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090 - Moerderische Knochenhaende

090 - Moerderische Knochenhaende

Titel: 090 - Moerderische Knochenhaende
Autoren: Frank Sky
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einen Schritt näher und sah ein unglaublich schönes dunkelhaariges Mädchen, das die Augen geschlossen hielt. Es trug einen Kranz aus weißen, blühenden Rosen auf dem Kopf. Es war bleich wie das Seidenhemd, mit dem es bekleidet war, und dennoch schien es nicht tot zu sein.
    Einem unwiderstehlichen Zwang folgend beugte sich Maria über das Mädchen und berührte seine Hand. Sie fühlte sich eiskalt an.
    Da schlug die vermeintlich Tote die Augen auf.
    Maria schrie. Sie wollte ihre Hand zurückziehen, doch das Mädchen im Sarg griff nach ihr und zerrte sie mit unglaublicher Kraft zu sich heran. Maria verlor die Kerze, das Licht erlosch. Es wurde stockdunkel. Verzweifelt wehrte sich das Mädchen aus dem Dorf dagegen, in den Sarkophag gezogen zu werden, aber das Wesen im Sarg war stärker. Maria stürzte über sie. Ein eiskalter Arm schlang sich um ihren Nacken, und ihre Lippen berührten den Mund der anderen.
    Maria spürte voller Entsetzen die Zähne der unheimlichen Gestalt.
    Sie schrie aus Leibeskräften und schlug wild um sich. Doch da fiel der Deckel des Sarkophags nach unten. Er prallte gegen ihren Hinterkopf.
    Maria stürzte in eine abgrundtiefe Dunkelheit.
     

     
    Am Friedhof von Fiesole hielt ein postgelbes Auto. Das dunkelblonde Mädchen hinter dem Steuer nahm die Sonnenbrille ab und blickte verwundert zu dem Gottesacker hinüber, auf dem ein einsamer Pater mit vier Leichenträgern vor einem frischen Grab stand. Vor dem Eingang zum Friedhof parkte ein rasanter Sportwagen.
    Carlotta Vespari trommelte unschlüssig mit den Fingerspitzen auf das Steuerrad, als sich ihr ein Mann näherte. Sie wußte nicht recht, ob sie ihn ansprechen sollte. Er bemerkte sie, blieb neben dem Wagen stehen und fragte: „Sie scheinen sich hier nicht auszukennen. Kann ich etwas für Sie tun?“
    Carlotta Vespari lächelte erleichtert.
    „Ich suche das Schloß“, erklärte sie.
    „Sie wollen zu di Cosimo?“
    „Ganz recht.“
    Er nahm die Sonnenbrille ab, die seine Augen bisher verborgen hatte. Sie fand, daß er ein ausgesprochen gut aussehender Mann war.
    „Sie können hinter mir herfahren“, sagte er. „Ich habe den gleichen Weg. Sie sehen dann schon, wo es zum Schloß weitergeht.“
    „Das ist nett.“
    Eine kleine Pause entstand, und sie wußte nicht, was sie sagen sollte. Er blickte mit selbstsicherem Lächeln auf sie herab und blieb stehen, während sie erwartete, daß er zu seinem Auto gehen und abfahren würde. Weniger aus Interesse, als vielmehr, um die Verlegenheitspause zu überwinden, deutete sie auf den Friedhof.
    „Was ist das?“ fragte sie. „Eine seltsame Beerdigung. Gibt es keine Freunde und keine Angehörigen?“
    „Nein. Sie hatte niemanden im Ort.“
    „Wer ist das?“
    „Ein Dienstmädchen, das aus Sizilien heraufgekommen ist, um hier bei irgendwelchen Leuten zu arbeiten. Sie hatte kein Glück, sie ist ermordet worden.“
    „Ermordet? Wie entsetzlich.“
    „Sie war ein wenig zu neugierig und zu vorwitzig, aber so ein furchtbares Ende hat sie nicht verdient. Man hat ihr die Augen herausgerissen.“
    „Oh, bitte, seien Sie still. Meine Nerven sind nicht so stark, wie Sie vielleicht vermuten.“
    Er lächelte ungläubig und blickte sie in einer Art an, die deutlich erkennen ließ, daß sie hier durch ihre ganze Erscheinung auffiel. Sie war nicht mehr in der Großstadt, wo sich die Frauen und Mädchen erheblich freier bewegen konnten als noch vor einigen Jahren.
    „Würden Sie mir nun bitte zeigen, wie ich zum Schloß komme?“
    „Sind Sie die neue Gesellschaftsdame für Silvana und Julia?“
    „Sie kennen die beiden Mädchen?“
    „Ich bin der Nachbar. Mein Name ist Piero di Abbaccio. Wir werden uns wohl in Zukunft öfter sehen.“ Er nickte ihr zu, überquerte die Straße und stieg in den Sportwagen. Sie war nun doch überrascht, denn dieses Fahrzeug hatte sie ihm nicht zugetraut. Er machte zwar den Eindruck eines selbstbewußten und wohlhabenden Mannes, hatte aber nicht das oft arrogante Benehmen der Reichen.
    Der Priester wandte sich vom Grab ab und ging mit gemessenen Schritten auf das Tor des Friedhofs zu. Carlotta Vespari startete und fuhr eilig hinter dem Sportwagen her. Piero di Abbaccio legte ein viel zu hohes Tempo vor. Sie mußte ihm wohl oder übel folgen.
    Außerhalb der Stadt ließ di Abbaccio sich wesentlich mehr Zeit, so daß sie gemütlich hinter ihm her bummeln konnte. Nach etwa zehn Kilometern sah sie das Schloß in einem Wäldchen liegen. Sie bog auf eine Seitenstraße ab,
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