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0919 - Bücher des Grauens

0919 - Bücher des Grauens

Titel: 0919 - Bücher des Grauens
Autoren: Simon Borner
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ihren bizarren Eigenheiten konnte nur eine Ausgeburt seiner Fantasie sein, das war die einzige Möglichkeit. Zumindest die einzig angenehme…
    Langsam und gleichmäßig atmete er ein paar Mal tief durch, und als er die Augen danach wieder öffnete, war der Spuk vorbei. Anstatt der trostlosen und unheimlichen Wüstenei gab das Küchenfenster wieder den Blick auf den vertrauten Garten und die Ländereien frei, die das Château Montagne umgaben. Und wie er befürchtet hatte, konnte der Meister des Übersinnlichen auch dort niemanden ausmachen. Vor kurzem hatte er im Fernsehen eine Reportage über Menschen gesehen, die mit viel Liebe zum Detail künstliche Landschaften als Umgebungen für ihre Modelleisenbahnen bauten - und genau so wirkte die Welt auf ihn, die er nun vor sich sah. Wie ein Spielzeug, das hübsch ausschaute, aber keinerlei Leben aufwies.
    Als wäre ich der letzte Mensch… Der Gedanke kam so plötzlich, dass Zamorra erschrak. Was hier geschieht, hat nichts mehr mit überreizten Nerven zu tun. Irgendetwas geht ganz und gar nicht mit rechten Dingen zu.
    Mit wachsender Unruhe verließ der Professor die Küche und machte sich daran, den Rest des Hauses zu durchsuchen. Natürlich hätte er nach Nicole und den anderen rufen können, die er zu finden hoffte, doch eine innere Stimme sagte ihm, sich besser ruhig zu verhalten. Und in all den Jahren, die er sich den Mächten der Finsternis schon stellte, hatte Zamorra gelernt, sich auf seine innere Stimme zu verlassen. Sie führte ihn nur selten in die Irre.
    Etwa eine Viertelstunde später fand er William. Der treue Butler, der einst aus England gekommen war, stand mit dem Rücken zur Wand in einem Flur des Hauses. Seine Haare waren zerzaust und seine Kleidung erstaunlich ungepflegt, als hätte er sich an diesem Morgen sehr hastig angezogen und keine Zeit für seine übliche Hygiene gehabt. Das große Küchenmesser, das er in der Rechten trug, und der gusseiserne Schürhaken in seiner linken Hand verstärkten den ungewohnten Eindruck noch, den der Butler machte. Als er Zamorra sah, weiteten sich seine Augen vor Überraschung.
    »Monsieur le professeur«, flüsterte er atemlos. »Sie glauben ja nicht, wie froh ich bin, Sie zu treffen. Schnell, folgen Sie mir!«
    Ohne ein weiteres Wort führte William den verdutzten Professor in eine Abstellkammer und schloss die Tür hinter ihm. »So, jetzt können wir besser sprechen. Da draußen weiß man nie, ob man nicht unliebsame Gäste anlockt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Ich fürchte, dem ist nicht so«, erwiderte Zamorra. »Was geht hier eigentlich vor? Wo sind alle, und was wollen Sie mit diesen… diesen Waffen anrichten? Im ganzen Haus habe ich außer Ihnen bisher niemanden gesehen, und vor dem Küchenfenster war für einen Augenblick eine Landschaft, wie sie vielleicht von Clark Ashton Smith gemalt worden wäre.«
    William schwieg einen Moment, und abermals lag unverhohlene Überraschung auf seinen Zügen. Dann räusperte er sich leise. »Vielleicht sollten Sie mir zunächst berichten, was Ihnen widerfahren ist.«
    In groben Zügen betete Zamorra seine Erlebnisse der vergangenen Minuten herunter. Während er sprach, strich sich William gedankenverloren übers Kinn und nickte mehrmals bestätigend. »Es grenzt an ein Wunder, dass Sie ihnen noch nicht begegnet sind, Monsieur«, sagte er, nachdem Zamorra geendet hatte. »Aber vielleicht ist das auch besser so. Wenn man bedenkt, was sie vermutlich mit den anderen gemacht haben…«
    Allmählich verlor Zamorra die Geduld. »Wer denn? So reden Sie endlich, Mann!«
    William hob die Brauen. »Natürlich, Monsieur. Vergeben Sie mir. Selbstverständlich haben Sie keine Ahnung, worauf ich anspielte. Professeur, ich bedaure Ihnen mitteilen zu müssen, dass das Château Montagne an diesem Morgen von Vertretern einer unbekannten Macht infiltriert worden ist!«
    Das war lächerlich… und doch erklärte es einiges. »Unmöglich. William, Sie wissen genauso gut wie ich, dass das magische Schutzschild, welches das Anwesen umgibt, einen etwaigen Angriff abgewehrt hätte.«
    Der Butler nickte geduldig. »Und dennoch sage ich Ihnen, dass er stattgefunden haben muss. Vor etwa einer Stunde riss mich ein Geräusch aus dem Schlaf, und als ich auf den Flur blickte, sah ich sie. Es sind ganz eigenartige Wesen, Monsieur. Sie sind von humanoider Gestalt, aber am ganzen Körper mit Schuppen bedeckt. Und ihre Köpfe ähneln eher denen eines Fisches als eines Menschen. Sie bewegen sich
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