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0921 - Die Trennung

0921 - Die Trennung

Titel: 0921 - Die Trennung
Autoren: Christian Schwarz
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seit gestern ebenso verstört. Sie hat bei den Tourniers angerufen, von der Mutter aber die gleiche Auskunft erhalten wie Cavarro. Seitdem beobachten wir das Haus unauffällig.«
    Nicole nickte. »Also gut. Mein Instinkt hat mich nicht getrogen. Wir haben es tatsächlich mit Jaques Carax zu tun. Was will er bei den Tourniers? Vielleicht war’s ja mal sein Haus, das er nun zurück haben will?« Unwissentlich hatte Nicole mit ihrer Vermutung direkt ins Schwarze getroffen. »Können wir sofort hinfahren, Inspektor Gaudin? Ich würde mir die Lage gerne mal vor Ort ansehen.«
    »Natürlich.« Es dämmerte bereits, als sie sich durch den dichten Pariser Verkehr in den Westen der Stadt quälten. Gaudin verzichtete auf Blaulichteinsatz. Auf fünf Minuten kam es jetzt sicher nicht an.
    Gaudin parkte den Wagen zwei Nebenstraßen weiter. Sie trafen Pedro Cavarro, der zusammen mit einer Kollegin das Haus der Tourniers beobachtete. Während er Bericht erstattete, musterte er immer wieder die blonde Nicole, die in ihrem extravaganten, unverschämt tief ausgeschnittenen mintgrünen Topp und den blauen, eng anliegenden Stoffhosen zum Anbeißen aussah.
    »Die Tourniers sind alle im Haus, Chef. Wir haben den Mann gegen sechs Uhr abends heimkommen sehen. Seither ist er nicht mehr aus dem Haus gegangen. Auch der Junge nicht, seit er von der Schule wieder da ist. Schon komisch, bei dem schönen Wetter. Ein anderer Junge namens Serge ist plötzlich vor der Haustür aufgetaucht. Er wollte Marc zum Spielen abholen, aber die Frau hat ihn abblitzen lassen. Wir haben Serge befragt. Er sagte, Madame Tournier habe gesagt, Marc sei etwas krank und habe heute keine Lust zu spielen. Und er solle ganz schnell wieder weggehen.«
    »He, Cavarro, das war ja ein aufs erste Mal verständlicher Bericht. Was bin ich froh, dass ich meine Zeit ausgerechnet in Sie investiere. Der Hubschrauber mit der Wärmebildkamera?«
    Cavarro verharrte einen Moment. »Nun, das ist seltsam, Chef. Vier und doch nicht vier.«
    Gaudin verzog das Gesicht. »Sollte ich Sie zu früh gelobt haben? Das war gerade eben mal wieder ein typischer Cavarro.«
    »Ja, Chef. Ich meine, der Hubschrauber hat bis jetzt zwei Wärmebildkameraaufzeichnungen gemacht. Er erfasst im Haus allerdings nur drei Personen, obwohl ich mit dem Fernglas für einen kurzen Moment zweifelsfrei eine vierte ausmachen konnte. Es scheint so, als gäbe dieser Vierte, nun, hm, keinerlei Körperwärme ab. Aber das ist völlig unmöglich. Also muss ich mich irgendwie doch optisch getäuscht haben.«
    »Oder auch nicht«, gab Nicole zurück. In der Zwischenzeit standen sie so, dass sie das Grundstück der Tourniers beobachten konnten. Durch die Bäume schimmerten zwei Lichter, die im Haus brannten. »Monsieur Cavarro, Sie wurden, als Postmann verkleidet, am Eingangstor abgespeist, richtig?«
    »Ja, richtig. Darf ich fragen, wer Sie sind, Mademoiselle?« Gleichzeitig warf er seinem Chef einen fragenden Blick zu.
    »Sonderermittlerin, Cavarro. Beantworten Sie Mademoiselle Duval jede Frage.«
    »Also gut, kein Problem. Ich wurde tatsächlich dort vorne am Haupttor an der Gegensprechanlage abgespeist. Sie hat mich nicht aufs Grundstück gelassen.«
    »Aber dieser kleine Junge, dieser Serge, der ist an der Haustür aufgetaucht?«
    »Ja. Serge weiß, wie man aufs Grundstück kommt. Er und Marc haben einen Geheimgang, wie sie es nennen. Es handelt sich dabei um einen gelockerten Eisenstab, der sich aus der Halterung nehmen lässt.«
    »Gut. Waren Sie bereits auf dem Grundstück, Monsieur Cavarro?«
    »Nein. Ich habe gewartet, bis Sie hier eintreffen, speziell Inspektor Gaudin.«
    Nicole nickte. »Ich werde jetzt da reingehen und mal ein wenig ums Haus schleichen. Ich muss mir selbst ein Bild machen. Wo ist dieser Geheimgang, Monsieur Cavarro? Ich würde mir beim Überklettern des Zauns nur höchst ungern meine teuren Hosen zerrei- ßen. Zudem könnte man mich vom Haus aus sehen.«
    Kurz darauf zwängte sich Nicole durch den immer noch engen Zaun auf das Grundstück. Schnell und lautlos huschte sie zum nächsten Baum. Cavarro, der ihr nachsah, bewunderte unwillkürlich ihre katzenhafte Geschmeidigkeit. Hoch gefährliche Gegnerin , konstatierte er. Die möchte ich nicht zum Feind haben. Wahrscheinlich hat sie sogar die Lizenz zum Töten…
    Nicole hatte den E-Blaster gezogen und schlich schussbereit durch den kleinen Park. Geschickt nutzte sie dabei die Schatteninseln. Immer wieder blieb sie stehen und lauschte. Dann drückte
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