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0909 - Drachentod

0909 - Drachentod

Titel: 0909 - Drachentod
Autoren: Andreas Balzer
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Lächelnd zuckte der Magier mit den Achseln. »Okay, du hast mich also erwischt. Und was nun?«
    »Du gibst es also zu?«, fragte Yuen fassungslos.
    »Natürlich, warum sollte ich leugnen? Du hast mich doch bereits überführt.«
    »Aber warum, Lam? Ich dachte, euch Drachendienern liegt nichts an persönlichem Reichtum.«
    »Oh nein, tut es auch nicht«, erwiderte Lam sanft. »Aber die Leute, die für mich arbeiten, sind leider nicht ganz so selbstlos.«
    »Wenn du so selbstlos bist, wozu brauchst du dann eigene Leute? Was hast du vor?«
    »Die Neun Drachen sind alt, mein Freund. Es ist kein Geheimnis, dass Meister Shius Tod nur noch eine Frage von Monaten ist. Es wird Zeit, über einen geeigneten Nachfolger nachzudenken.«
    Yuen starrte ihn entgeistert an. »Die Neun Drachen haben das Problem ihrer Nachfolger über tausend Jahre gut geklärt. Ich bin sicher, auch für die Nachfolge Meister Shiu gibt es genug Anwärter.«
    »Sicher gibt es die. Aber willst du das Schicksal dieser Stadt wirklich noch einem weiteren Greis überlassen? Sei ehrlich, Yuen, seit der Rückkehr des Fremden vor sieben Jahren ist mit den Neun Drachen nicht mehr viel los. Dieser französische Magier, Professor Zamorra, hat ihnen ins Gewissen geredet und sie mit seiner westlichen Mitleidstour vergiftet. Seitdem stoßen sie ein illegales Geschäft nach dem anderen ab und versuchen alles, um möglichst ehrbare Bürger zu werden. Wo soll das enden? Eröffnen wir demnächst Kindertagesstätten?«
    »Selbst wenn das stimmen sollte, es ist nicht an uns, darüber zu urteilen.«
    »Doch, das ist es. Die Welt hat sich verändert. Hongkong ist nicht mehr die idyllische kleine Insel, auf der wir ungestört vom Rest der Welt unsere Geschäfte betreiben können. Die Neun Drachen müssen sich fit für die Zukunft machen, wenn sie nicht auf dem Müllhaufen der Geschichte landen wollen. Und dafür brauchen sie einen neuen Anführer.«
    »Und du denkst dabei an dich?«, fragte Yuen entsetzt.
    »Kennst du einen besseren?«
    »Das ist Blasphemie!«
    Lam lächelte sardonisch. »Glaubst du? Dann halt mich auf!«
    »Worauf du dich verlassen kannst.« Der Kasinochef gab seinen beiden Leibwächtern ein Zeichen. Sofort hoben sie ihre Waffen - und richteten sie auf Yuen.
    »Was soll das…?«
    Lam lachte leise. »Vielleicht hättest du vorher prüfen sollen, an wen das unterschlagene Geld geflossen ist.«
    »Was willst du, Lam?« Yuen zitterte. All seine Selbstsicherheit war mit einem Mal verflogen. »Bist du gekommen, um mich zu töten?«
    Lam Chi-Wei zündete sich seelenruhig eine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug, bevor er antwortete. »Ich will von dir nur eine Information. Soweit ich weiß, gehört zu deinem Aufgabenbereich auch die Observation spezieller Personen. Wo ist diese Verräterin Chin-Li?«
    ***
    Singapur, Gegenwart
    Der sonst so strahlend blaue Himmel über Singapur hatte sich zu einem giftigen Gelbbraun getrübt. Verheerende Waldbrände auf Borneo und Sumatra sorgten seit Tagen dafür, dass viele der sonst so entspannten und lebensfrohen Bewohner des prosperierenden Stadtstaats sich nur mit Gesichtsmaske auf die Straße trauten: Selbst die sonst hinsichtlich der Verbreitung schlechter Nachrichten eher zurückhaltende Zeitung The Straits Times riet der Bevölkerung, das Haus nur zu verlassen, wenn es unbedingt nötig war.
    Die idyllisch am Singapore River gelegenen Restaurants waren trotzdem gut besucht, waren es doch vor allem Touristen, die sich von den aggressiv auftretenden Werbern ködern und zu einem der Tische am Ufer lotsen ließen, wo sie die schöne Aussicht mit oft absurd überteuerten Preisen bezahlen mussten.
    Die junge Chinesin, die sich an einem der Tische in einem thailändischen Restaurant am Boat Quay niedergelassen hatte, fiel nicht weiter auf. Schließlich waren drei Viertel der ethnisch bunt gemischten Bewohner chinesischstämmig, und auch unter den unzähligen Touristen aus aller Welt befanden sich zahlreiche Asiaten.
    Die attraktive Frau war Mitte 20 und ausgesprochen durchtrainiert. Das kurz geschnittene schwarze Haar verlieh ihr ein leicht knabenhaftes Aussehen, ohne sie burschikos wirken zu lassen. Die Kleidung war ebenso dezent wie elegant. Sie trug ein schwarzes Jackett, eine schwarze Hose und ein schlichtes weißes Hemd. Eine modische Sonnenbrille lag zusammengeklappt auf dem Tisch vor ihr.
    Die junge Asiatin hätte eine erfolgreiche Geschäftsfrau sein können oder eine allein reisende Touristin. Doch tatsächlich war
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