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0922 - Mein Trip ins Jenseits

0922 - Mein Trip ins Jenseits

Titel: 0922 - Mein Trip ins Jenseits
Autoren: Jason Dark
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versteckt. Ich lernte es, die Natur zu begreifen, und ich lernte rasch. Ich wußte, daß es nicht nur die Menschen gab, sondern auch die Dinge dazwischen, und ich fing an, dieses Dazwischen zu lieben. Das Böse, das ihr Menschen meint, war für mich wunderbar und etwas Gutes. Ich liebte es und wollte ihm nahe sein.«
    »Das hast du geschafft!«
    »Ja.«
    »Wie?«
    »Ich habe mich von meinem Ziehvater belehren lassen, der von den Engeln gesprochen hatte. Ich betete zu den Engeln, aber nicht zu den Lichtwesen, die den Hirten auf dem Feld erschienen sind, sondern zu den anderen. Ich wollte sie spüren, ich wollte sehen, wie sie aussahen, ich wollte mich in ihre Dienste stellen, und sie erhörten mich. Sie offenbarten sich mir, denn sie verspürten Mitleid mit dem Verlierer. Die Menschen habe ich schon immer gehaßt, aber die Engel schafften es, diesen Haß in mir noch zu vertiefen. Sie sorgten dafür, daß die Menschen für mich das wurden, was ich für meine Eltern gewesen war. Nämlich ein Nichts. Ich lebte von nun an in einer anderen Welt, und die Engel zogen mich ins Vertrauen. Sie selbst hielten sich zurück, aber sie baten mich, einen Tunnel zu errichten, durch den sie irgendwann das Paradies betreten wollen.«
    »Was sagte dein Ziehvater dazu?«
    »Nichts mehr.«
    Ich ahnte es, aber ich fragte trotzdem. »Warum nicht?«
    »Er konnte nichts mehr sagen, denn ich habe ihn getötet und den Grundstein für den Tunnel ins Paradies gelegt.«
    »Nein, nein!« widersprach ich. »Ein Mord und das Paradies passen nicht zusammen.«
    »Bei mir schon!« wehte mir die Antwort zu. »Bei mir paßt vieles zusammen. Du mußt dein Denken als Mensch ablegen. Wenn du das schaffst, wirst du erleben, daß es ganz andere Wege gibt, die man einschlagen kann. Ich bin sie gegangen.«
    »Durch Mord.«
    »Ja, ich brauchte die Seelen, um den Tunnel zu verstärken. Meine Freunde sollen auf einem sicheren Weg ins Paradies geleitet werden.«
    »Wie viele Menschen hast du getötet?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Fünf oder mehr?«
    »Sicherlich mehr. Selbst die Mauern der Zelle haben mich nicht aufhalten können. Ich kam immer hindurch. Sie waren für mich einfach nicht vorhanden. Verstehst du? Mein Plan hat wunderbar geklappt. Ich bin frei, und alles ist wie früher.«
    »Nicht ganz.«
    »Wer sollte mich stören?«
    »Ich!«
    Diese Antwort reizte ihn zum Lachen. Er amüsierte sich köstlich.
    Das änderte sich.
    Er hielt sich nicht mehr zurück und kam.
    Bisher hatte mich nur diese tiefe Finsternis umgeben. Eine wirklich lichtlose Schwärze, und von Janes Erzählungen, was das Licht oder die Musik anging, war nichts eingetroffen. Licht und Musik sah und hörte ich zwar jetzt auch nicht, aber ich konnte plötzlich etwas erkennen, denn an einer bestimmten Stellen zog die Finsternis zurück oder wurde durchbrochen.
    Ein Kreis entstand.
    Nicht der Mond, der hatte kein Gesicht. Ich aber sah dieses Gesicht, obwohl ich als Körper in einer anderen Welt lag.
    Ich kannte das Gesicht, denn ich hatte Nathan bereits am Ufer des Flußarms gesehen.
    Er schaute aus wie in der normalen Welt, nur daß ich ihn jetzt noch deutlicher sah, natürlich auch sein widerliches, kaltes Totengrinsen…
    ***
    Es war tatsächlich ein Ausdruck, den ich kaum beschreiben konnte. Ein Grinsen ohne Gefühl, ohne eine Botschaft. Es war eingefroren, es wirkte verzerrt, es war anders als bei einem Menschen, und es paßte sich dem Ausdruck der Augen in diesem widerlichen haarlosen Gesicht sehr gut an. Auch in ihnen entdeckte ich einen furchtbaren Ausdruck, der tot und nichtssagend war und trotzdem lebte.
    Allerdings das Leben eines Eisklotzes führte, denn Gefühle waren nicht zu entdecken.
    Die kleine Nase, die glatte Stirn, der ebenfalls glatte Kopf. Nirgendwo war ein Haar zu sehen, und die gesamte Erscheinung wirkte auf mich alterslos. Jedenfalls hätte ich es nicht schätzen können.
    Er war ein böses, teuflisches Neutrum, aber er hatte hier seine große Machtfülle.
    »Ich bin jetzt da«, sagte er. »Du kannst mich sehen. Du wirst auch weiterhin sehen und hören können, denn du sollst auf deiner Reise in den Tod nicht enttäuscht werden. Ich werde dafür sorgen, daß du nicht mehr ins Leben zurückgeholt wirst. Derjenige, der es versuchen will, steht bereits auf meiner Liste! - Ich weiß, wo er sich aufhält, und ich denke jetzt noch einmal daran, was ich dir gesagt habe. Mich gibt es zweimal, und beide Körper sind unabhängig voneinander. Das ist es doch, was mir den großen
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