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0900 - Für Teufel, Gold und Templer

0900 - Für Teufel, Gold und Templer

Titel: 0900 - Für Teufel, Gold und Templer
Autoren: Jason Dark
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denn unter der magischen Schicht kam immer mehr ein schon kleines Wunderwerk der Technik zum Vorschein, ein erster Automat.
    Mich interessierte nicht das Gold, das wie zäher Sirup zu Boden rann und sich dort zu einer Lache vereinigte. Es verließ den gesamten Kopf, auch die Hände und die Schultern, und ich wartete so lange, bis die Lache keinen Nachschub mehr kriegte. Erst dann bückte ich mich und tunkte mein geweihtes Kreuz in die Flüssigkeit.
    Die Wirkung war frappierend.
    Etwas zischte hoch.
    Ich zuckte zurück und glaubte in der Ferne Schreie zu hören.
    Wütende Schreie, möglicherweise aus einer anderen Welt und ausgestoßen von einem schrecklichen Dämon, dessen Erbe nun endgültig vernichtet wurde.
    Das Teufelsgold hatte einen Teil des Templergrabs und auch den Boden daneben bedeckt. Durch die Macht des Kreuzes aber wurde es verdampft bis auf den letzten Tropfen. Zurück blieb nur ein widerlich stechender Geruch.
    Jemand war neben mich getreten, ohne daß ich es groß bemerkt hätte.
    Erst als ich die flüsternde Stimme des Studenten hörte, drehte ich den Kopf nach rechts.
    Richard Menzel stand da und wischte über seine Augen, während er den Kopf schüttelte. »Ich kann es nicht glauben, noch immer nicht fassen. Dabei habe ich es mit meinen eigenen Augen gesehen.«
    »Nehmen Sie es hin.«
    »Auch ihn?«
    »Ja.«
    Ich wußte, wen er damit gemeint hatte. Es war der Kopf, der in seinem Urzustand vor uns stand. Wir betrachteten ihn beide. Um ihn besser sehen zu können, ging ich in die Hocke. Das Kreuz hatte ich weggesteckt, ich brauchte es nicht mehr, denn ich wollte beide Hände frei haben, um den Kopf anzuheben.
    Nichts geschah, als ich ihn anfaßte. Die Ohren waren noch vorhanden, aber nicht mehr so spitz und auch nur angedeutet. Der Mund stand offen. Wir sahen die Nase, wir sahen auch die Augen, die noch immer ihre rote Farbe hatten, aber wir sahen auch die Lücken zwischen den hölzernen Knochen und konnten durch sie in das Innere des Schädels schauen, wo die Technik bereits einer perfekten Feinmechanik glich.
    Alles war wunderbar angeordnet, es paßte perfekt zusammen. Die Hebel, die kleinen Zahnräder, der gesamte Mechanismus war - meiner Ansicht nach - für die damalige Zeit mehr als beeindruckend. Wenn ich dies alles in Betracht zog, mußte ich zu dem Entschluß gelangen, daß ein gewisser Gerbert d'Aurillac ebenso bekannt als Papst Silvester II. seiner Zeit mit seinem Wissen um Jahrhunderte voraus gewesen war.
    »Wunderbar«, hauchte der Student, »einfach einmalig.« Er wollte noch etwas hinzufügen, er konnte es aber nicht. Er hob die Schultern, denn der Anblick hatte ihm die Stimme verschlagen.
    »Ja, er ist einmalig.«
    »Und was geschieht mit ihm, John? Soll er auch zerstört werden oder wollen Sie ihn…?«
    »Nein, nicht ich.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ich werde ihn nicht behalten. Ich werde Ihnen den Kopf geben, Richard.«
    »Miiiirrr…?« dehnte er und trat einen Schritt zurück, wobei er den Kopf schüttelte. »Was soll ich denn mit ihm anfangen?«
    »Sie sollen ihn ja nicht behalten«, erwiderte ich lächelnd. »Ich möchte, daß Sie den Kopf jemandem geben, der ihn wirklich verdient hat. Als Andenken gewissermaßen.«
    »Wer ist das?«
    »Raten Sie?«
    Es fiel ihm sehr schnell ein. »Natürlich, jetzt weiß ich es. Sie meinen den Abbé.«
    »Ja, genau ihn.«
    Richard nickte. »Und ob, John, und ob. Wenn ihn einer verdient hat, dann ist er es.«
    Nach diesen Worten überreichte ich dem jungen Mann den sprechenden Kopf zur besonderen Verwahrung.
    ***
    Wir verließen die Templer-Kirche, die wieder zu einem Ort der Stille geworden war. Den verletzten Anwalt schleiften Suko und ich durch die Tür ins Freie. Der Mann war noch immer nicht zu beruhigen. Er sprach von dem großen Gold, von der einmaligen Chance, und er kicherte dabei und schlürfte wie jemand, der zu heißen Kaffee trank.
    Wir waren keine Ärzte, aber ich konnte mir vorstellen, daß ihn die Goldgier verwirrt hatte. Was mit ihm geschah, sollten andere entscheiden, dafür waren wir nicht mehr zuständig. Wir forderten vom Rover aus einen Notarzt und einen Rettungswagen an.
    Wir mußten noch warten, blieben draußen, während Richard Menzel auf einer Steinstufe hockte und den Kopf auf seine Knie gestellt hatte. Er hielt ihn mit beiden Händen fest und lächelte still vor sich hin.
    »Er ist glücklich«, sagte Suko.
    »Stimmt. Und ich finde, er hat es verdient…«
    ENDE
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