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0893 - Der Atem des Bösen

0893 - Der Atem des Bösen

Titel: 0893 - Der Atem des Bösen
Autoren: Adrian Doyle
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später kam sie zum Halten, und Sir Robert Grosvenor stieg vorsichtig aus. Mit energischer Stimme tadelte er den Fahrer, künftig besser auf den schneeglatten Weg achtzugeben. Nicht nur er selbst, auch das Tier lag ihm am Herzen, wie jedes andere aus seinem Stall. Der Kutscher, ein grobschlächtiger, ewig verdrießlich dreinschauender Geselle mit Hang zur Trunksucht, hingegen weniger.
    Es war Abend. Die Sonne stand genau hinter dem Mühlengebäude, sodass es von rubinfarbenem Licht umflossen wurde.
    Grosvenor ließ sich davon nicht beeindrucken. Vor seinem Mund lag ein Schal, durch den er atmete und der ihm half, der Eisluft zu trotzen. Der Winter war spät gekommen in diesem Jahr, zur Weihnacht hatte noch keine Flocke auf dem Land gelegen, doch seit Ende Januar hielt sich Väterchen Frost hartnäckig mit Temperaturen, die für die Insel ungewöhnlich waren. In der Früh waren acht Grad unter Null gemessen worden. Das Wasser in manchen Häusern und allen Ställen gefror. Mensch und Tier litten Not. Es hatte schon eine hohe Zahl von Toten gegeben, vor allem Ältere, Kranke und Kleinkinder.
    Grosvenor schüttelte die unguten Gedanken, die ihn glücklicherweise selbst nicht einmal annähernd so betrafen wie das einfache Gesindel, von sich ab und stapfte entschlossen auf den Eingang der Mühle zu. Im Näherkommen sah Grosvenor, dass hinter der Mühle ein trotz der bitteren Kälte offenes Gespann wartete. Demnach wurde er bereits vom Abt erwartet.
    Er muss wahrhaft göttliche Glut in sich tragen , dachte Grosvenor mit unverhohlenem Spott, um bei diesen Temperaturen dem Fahrtwind trotzen zu können. Vielleicht habe ich ihn ja unterschätzt. Vielleicht ist er ja kein ganz so großer Schwächling und Narr; wie ich bislang anzunehmen gezwungen war.
    Vor allem, seit sie miteinander ins Geschäft gekommen waren - und Grosvenor die Abtei über den Tisch gezogen hatte. Seiner eigenen Einschätzung nach jedenfalls.
    So ganz verstehen konnte er es immer noch nicht, dass er den Besitz fast geschenkt bekommen hatte.
    Narretei eben , dachte er. Die Pfaffen haben noch nie etwas von weltlichen Belangen verstanden.
    Er erreichte den Eingang, dessen massive Tür im selben Augenblick aufschwang, was bewies, dass seine Ankunft nicht unbemerkt geblieben war.
    Grosvenor trat in den Innenraum der Mühle, wo es nur unwesentlich wärmer war als draußen. Aber wenigstens blies der Wind nur schwach durch die Ritzen.
    Mehrere Lampen an den Wänden waren entzündet und lösten die Schatten der Abenddämmerung auf, die hier nisteten.
    Der Abt, ein fülliger Mann mit einem Muttermal auf der geröteten Wange genau unter dem linken Auge, war nicht allein. Zwei Mönche in Kutten und - Grosvenor traute seinen Augen kaum - fast barfüßig, nur mit offenen Schnürsandalen bekleidet, standen im Hintergrund, die Hände gefaltet, die Gesichter unter Kapuzen verborgen.
    »Seid gegrüßt, Grosvenor«, sagte das Oberhaupt der nahen Abtei von Westminster mit tiefer, melodiöser Stimme.
    Grosvenor grüßte zurück, höflich, aber knapp, und trat auf den feisten Mönchsbruder zu, der ihm nur bis zum Halsansatz reichte. »Habt Ihr die Papiere dabei?«
    Der Abt nickte. »Der Überschreibung steht nichts mehr im Wege… außer meinem Gewissen.«
    In den winzigen, hinter Wülsten verborgenen Augen schien es aufzuflackern. Grosvenor zog leicht den Kopf zwischen die Schultern, ehe er sich wieder entspannte und erstaunt fragte: »Euer Gewissen?«
    »Das klingt, als meintet Ihr, ich würde so etwas nicht besitzen.« Der Abt hob die Brauen, die wie Streifen zerrupften rötlichen Fuchsfells aussahen.
    Grosvenor winkte ab. »Kommt zur Sache - Ihr solltet wissen, dass ich meine Zeit nicht gestohlen habe.« Ungeduldig schielte er auf das zusammengerollte Dokument in der Hand des einen der im Hintergrund stehenden Mönche. »Oder wollt Ihr nur noch einmal um den Preis feilschen? Ich hoffe nicht, denn bislang ging ich davon aus, es mit einem Ehrenmann zu tun zu haben, und wir hatten uns bereits über die Summe ge…«
    Nun schüttelte der Abt den großen Kopf mit den dicken, aufgeschwemmten Wangen. »Es geht nicht um Geld. Es geht um etwas, das ich Euch… bislang verheimlichte. Vielleicht, weil ich zu froh war, diese Bürde endlich von meinen Schultern genommen zu bekommen. Aber ich könnte nie mehr ruhig schlafen, wenn ich Euch einfach, ohne Warnung, ins Unheil rennen ließe. Nein, Ihr sollt wissen, was uns letztlich bewog, uns von diesem Besitztum der Kirche zu
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