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0914 - Stygias Angriff

0914 - Stygias Angriff

Titel: 0914 - Stygias Angriff
Autoren: Susanne Picard
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losziehen können. Oder soll ich allein gehen?«
    Nicole schoss in die Höhe. »Anziehen? In der Hölle? Es ist noch gar nicht so lange her, da hättest du mich ganz schön fertig gemacht, wenn ich das von alleine gesagt hätte!«
    »Ich darf dich daran erinnern: Das letzte Mal, dass du nur in Unterwäsche in die Hölle gekommen bist, hast du mir die Ohren vollgeheult«, meinte Zamorra ungerührt. »Also los. Im Ernst, Cherie, William und Fooly warten darauf.«
    Nicole wurde ebenfalls ernst. »Recht hast du. Gib mir fünf Minuten, dann bin ich so weit.«
    ***
    Die Archivare, Grtak und Sovel, hatten den Thronsaal der Ministerpräsidentin so schnell verlassen, wie sie nur konnten, und waren in ihr Archiv zurückgekehrt. Für eine Weile sprach keiner von ihnen ein Wort. Stattdessen verkrochen sie sich an ihre jeweiligen Lieblingsplätze, an einen Ort, den sie in Höhlenform irgendwo in die Bücher, Folianten und Schriftrollen gegraben hatten, und erholten sich ein wenig in der Umgebung dessen, was sie am liebsten hatten: alte Bücher. Der Duft nach alt gewordener Tinte und vergilbtem Pergament war etwas, das sich auf ihre Gemüter beruhigend niederschlug und sie dem Leben außerhalb des höllischen Archivs wieder etwas gefasster gegenübertreten ließ.
    Doch Besuche bei Stygia, so selten sie auch sein mochten, waren dabei immer besonders beunruhigend.
    Erst nach einigen Stunden wagten die anderen Archivare, die furchtsam die Rückkehr der Abgesandten zur Ministerpräsidentin der Hölle abgewartet hatten, Grtak und Sovel aus ihren Verstecken zu locken. Es war mühsam, aber so sehr die Furcht vor Stygia in diesen Katakomben auch regierte, die Neugier der höllischen Verwalter des Archivs war größer. Einer der Wölfischen traute sich als Erster, sich dem aus Foliantenstapeln und Regalen voller Schriftrollen gebauten Versteck Grtaks zu nähern.
    »Grtak?«, rief er leise, doch nichts rührte sich zur Antwort.
    »Grtak!« Fortnar hob eine Schriftrolle und drehte sie vorsichtig zwischen den Fingern, so dass es ganz leise raschelte und doch dem kostbaren Schriftstück nichts geschah.
    »Grtak, komm heraus und sieh dieses Manuskript hier. Einer unserer Leute hat es gefunden. - Na los komm schon, trau dich!« Fortnars Stimme klang weich und sanft - sofern man von einem teuflischen Archivar überhaupt sagen konnte, dass er eine einschmeichelnde Stimme besaß.
    Seine Kollegen drängten sich hinter Fortnar zusammen und spähten interessiert über seine Schulter in Richtung des Baus, in dem Grtak hauste. Jeder der teuflischen Archivare hauste in der Bibliothek selbst und hatte die Regale und Bücher aufs Vorsichtigste so zusammengeschoben und - gestellt, dass er, unbeobachtet von den anderen, eine eigene Nische besaß. Meist bestanden diese Behausungen aus den Lieblingsschriftstücken des jeweiligen Archivars. Sie um sich und immer in ihrer Nähe zu haben, war für das Wohlbefinden der Wolfsähnlichen eine Grundbedingung, auf die keiner verzichten mochte. Archivaren auf der Erde hätte es wahrscheinlich den Magen schon beim Gedanken daran umgedreht, jemand könnte in einem Gebäude aus Büchern und einzigartigen Manuskripten wohnen, und sei es auch noch so klein. Aber den Archivaren gelang es mit der ihnen eigenen Magie - der einzigen, die sie besaßen - jedes einzelne Pergament und Buch ordentlich und unversehrt zu erhalten.
    Grtaks kleine »Höhle«, bestand hauptsächlich aus Schriftstücken, die aus dem Mittelalter des Planeten Erde stammten. Da die Höllenoberen - fast die Einzigen, die die Archivare des Teufels regelmäßig besuchten oder zu sich riefen - größtenteils Informationen von diesem Planeten forderten (andere schienen sie seltsamerweise nur selten zu interessieren), war es meist Grtak, der in den sauren Apfel beißen und den Dämonen Bericht erstatten musste.
    Er selbst hätte vielleicht mit dieser Redensart wenig anfangen können - wer brauchte schon Obst, wenn er sich am Staub eines alten Folianten laben konnte? - aber dem Sinn nach entsprach es nicht nur seiner Situation, sondern auch seinen Gefühlen.
    Er war es leid, so missbraucht zu werden. Immer war er es, der geschickt wurde, um Stygia, Lucifuge Rofocale oder sonst irgendeinem Dämon, dem es gefiel, Rede und Antwort zu stehen und dabei seinen Kopf zu riskieren. Nicht, dass Grtak den Tod selbst oder eines der Höllenfeuer gefürchtet hätte. Das Fürchterlichste an dem Gedanken war die Vorstellung, auf ewige Zeiten von seinen Manuskripten und Erstdrucken
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