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0919 - Bücher des Grauens

0919 - Bücher des Grauens

Titel: 0919 - Bücher des Grauens
Autoren: Simon Borner
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Erwartungen.
    »Hier ist ein Loch«, berichtete er William, »aber keines, mit dem ich gerechnet hätte. Ich sehe keinerlei Brandspuren oder andere Anzeichen dafür, dass sich ein Feuerstrahl durch die Mauer gesengt hätte.« Im Gegenteil: Die Wand schien völlig unberührt, abgesehen von dem vielleicht meterdicken Loch, dessen Rand so glatt und eben wirkte, als sei er natürlichen Ursprungs.
    Als wäre… ja, als wäre die Wand an dieser Stelle einfach nicht existent. Als hätte es sie nie gegeben. Zamorra hatte den Gedanken kaum formuliert, als sich wenige Meter vor ihm und jenseits des feurigen Bandes die Tür zum Computerraum öffnete und er in das überraschte Gesicht Nicole Duvals blickte.
    ***
    »Zurück! Bist du wahnsinnig?«
    Nicole traute ihren Augen kaum. Was bildete sich ihr Chef ein? Glaubte er ernsthaft, dieses unkontrollierbar wirkende Gebilde aus lodernder Energie übertölpeln zu können, das plötzlich im Flur erschienen war?
    »Du kommst so nicht vorbei«, rief sie Zamorra zu. »Keine Ahnung, was das ist, aber es sieht nicht angenehm aus…«
    Zamorra machte einige Schritte nach hinten. Erst jetzt sah sie, dass auch William dort stand und sie so überrascht anstarrte, als habe er sie noch nie gesehen. Oder nicht mehr mit mir gerechnet , dachte sie bitter und erinnerte sich daran, wie leer und gespenstisch das Château bis eben noch gewirkt hatte. Nicole hatte nicht schlafen können und sich in den Computerraum begeben, um ein wenig Recherche zu betreiben, als plötzlich dieser Lärm vor der Tür aufgekommen war. Sie war vom Rechner weggetreten und hatte einen Blick nach draußen gewagt - und dies war der Anblick, der sich ihr dort bot.
    »Wie bist du daran vorbei gekommen?«, rief ihr Zamorra über das Zischen des rätselhaften Blitzstrahls zu.
    Nicole schüttelte den Kopf. »Gar nicht. Bis eben war dieses Ding nicht da. Und ich habe auch keine Ahnung, wo es hergekommen ist.«
    »Vielleicht sollten wir versuchen, einen anderen Weg zum Computerraum zu…«, schlug William vor.
    Zamorra schnitt ihm das Wort ab. »Sie wissen so gut wie ich, dass dies der einzig praktikable Durchgang ist«, sagte er. »Aber vielleicht können wir zu dritt mehr erreichen als zu zweit.« Dann lächelte er William auffordernd an. »Wann haben Sie eigentlich zuletzt Limbo getanzt?«
    Sie seufzte innerlich. Diesen Ausdruck auf Zamorras Gesicht kannte sie nur zu gut. Es war der eines Mannes, der eine - wie er fand - geniale Idee hatte und sich selbst im Angesicht größter Gefahr nicht von ihr abbringen lassen würde.
    Wenige Sekunden später war das Unterfangen bereits in vollem Gange. Keuchend vor Anstrengung und hoch konzentriert kroch William getreu Zamorras Anweisungen über den Fußboden und schlängelte sich vorsichtig an den blitzartigen Auswüchsen des Lichtstrahls vorbei, vor denen die aufmerksam beobachtenden Nicole und Zamorra ihn fortwährend warnten. Sie achteten darauf, dass William der feurigen Erscheinung nicht zu nahe kam. Und tatsächlich: Das Wunder gelang. Nach nicht einmal einer Minute hatte der Butler den Lichtstrahl passiert und befand sich, schweißgebadet und sichtlich erschöpft, auf der anderen Seite der gleißend hellen Barriere.
    Nun war Zamorra an der Reihe. »Ich halte das immer noch nicht für eine gute Idee«, sagte Nicole, »nur fürs Protokoll.«
    Sie wusste genau, dass ihr Chef sich nicht davon abhalten lassen würde, es dem Butler gleich zu tun. Nun erst recht nicht mehr. Unter Nicoles und Williams wachsamen Augen begann auch er, sich einen Weg durch das Blitzgewitter zu robben. Bei jedem Zucken und Winden des Strahls rechnete Nicole mit dem Schlimmsten. Jeden neuen Ausläufer, der von der wurmartigen Erscheinung ausgehend durch den Flur zischte, sah sie in Gedanken schon auf Zamorras Körper treffen und diesen binnen Sekunden in Brand setzen. Doch nichts dergleichen geschah, und auch Zamorra schaffte es ungehindert hinüber zu ihnen.
    »Okay«, sagte er betont lässig, als er wieder auf die Beine kam und sie beide leicht amüsiert anblickte. »Lasst uns sehen, ob wir im Computer nicht ein paar Antworten finden.«
    Nicole schüttelte den Kopf und folgte den beiden Männern zurück ins Zimmer. »Also ehrlich, Chef«, murmelte sie. »Irgendwann kosten dich diese waghalsigen Aktionen das Leben. Und falls nicht, bringe ich dich um. Als Ausgleich für meine überstrapazierten Nerven…«
    ***
    Nicole war nie ein Feind der Technik gewesen und kannte sich mit dem ganzen Equipment, das zur
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