0914 - Stygias Angriff
Lieblingsthema die Entwicklung der magischen Menschen auf der Erde war, wussten allerdings nicht, ob das ein gutes Zeichen war oder nicht. Aber dann schob Grtak, wie wohl auch die anderen, den Gedanken weit von sich fort. Die Schriften, die Fu Long ihnen immer wieder brachte, waren zu wertvoll und wogen jedes Risiko auf.
»Meister«, sagte er schließlich und trat hinter einem Stapel Manuskriptrollen hervor. Die Krönungsurkunde Ottos des Ersten hatte er da versteckt, wo selbst Fortnar sie nicht wiederfinden konnte. Seine Kollegen machten ihm eilig Platz, so als fürchteten sie, dass der Zorn des Fürsten der Finsternis sie zerschmettern würde, wenn sie nicht schnell genug auswichen.
Grtak trat zögernd ein paar Schritte vor und sank in die Knie. »Meister, wir wagten es nicht.«
»Ich schlage vor, dass einer von euch losgeht und Stygia mitteilt, was sie wissen will«, meinte Fu Long. »Ich bin sicher, sie wird zornig, wenn sie noch lange warten muss.« Die Wolfsähnlichen sahen sich betreten an und starrten dann auf Grtak.
»Nein!«, schrie der, als er das bemerkte. »Ich werde das nicht schon wieder tun. Kommt überhaupt nicht in Frage!«
»Ich denke, es sollte der Mutigste unter euch sein, einer, der beim letzten Mal nicht bei der Präsidentin war. Damit sie nicht auf den Gedanken kommt, dass ihr dumm seid oder ihr Informationen vorenthalten wollt. Denn das wollt ihr doch nicht, oder?«
Wieder herrschte betretenes Schweigen. Fortnar wand sich. »Mein Fachgebiet ist etwas ganz anderes! Auf keinen Fall die Weiße Magie!«, quetschte er mühsam hervor.
Fu Long nickte, ohne eine Miene zu verziehen, und Grtak, der vorsichtig aufzublicken wagte, konnte nicht erkennen, ob der Fürst der Finsternis Fortnars Lüge durchschaute oder nicht.
»Ich verstehe. Du willst sicher sagen, es sei nicht deine Kernkompetenz. Aber ich bin sicher, dass es Stygia nicht darum geht. Du wirst ihr die Wahrheit sagen. Wer derzeit zum engsten Kreis der Menschen rund um diesen Weißmagier gehört. Das ist nicht gerade Herrschaftswissen.« Dass es für die Ministerpräsidentin LUZIFERs nicht gerade ein Ruhmesblatt war, dass sie diese Personen nicht aus dem Effeff aufzählen konnte, sondern erst langwierig die teuflischen Archivare mit der Recherche nach diesen Leuten beauftragen musste, erwähnte der Fürst der Finsternis nicht. Er durchbohrte Fortnar mit seinem Blick, der keine Zweifel daran aufkommen ließ, dass es sich nicht um eine Bitte, sondern um einen Befehl handelte.
»Du wirst gehen. Ich werde dich hier mit den anderen erwarten.«
Fortnar sah noch einmal auf und hoffte, in den Gesichtszügen des chinesischen Vampirs ein Anzeichen dafür zu finden, dass dieser es nicht ernst meinte.
Vergeblich.
Er stand auf. Es war klar, er würde gehen müssen.
***
Zamorra.
Nicole Duval.
Doch, eine umfangreiche Liste, die ihr dieses wolfsähnliche und äußerst abscheuliche Wesen, dieser Biblo-, Biobet-… na, dieser Archivar eben, da gebracht hatte. Sehr umfangreich. Sie beschloss, dieses Archiv im Auge zu behalten. Bisher hatte sie diese Wesen und ihren Daseinszweck ignoriert - eine Dämonin wie sie hatte Besseres zu tun, als in alten Büchern zu wühlen. Aber sie konnte nicht leugnen, dass diese Höhlen voller Bücher durchaus ihren Sinn hatten. Das konnte ihr als Ministerpräsidentin durchaus nützlich sein.
Der Butler, die Köchin, der Erbfolger.
Beim letzten Namen blieben die dunklen Augen Stygias kurz hängen. Der Erbfolger. Ein junges Bürschchen, das gerade erst seine Magie entdeckte und noch gar nicht imstande war, abzusehen, was das für ihn bringen mochte. Dieser Rhett irgendwas würde ein einfaches Opfer sein. Es würde Zamorra sicher empfindlich treffen, wenn er feststellen musste, dass der Erbfolger keinen Auserwählten mehr zur Quelle des Lebens geleiten konnte! Ein harter Schlag, besonders nach dem Tod des abtrünnigen Merlin.
Nein , erklang da auf einmal eine Stimme in ihre Zufriedenheit hinein. Das ist doch kein Gegner. Bist du schon so tief gesunken, dass du es mit einem Kind aufnehmen musst, um dich zu beweisen?
Stygia erstarrte. Schon wieder dieses Andere in ihr, das ihr so missfiel und das sich jedem Versuch widersetzte, es aus ihr zu entfernen, es zum Schweigen zu bringen oder sonst irgendwie zu beeinflussen. Jetzt pfuschte es ihr auch noch in ihre Pläne! Das hatte es noch nie getan. Wie schon so oft spürte sie irrationale Wut in sich aufsteigen. Sie hatte das Gefühl, den ganzen riesigen Thronsaal in
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