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0923 - Ice Road Shockers

0923 - Ice Road Shockers

Titel: 0923 - Ice Road Shockers
Autoren: Simon Borner
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war.
    Der Flachmann war schon halb leer. Erstaunlich, wie schnell die altbewährte »mobile Heizung«, in solchen Graden an Energie verlor. Jack blickte bibbernd aus der Frontscheibe des Automobils, vor der mittlerweile weiße Flocken im Nachtwind hin und her wirbelten, und war sich mit einem Mal nicht sicher, ob ihre Bewegungen dem Wetter oder seinem eigenen Rausch zuzuschreiben waren. Der Gedanke kam ihm so witzig vor, dass er prustend loslachte und ein paar Tropfen des eklig starken Getränks auf das Leder des Vordersitzes verschüttete.
    Geh
    Der plötzliche Laut ließ ihn zusammenfahren. Blinzelnd schüttelte er den Kopf, bemühte sich um Fokus. Hatte jemand zu ihm gesprochen?
    Jacks Augen sondierten die Umgegend ab, fanden aber nichts Außergewöhnliches. Nur Schnee und Felsen und Sternenhimmel und den Weiler aus vielleicht fünf windschiefen Gebäuden, in denen Existenzen lebten, die noch verkrachter waren als er selbst. Sogar der Witz von einem Saloon war mittlerweile dunkel.
    Geh Jetzt!
    »Wah?« Bildete er sich das ein? Da war doch irgendwer! Er hörte ihn, laut und deutlich. Aber wer im Namen des Allmächtigen mochte sich bei Temperaturen von unter zwanzig Grad Fahrenheit nach draußen verirren und nichts Besseres zu tun haben, als sich an das parkende Auto zweier umnachteter Glücksritter anzuschleichen? Umnachtete Glücksritter - die Formulierung gefiel ihm. Er lachte erneut so hart, dass ihm der Rotz aus der Nase lief. Ich bin betrunken , dachte er amüsiert. Und betone das Offensichtliche.
    Dann traf die Axt auf die Windschutzscheibe.
    Jack hatte sie nicht kommen sehen. Wie aus dem Nichts war sie plötzlich da, schlug mit einem Knacks, der in dieser Stille laut wie Donnerhall wirkte, in das Glas ein. Es splitterte; breite Risse bildeten sich, durch die der Wind pfiff.
    Die Waffe war grob, zweckmäßig und nur wenig zivilisiert. Ein geschliffener Stein auf einem dicken, mit geschnitzten Verzierungen versehenen Holzstab, insgesamt vielleicht dreißig Zentimeter lang.
    »Was zum…«
    Wäre Jack nüchtern gewesen, hätte er vermutlich begriffen, dass man ihn angegriffen hatte. Doch der billige Fusel brannte in seinen Eingeweiden und hatte sein Hirn in Watte gehüllt, und der Frust, ohnehin seit Tagen sein ständiger Begleiter, kochte in seiner Seele. Jack Dellinger empfand nur eines, während er unverwandt auf die seltsame Waffe starrte: Wut.
    Ohne nachzudenken, startete er den Motor und schaltete die Frontscheinwerfer ein. Im Licht ihrer Kegel sah er ihn.
    Der Mann stand außerhalb des Weilers, vielleicht fünfzehn Meter entfernt, und war gerade noch zu erkennen - ein Schemen fast, wie ein unwirklicher Teil der Nacht. Er hatte bräunliche Haut und war in etwas gekleidet, das Jack von Weitem wie ein Sack vorkam. Dunkles, dichtes Haar fiel über einen schmalen Schädel, auf dem ein schwarzer, breitkrempiger Hut saß, und bis auf die Schultern hinab.
    Er erinnerte ihn an… Indianer , dachte Dellinger. Hier oben. Ich fass es nicht.
    »Hey!« Jack erhob sich, stieg aus dem Wagen. Er schwankte. »Hey, Freundchen. Was hassu für'n Problem, hä? Was soll'n der Unfug?«
    Entschlossenen Schrittes kam er dem Fremden näher, spürte nicht die Kälte und den Wind. Wut kochte in ihm, sie hielt ihn warm.
    Geh jetzt. Schnell!
    Nicht hier. Nicht gut!
    Stimmen, mehrere gleichzeitig, erklangen, doch die Nacht blieb still. Einzig hinter seiner Stirn entstanden die Laute, warnend und drohend zugleich, aber Jack bemerkte das nicht. Er hörte nur die Worte, nicht ihren widersinnigen Ursprung.
    »Wassenn? Hab ich dir vielleicht was getahn?«
    Aus Sekunden wurden Minuten. Der Wagen lag längst Dutzende von Metern hinter ihm, wie auch der Rest von Fort Providence, und noch immer stapfte er auf den Fremden zu. Noch fünfzehn Meter. Stets waren es fünfzehn Meter. Bis zu ihm, zum Horizont, in die Nacht.
    Der Wind frischte auf. Wolken schoben sich vor den bleichen Mond, tauchten das Land in Dunkelheit. Jack stolperte mehrfach, zweimal fiel er sogar der Länge nach hin, doch nie verlor er den vermeintlichen Indianer aus den Augen. Sein Flachmann rutschte ihm aus der Hand, Alkohol sickerte auf die weiße Pracht. Er beachtete es gar nicht.
    Nicht hier. Nicht ihr. Nicht willkommen!
    Jack hob die Hände, lachte auf. Seine Stimme überschlug sich fast. »Was willstu überhaupt, Mann? Hat dich irgendwer nach deiner Meinung gefragt?« Nur noch fünfzehn Meter.
    Der Indianer regte sich nicht. Er stand einfach nur da und blickte Jack mit
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