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090 - Moerderische Knochenhaende

090 - Moerderische Knochenhaende

Titel: 090 - Moerderische Knochenhaende
Autoren: Frank Sky
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die direkt zu ihrem Ziel führte. Gemächlich ließ sie den Wagen durch die staubige Pappelallee rollen. Auf den Feldern wurden die Reispflanzen gesetzt. Einfach gekleidete Frauen arbeiteten tief gebückt in der glühenden Sonne.
    Als Carlotta Vespari vor dem Schloßportal hielt, sah sie zwei Polizeiwagen unter den Bäumen parken. Einige Carabinieri kamen aus der Richtung einer Kapelle herbei.
    Das Mädchen stieg aus, steckte die Sonnenbrille in die Handtasche und blickte sich suchend um. Ein kurzbeiniger, korpulenter Diener kam ihr entgegen. Er war wie ein englischer Butler gekleidet, verzichtete jedoch auf den obligatorischen Querbinder, und seine Haltung ließ jene gewisse Distanziertheit vermissen, die auf den britischen Inseln selbstverständlich ist.
    „Sie sind Signorina Carlotta Vespari?“
    „Die bin ich.“
    „Willkommen, Signorina, wir freuen uns, daß Sie da sind. Sie werden schon erwartet. Darf ich Sie hereinführen?“
    „Danke.“
    Sie folgte dem Diener bis zum Portal. Dann fragte sie: „Was macht die Polizei hier?“
    Er blieb stehen und wischte sich betroffen mit dem Handrücken über den Mund. Zögernd wandte er sich ihr zu.
    „Eine traurige Geschichte, Signorina, ein Mord.“
    „Das Mädchen, das heute beerdigt wurde?“
    „Sie wissen davon?“
    „Ich habe zufällig die Beerdigung beobachtet.“
    „Ah ja. Ja, so war das.“
    Er eilte weiter, dabei vergaß er, die schwere Tür aufzuhalten, so daß sie Carlotta Vespari fast gegen den Kopf geschlagen wäre. Mit einem raschen Schritt zur Seite wich sie aus.
    In der Halle war es angenehm kühl. Die kostbare und geschmackvolle Einrichtung ließ erkennen, daß die Familie, die hier wohnte, über ein stattliches Bankkonto verfügen mußte. Eine breite Marmortreppe führte in das erste Stockwerk hinauf. Von dorther kamen Carlotta Vespari zwei junge Mädchen entgegen, die sich sehr ähnlich sahen. Überrascht blieb die Erzieherin stehen. Silvana und Julia di Cosimo schienen sich durch nichts zu unterscheiden. Die Zwillinge glichen einander tatsächlich so wie ein Ei dem anderen. Mit einem zurückhaltenden Lächeln gingen sie auf Carlotta Vespari zu und begrüßten sie.
    „Du meine Güte“, sagte die Erzieherin. „Wie soll ich euch auseinanderhalten?“
    „Das ist doch ganz einfach“, entgegnete das Mädchen, das sich als Julia vorgestellt hatte. „Silvana hat schwarze und ich habe braune Augen.“
    „Tatsächlich, das habe ich übersehen. Deine Augen sind schwarz,
    Silvana, und deine sind wie Bernstein, Julia. Ihr habt schöne Augen und seid sehr hübsch. Ich glaube, wir werden gute Freunde werden.“
    „Das glaube ich auch“, entgegnete Silvana. „Ich mag Sie, darf ich Carlotta zu Ihnen sagen?“
    „Bitte – ich würde mich freuen.“
    „Darf ich Ihnen Ihr Zimmer zeigen?“ unterbrach der Diener. „Ich habe noch mehr zu tun.“
    Julia lachte.
    „Der alte Muffel verdirbt doch immer alles, egal, was geschieht.“
    Die Erzieherin und Gesellschaftsdame der beiden Mädchen stieg mit dem dienstbaren Geist die Treppe hinauf. Julia und Silvana sahen ihr nach. Als sie allein waren, blickten sie sich an.
    „Sie ist nett“, sagte Julia.
    „Ich mag sie wirklich.“
    „Ich hatte schon gedacht, daß wir so eine alte Ziege vorgesetzt bekämen.“
    „Ich hatte mich schon auf eine mit Haaren auf den Zähnen vorbereitet.“
    „Es wäre natürlich auch ein Spaß gewesen, wenn wir so eine alte Schnepfe täglich einmal bis zur Weißglut gebracht hätten.“
    „Ich glaube, mit Carlotta gibt’s auch etwas zu lachen, aber nicht auf ihre Kosten.“
    „Wir werden sie mal testen. Mal sehen, was sie so erträgt, ohne hysterisch zu werden.“
    „Du meinst – Schocktherapie?“
    „Warum nicht?“
    „Hältst du das für geschmackvoll, nachdem diese Sache mit dem Mädchen aus dem Dorf passiert ist?“
    „Hm – du hast recht.“
    „Warten wir doch erst einmal ab.“
    „Auf jeden Fall ist die faule Zeit vorbei. Jetzt heißt es wieder, fleißig zu lernen. Wie mich das ärgert!“
    „Und mich erst. Aber – was hilft’s?“
    „Ich möchte wissen, wie das mit dem Mädchen aus dem Dorf wirklich war.“
    Die beiden Mädchen schlenderten in den Park hinaus. Sie trugen hautenge Jeans und genauso knapp sitzende Pullis, die sehr reizvolle Rundungen erkennen ließen. Die Carabinieri blieben stehen und blickten ihnen nach. Einer von ihnen bohrte sich schmunzelnd den Zeigefinger in die Wange – eine Geste, mit der die Männer Italiens ihre höchste
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