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0924 - Das Totenbuch

0924 - Das Totenbuch

Titel: 0924 - Das Totenbuch
Autoren: Jason Dark
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war einfach über gewisse Dinge hinweggegangen, zu früh, zu locker, wie auch immer…
    »Nein, nein! Mein Gott, nein!«
    Eine Männerstimme riß mich aus der eigenen Gedankenwelt. Ich hob den Kopf und sah den Kneipenwirt. Er hatte die Worte ausgestoßen. Er war entsetzt, lief auch nicht mehr weiter, sondern war auf halber Strecke zwischen mir und seinem Lokal stehengeblieben und hielt die Hände jetzt vor sein Gesicht gepreßt, wobei die Handballen auch seine Lippen bedeckten. Aber er schüttelte den Kopf, wie jemand, der einfach nicht glauben konnte, was er da sah.
    Auch ich gab keinen Kommentar ab. Das Schweigen war in diesem Augenblick wirklich Gold.
    Die Hände des Mannes sanken langsam nach unten. Sein Gesicht lag wieder frei, auch der Mund.
    Und dort bewegten sich seine Lippen zitternd, als er sprach und es auch schaffte, den Arm auszustrecken. »Du!« brüllte er mich an. »Du verfluchter Killer! Du Mörder hast es getan. Du hast sie umgebracht, du…«
    »Nein!«
    Er ließ sich nicht aufhalten. »Du bist das dreckige Schwein! Du bist ihr Mörder…« Er war außer sich. Das Gesicht zeigte eine schon dunkle Röte, und dann ging er zurück, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen. Er zeigte mir weiterhin seine Vorderfront, er währe beinahe gestolpert, aber er konnte sich noch auf den Beinen halten, und aus seinem Mund drang ein tiefes, schlimmes Stöhnen, ein Zeichen dafür, daß er immens unter diesem Schrecken litt.
    Nicht alle Stühle und Tische hatte er abgeräumt. Er prallte gegen die Lehne eines Stuhls, stemmte sich an der runden Tischkante ab, drehte sich um und rannte weg.
    Ich blieb bei der Toten zurück und schloß ihr die Augen. Mehr konnte ich für Carol nicht tun. Im Rover lag noch immer das Buch. Ich holte es hervor und klemmte es mir unter den linken Arm.
    Danach ging ich zurück in die Gaststätte.
    Der Wirt war nicht zu sehen. Er lauerte auch nicht auf mich mit einer Waffe. Ich starrte in den leeren Raum und ging zu einem Tisch, wo ich mich auf einen der harten Stühle niederließ und den Ausweis hervorholte. Ich legte ihn neben das Buch auf den Tisch. So wartete ich auf das Eintreffen der Kollegen.
    Die Dimensionen dieses mörderischen Falls waren über das Normale hinausgewachsen. Und ich wußte, daß ich erst am Beginn stand. Es würde Weitergehen, ich würde tiefer in dieses mörderische Wespennest hineinstechen, das stand fest, und ich konnte nur hoffen, diesen verfluchten Schatten oder Begleiter zu fangen.
    Bisher war es still gewesen, was sich nun änderte, denn der Wirt kehrte zurück. Er versuchte, sehr leise zu sein, aber ich hörte ihn trotzdem. Zwar befand er sich noch nicht im Gastraum, die Geräusche klangen jenseits der Theke auf und waren wegen der Stille und der dichten Luft auch hier im Innern besonders gut zu hören.
    »Sie können ruhig kommen, Mister, ich habe nichts zu verbergen.«
    Er glaubte mir nicht. Kein Wunder, ich an seiner Stelle hätte kaum anders gehandelt.
    »He, haben Sie nicht gehört?«
    »Du bist ein Killer!«
    »Nein, bin ich nicht. Ich bin Polizist, verdammt!«
    »Das hast du schon mal gesagt, Hundesohn!«
    »Meine Güte, es stimmt. Wäre ich ein Killer, hätte ich mich jetzt aus dem Staub gemacht, oder versucht, Sie als Zeugen zu beseitigen. Denken Sie darüber mal nach.«
    Er gab keine Antwort, was mir wiederum zeigte, daß der Wirt wohl meinen Ratschlag befolgte und damit anfing, über meine Worte nachzudenken. Er kam auch wieder zurück und stellte sich hinter die Theke. Als Waffe hielt er einen Baseballschläger in der Hand.
    »Soll ich Ihnen den Ausweis zuwerfen?«
    Heftig schüttelte er den Kopf.
    »Okay, dann nicht.« Ich steckte ihn wieder ein. »Haben Sie meine Kollegen alarmiert?«
    »Ja, ja, das habe ich.«
    »Das ist gut.«
    »Aber die Frau ist tot, nicht?« Er sprach noch immer abgehackt und zugleich stockend. Der Schock saß einfach zu tief.
    »Leider.« Ich schlug die Beine übereinander und legte meine Hand auf den Deckel des Totenbuchs.
    »Kannten Sie die Frau?«
    »Weiß nicht. Ich, ich sah sie ja nur aus der Entfernung. Gesehen habe ich sie bei mir hier nicht.«
    »Ich fand sie im Gartenhaus des Paul Sibelius. Darin hat sie sich versteckt gehalten.«
    »Sie war nicht hier.«
    »Das glaube ich Ihnen. Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Frank Bennett.«
    »Gut, Mr. Bennett. Auch wenn Sie noch nicht davon überzeugt sind, daß ich nicht der Killer bin, kann ich trotzdem ein kaltes Bier haben?«
    Er überlegte erst, dann nickte er und zapfte
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