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090 - Moerderische Knochenhaende

090 - Moerderische Knochenhaende

Titel: 090 - Moerderische Knochenhaende
Autoren: Frank Sky
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Verstört blickte sie auf die Uhr, es war kurz nach Mitternacht.
    Sie wußte nicht, was sie geweckt hatte, aber es mußte irgendein Geräusch gewesen sein. Sie schaltete die Nachttischlampe ein und stellte erleichtert fest, daß sie allein im Raum war.
    Wer hätte auch hier sein sollen, dachte sie mit dem Versuch, sich über sich selbst lustig zu machen.
    Ihr fiel auf, daß die Gardinen sich bewegten, obwohl sie doch die Fenster geschlossen hatte. Ihr Raum verfügte über Air-Condition, so brauchte sie nachts kein Fenster zu öffnen, nicht weil sie fürchtete, daß jemand bei ihr einsteigen könnte, sondern weil sie in den warmen Nächten so schlecht schlief.
    „Ist da jemand?“ fragte sie.
    Ihr war, als wäre es unnatürlich kalt im Zimmer. War das Gerät falsch eingestellt worden? Nein – das war Rodrigo noch nie passiert. Julia wollte aufstehen, aber dann zögerte sie. Allzu deutlich war, daß etwas nicht stimmte.
    „Ich schreie“, sagte sie drohend – allerdings nicht sehr laut.
    Ein erneuter Windstoß wirbelte die Vorhänge ins Zimmer. Sie hatte erwartet, unter dem Fenster die Füße eines Mannes zu sehen, doch offensichtlich befand sich wirklich niemand im Zimmer.
    Sie gab sich einen Ruck und schlüpfte aus dem Bett. Dann nahm sie allen Mut zusammen und ging auf das Fenster zu. Sie hörte, wie der Wind über das Dach heulte. Weit vom Schloß entfernt blitzte es. Für einen kurzen Moment schien es ihr, als habe sie gegen den aufleuchtenden Himmel einen großen Vogel gesehen, der an ihrem Fenster vorbei geschwirrt war.
    Sie schob die Gardinen zur Seite, dabei geriet sie mit dem Gesicht in ein Spinnennetz. Sie schrie entsetzt auf und wischte das Gespinst weg. Ihr Herz pochte wild, als sie sich neben dem Fenster an die Wand lehnte.
    Sie fühlte, daß sich eigentlich nichts verändert hatte. Trotzdem war das Befremdliche, das sie aufgeweckt hatte, immer noch da und durchflutete das Schloß so, als sei es allgegenwärtig und könne durch ein paar geschlossene Türen oder Fenster nicht aufgehalten werden.
    Julia hielt den Atem an. Sie horchte.
    Leise zunächst, kaum wahrnehmbar, dann aber immer deutlicher hörte sie Klavierklänge. Sie erkannte sie sofort wieder. Irgend jemand spielte auf dem Flügel das Adagio aus dem Klavierkonzert Nr. 2 in B-Dur von Beethoven. Julia begann, am ganzen Körper zu zittern. Die Kehle schnürte sich ihr zu.
    Nur ein einziger konnte die dynamischen Passagen des Adagios so brillant und einfühlsam interpretieren. Diese Anschläge waren wie eine Stimme, so deutlich, so markant und so unverwechselbar!
    Julia vergaß, daß sie nur mit einem durchsichtigen Nachthemd bekleidet war. Sie lief auf die Tür zu und öffnete sie.
    Im gleichen Augenblick gellte ein Angstschrei durch das Schloß. Eine Tür fiel krachend zu. Und wieder schrie jemand, als gehe es um sein Leben.
    Julia fuhr zurück, als sei sie geschlagen worden. Sie wußte nicht, wohin sie sich wenden sollte. Sie hatte Angst, allein im Zimmer zu bleiben, und sie fürchtete sich auch davor, nach unten zu gehen, weil sie wußte, daß dort etwas Grauenhaftes passiert war. Sie mußte wieder an den Mord in der Kapelle denken.
    Da endlich flammte das Licht auf. Stimmen wurden hörbar. Julia eilte zu ihrem Bett, streifte sich einen Morgenrock über und lief die Treppe hinunter.
    In der Halle standen Rodrigo Rossetti, Carlotta Vespari und ihr Vetter Adriano di Cosimo, von dem sie gar nicht gewußt hatte, daß er im Schloß war.
    „Was ist denn los?“ fragte Julia. Alles schien in Ordnung zu sein. Ihr fiel allerdings auf, daß Carlotta Vespari kreidebleich war.
    „Das wissen wir selbst noch nicht, Julia“, entgegnete Adriano.
    Carlotta setzte sich auf einen Stuhl. Sie wollte etwas sagen, als auf der Treppe auch die Marchesa Luisa erschien.
    „Was ist das für ein Lärm?“ erkundigte sie sich mit überraschend kraftvoller Stimme. Sie legte ihre zitternde Hand auf das Geländer und kam langsam die Treppe herunter. „Warum seid ihr auf? Es ist nach Mitternacht.“
    Die Marchesa hatte noch das gleiche Kleid an, das sie am Abend getragen hatte. Sie war offensichtlich noch nicht im Bett gewesen. Der zurückgeschlagene Schleier gab ein gut geschnittenes Gesicht frei.
    „Mutter – es ist nichts weiter“, sagte Julia eilig, obwohl sie doch selbst nichts wußte. „Geh nur wieder auf dein Zimmer.“
    „Nein“, erklärte die alte Dame energisch und blickte Julia dabei ärgerlich an. „Ich bleibe. Ich will wissen, was in meinem Schloß
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