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091 - Die Braut des Hexenmeisters

091 - Die Braut des Hexenmeisters

Titel: 091 - Die Braut des Hexenmeisters
Autoren: John Willow
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Liebe des Mädchens, oder er würde sie als Hexe anklagen und foltern lassen.“
    „Schändlich!“ rief Manon schaudernd.
    „Da ließ ich sie heimlich nach Amiens schaffen. Denn ich liebte sie auch. Trotzdem hätte ich nie gewagt, ihr meine Liebe zu gestehen oder sie gar anzutasten. Das verbot mir mein Versprechen und ihr höherer Stand.“
    Manon nickte nur. Seine geheimsten Gedanken waren ihrem Geist zugänglich.
    „Aus Rache dafür schwärzte mich der Hexenjäger bei meinem Herrn, dem Grafen von Vermandois. an. Er behauptete, ich hätte mein Schutzgelübde gebrochen und das Mädchen heimlich entführen lassen, um es zu mißbrauchen.“
    „Armer Baptiste“, flüsterte Manon. „Er hat ihm geglaubt. Weil du dich inzwischen zu dem neuen Glauben bekehrt hast und heimlich Hugenotte geworden bist.“
    „Ja“, sagte der ehemalige Burgvogt. „Dieser Hexenjäger gab den letzten Anstoß dazu.“ Er legte ihr die Hände auf die Schultern. „Gleich werden wir uns gegenseitig auf dem Schafott verfluchen – und Flüche, die mit dem Tod besiegelt werden, gelten im Reich der Dämonen.“
    „Der Mann mit der schwarzen Maske ist der Hexenjäger?“ fragte Manon bang.
    „Ja. Mein Ankläger. Obwohl er weiß, daß ich unschuldig bin.“
    „Dein Fluch?“ fragte Manon und erschauerte. „Hat er auch meine Vorfahren und mich getroffen?“
    „Höre ihn selbst“, murmelte der Burgvogt. „Die Zeit ist um. Die Henker stehen vor der Tür.“
    Im gleichen Augenblick flog die Tür des Turmzimmers auf.
     

     

Zuerst wollte Manon in eine Ecke des Zimmers oder auf den Balkon hinaus fliehen. Doch dafür war es zu spät. Die Schergen strömten in den Raum, packten den Burgvogt und zerrten ihn fort. Die Bewaffneten waren von keinem Geistlichen begleitet, nur von dem Hexen Jäger, der eine lange schwarze Kutte und eine Gesichtsmaske trug.
    Er blickte sich noch einmal suchend im Raum um, ehe er den Schergen zur Richtstätte folgte. Manon sah einen Moment lang dunkle, stechende Augen, die sie durch enge Sehschlitze musterten. Doch sie schauten sie gar nicht an. Sie blickten durch sie hindurch.
    Manon war für diese Menschen, die den Verurteilten hinrichteten, unsichtbar. Die Schergen waren durch sie hindurchgelaufen, als sie auf den Burgvogt zustürzten, als wäre sie aus Luft. Für sie existierte sie nicht, konnte gar nicht existieren.
    Unsichtbar folgte sie ihnen hinunter in ein Gewölbe, wo der Richtblock stand. Und dort hörte sie entsetzt, wie sich der Burgvogt und der Hexenjäger gegenseitig verfluchten, ehe der Henker das breite Beil über den Kopf schwang.
    Zitternd war Manon wieder nach oben in das Burgzimmer gelaufen, um die Hinrichtung nicht miterleben zu müssen. Sie hörte nur den dumpfen Schlag der Axt – dann nichts mehr.
    In ihr hallte noch der Fluch nach, den der verurteilte Burgvogt dem Hexenjäger ins Gesicht geschleudert hatte, ehe er auf den Richtblock stieg: „Verdammt sollst du sein, ruhelos auf der Erde als Hexer zu leben, bis einer meiner Nachkommen dich töten und für immer in die Hölle schicken wird. Das schwöre ich bei meiner Unschuld.“
    Doch der Hexenjäger hatte nur gelacht und höhnisch geantwortet: „Das wird nimmermehr geschehen, denn jeder deiner Nachkommen wird eines gewaltsamen Todes sterben, wenn er das Mädchen findet, das er heiraten möchte. Und für deinen Fluch sollst du so lange nicht die ewige Ruhe finden, bis ein Nachkomme der Grafentochter, die du mit deinem Leben schützen solltest, und einer deiner Nachkommen sich in Liebe finden werden. Das kann und wird aber nicht geschehen, weil du ohne Nachkommen stirbst. Also ersticke an deinem Fluch!“
    Manon stand zitternd und verloren neben dem Tisch im Turmzimmer, während der Fluch ihr immer wieder in den Ohren gellte. Seufzend sank sie auf einen Stuhl und vergrub das Gesicht in den Händen.
    Da hörte sie ein Geräusch von der Tür her. Der Hexenjäger stand vor ihr, das blutige, abgeschlagene Haupt des Burgvogts in den Händen. Er hielt es an den Haaren hoch und setzte es mitten auf den Tisch. Manon schrie vor Entsetzen – ein lautloser Schrei, den der Hexenmeister nicht hören konnte.
    Unten in dem tobenden Paris der Bluthochzeitsnacht schlugen die Glocken auf den Kirchtürmen die erste Morgenstunde. Im gleichen Augenblick ging vor ihren Augen eine gespenstische Verwandlung vor sich.
    Der blutbesudelte Kopf des Burgvogts auf dem Tisch fing an zu leuchten. Erst war es nur ein grüner, winziger Funke, der an dem Schopf aufglühte,
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