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0923 - Ice Road Shockers

0923 - Ice Road Shockers

Titel: 0923 - Ice Road Shockers
Autoren: Simon Borner
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ausdruckslosem Gesicht entgegen, wartend. Stets am Rande dessen, was bei dieser Dunkelheit mit bloßem Auge erkennbar war.
    Nicht so. Nicht das. Nicht!
    Bin kein Werkzeug. Bin kein Mörder!
    Lauf!
    »Ich bin gleich bei dir, mein Bester«, lallte Jack. »Undann reden wir Klarke… Klartext.« Das Klappern seiner Zähne übertönte seine stetig dünner werdende Stimme, doch er bemerkte es nicht. Ebenso wenig, wie er die spastischen Zuckungen seines frierenden Körpers zur Kenntnis nahm.
    Abermals stürzte er. Sein Gesicht prallte auf einen Stein, Blut lief aus seiner Nase. Beim Versuch, sich aufzurappeln, rutschte er aus und blieb leise lachend liegen. Nur für einen Moment , dachte er. Nur für einen kurzen Moment.
    Als er ein letztes Mal aufblickte, stand der Fremde über ihm, sah ihn an. Er summte eine seltsame Melodie, und in seinen Augen konnte Jack die Unendlichkeit sehen. Der Gedanke war tröstend und furchterregend zugleich.
    Sechs Stunden später fand ein Trapper Jack Dellingers grausam zugerichtete Leiche im Schnee. Der Mann gab zu Protokoll, Jack habe ausgesehen, als sei er im Tod dem Teufel persönlich begegnet.
    Kapitel 2 - Moffat: Männersache
    Yellowknife, Gegenwart
    »Frank? Hey, Frank! Ist das Ding an?«
    Jenny Moffat stand vor dem erschreckend unscheinbaren Hauptquartier von Extreme Endeavors , zitterte wie Espenlaub und wünschte sich ganz weit weg. Im Süden, wenige Dutzend Meter hinter ihr, lag das Ufer des Großen Sklavensees, von dem trotz der eigentlich akzeptablen Tagestemperaturen ein eisiger Wind aufkam und durch ihr schulterlanges blondes Haar wehte. Jenny trug nur eine Bluse und eine schlichte Hose unter dem offen stehenden Parka, und das rächte sich. Der Fluch der TV-Journalistin , dachte sie seufzend. Optik geht vor Wohlbefinden.
    An der Kamera, die ihr stämmiger Kollege gekonnt schulterte, ging plötzlich das rote Kontrolllämpchen an. »Jepp, läuft. Kann losgehen.«
    Jenny räusperte sich, versuchte den Autolärm im Hintergrund zu ignorieren, schaltete ihr Colgate-Lächeln ein und startete durch. »Guten Morgen, Regis. Ja, das Wetter ist verhältnismäßig gut hier in Yellowknife, Kanada - sechsundvierzig Grad Fahrenheit, blauer Himmel - und doch liegt eine Kälte über der kleinen Stadt, die sich meteorologisch nicht erklären lässt. Denn es ist der Beginn der vierten und letzten Woche der diesjährigen Touren über die Ice Road, jene Straße der Unmöglichkeiten, und die Fahrer, die sich in dem unscheinbaren Gebäude hinter mir eingefunden haben, um eben diese Touren anzutreten, spielen abermals mit ihrem Leben. Was ist es nur, das diese wagemutigen Menschen dazu bringt, sich den unwirtlichen Bedingungen der Natur auszusetzen? Was ist ihr Schicksal, was ist ihre Geschichte? Bleiben Sie bei uns, und wir finden es heraus. Hier ist Jenny Moffat, live für ZBC.«
    »Und wir sind raus.«
    Jenny seufzte dankbar, als das Licht wieder ausging, und schloss den Reißverschluss ihres Parkas.
    Grunzend setzte Frank die Kamera auf dem Asphalt des Firmenparkplatzes ab, auf dem sie standen. Er grinste schräg. »Entweder hast du letzte Nacht einen Dichter vernascht oder heute Morgen mit Shakespeare gefrühstückt. Und da ich beim Frühstück dabei war, bleibt eigentlich nur der Dichter übrig…«
    »Wovon in Gottes Namen redest du?« Ratlos runzelte sie die Stirn. Es war Monate her, dass sich irgendjemand in ihr Bett verirrt hatte, und überhaupt ging das ihren Kameramann einen feuchten Karibu-Haufen an.
    »Straße der Unmöglichkeiten? Meteorologisch nicht erklärbare Kälte? Da greift heute aber jemand tief in die Pathoskiste.« Er zwinkerte fröhlich und hob in gespieltem Tadel den Zeigefinger. »Und was sollte dieses Guten Morgen, Regis? Live von…? Wir produzieren hier vor , das ist dir ja wohl klar, Frau Starreporterin.«
    Das kommt davon, wenn man Leute zugeteilt bekommt, die noch nie im Außendienst waren. »Also: Die Brücken in der An- und Abmoderation dienen dazu, den Bericht nachher wie eine Live-Schalte aussehen zu lassen. Das will der Sender so. Klar ist das Betrug, aber wo in den Medien wirst du als Rezipient nicht veralbert?« Sie hob die Hand, zählte an ihren Fingern mit. »Zweitens finde ich den Pathos noch das Interessanteste an diesem ganzen hirnverbrannten Auftrag. Ich will tatsächlich wissen, wie… ›Mann‹ so dämlich sein kann, sein Leben und seine berufliche Existenz für dieses… dieses bescheuerte Abenteuer aufs Spiel zu setzen. Und drittens: Können wir bitte
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