen Äste ausgebreitet hatten. Es war eine Umgebung des Todes, ohne helles Licht. Dort herrschte das unheimliche Grau vor und nichts anderes.
    »Das ist ja grauenhaft«, hauchte Shao. »Die begraben ihn bei lebendigem Leib…« Sie mußte schlucken, und ihr war auch anzusehen, daß sie nicht wußte, was sie jetzt noch unternehmen sollte.
    Suko erging es ebenso. Er fühlte sich ausgesperrt. Hier hatten andere Kräfte ihre Hände im Spiel und die Regie des Schreckens übernommen. Das Bild, die Szene war aus dem Nichts entstanden, als wäre sie vom Himmel oder aus einer anderen Welt hervorgeholt worden, und beide Beobachter wußten nicht, was sie damit anfangen sollten. So blieb ihnen zunächst nichts anderes übrig, als zuzuschauen.
    Die beiden Männer wußten, wie sie mit ihren Schaufeln umzugehen hatten. Sie arbeiteten schnell und geschickt. Immer wieder stießen sie die Blätter in den Lehmhaufen hinein, füllten die Schaufeln und schleuderten die Ladung in das offene Grab hinein, wobei der schwere Lehm auf dem Körper des unten liegenden Menschen landete und die tödliche Decke allmählich wachsen ließ.
    Noch etwas machte den Vorgang so schaurig für die beiden Zuschauer. Sie hörten keinen Laut.
    Nicht das leiseste Geräusch drang an ihre Ohren. Auch nicht, als die Schaufeln in das Erdreich hineinstießen und die Ladungen schließlich auf den Körper klatschten. Es lief in einer völligen Stille ab und war deshalb so gespenstisch.
    Von den Gesichtern der Grabschaufler hatten Shao und Suko auch weiterhin nichts gesehen. Nach wie vor starrten sie auf die Rücken der Gestalten, die sich der Düsternis anpaßten, als wären sie auf diesem alten Friedhof geboren worden.
    Das Grab füllte sich immer mehr. Die beiden Gestalten arbeiteten weiter. Sie taten nur das eine, und sie wirkten dabei wie Roboter. Shao war es, die das düstere Schweigen nicht länger aushielt. Bevor sie eine Frage Stellte, mußte sie sich räuspern. »Wir haben zugeschaut, Suko, wir haben beide das gleiche gesehen, und ich fragte dich jetzt, ob du dafür eine Erklärung hast.«
    »Nein.«
    »Ich auch nicht. Aber es muß eine geben«, flüsterte die Chinesin. »Auch wenn es noch so unwahrscheinlich ist. Es gibt sie, und wahrscheinlich hängt diese Erklärung mit dem Tod
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