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0893 - Der Atem des Bösen

0893 - Der Atem des Bösen

Titel: 0893 - Der Atem des Bösen
Autoren: Adrian Doyle
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Genüge zu tun.
    »Ich befahl, eine Grube auszuheben und es tief wie einen Leichnam zu verscharren.«
    »Und so geschah es?«
    »So geschah es.«
    Grosvenor wandte sich der Tür zu. »Danke, dass Ihr Euer Gewissen erleichtert habt, Abt. Nachdem ihr nun wieder ruhig schlafen könnt, lasst Euch versichern, dass mir Eure Geschichte gewiss die Nachtruhe rauben wird. Geschwärztes Mehl… Das Purpurlicht lassen wir einmal beiseite, darüber möchte ich gar nicht erst spekulieren, denn ich weiß, was übermüdete Arbeiter fähig sind, alles zu ›sehen‹, erst recht, wenn sie in solch freiwilliger Selbstkasteiung leben wie ihr Mönchsleute… Nein, es gibt sicher viele Erklärungen für ein solches Verderben von frisch Vermahlenem, aber ich bin kein Experte, und ich maße mir nicht an…« Seine Stimme geriet ins Stocken. Er blieb, noch vor Erreichen der klobigen Tür, stehen und drehte sich zum Abt und dessen Begleitern um. »Habt Ihr das gerade auch gespürt?«
    »Was?«, fragte der Abt.
    »Eine Erschütterung. Als würde der Boden kurz… unter meinen Füßen schwanken.«
    Der Abt machte ein erschrockenes Gesicht, sah sich nach allen Seiten um, inspizierte auch den Bretterboden und das Gebälk über seinem Kopf, entspannte sich dann etwas und schüttelte den Kopf. »Ich habe nichts gespürt. Aber ich war auch noch nicht fertig mit der Geschichte. Das schwarze Mehl war nur der Auslöser der wahren Tragödie. Vielleicht erinnert Ihr Euch, dass ich von einem Bruder sprach, den der Vorfall sein Leben kostete… und womöglich mehr, viel, viel mehr.«
    Grosvenor lauschte immer noch misstrauisch in seinen Körper, durch den das Beben hindurch gefahren war, das er gespürt zu haben meinte.
    »Mehr? Was gäbe es mehr…?«
    »Seine Seele«, half ihm der Abt auf die Sprünge. »Ich will es kurz machen, offenbar seid Ihr tatsächlich in Eile und interessiert Euch nicht für Wohl und Wehe - vor allem Letzteres -, die Euch hier blühen könnten. Einer der Mönche, die den Auftrag zum Vergraben des Pestmehls erhalten hatten, wurde tags darauf in seiner Kammer in der Abtei gefunden. Er lag neben seinem Bett, und in der rechten Hand fand sich noch ein Stück des Brotes, das er gegessen und das ihn umgebracht hat.«
    »Ist er erstickt?«
    Der Abt schüttelte den Kopf. »Ich wünschte fast, er wäre es. Aber er hat sich wohl vergiftet. Vielleicht ahnt ihr, worauf ich hinaus will, wenn ich euch sage, dass der Brotrest in seinen Fingern schwarz war.«
    Grosvenor spürte einen Stich im Magen. »Er hat…?«
    »Er hat ganz offensichtlich etwas von dem Mehl beiseite geschafft und buk sich in der Abteiküche damit von allen unbemerkt ein Brot. Dann nahm er es mit in seine Kammer und aß es bis auf einen kleinen Rest auf. Was er nicht überlebte.«
    »Es war verdorben. Viele Menschen sterben, wenn sie Verdorbenes…«
    Der Abt nickte milde. »Aber ich kenne niemanden, der nach dem Verzehr von etwas… ich weiß, Ihr mögt es, es so zu nennen, auch wenn es nicht annähernd die Wirklichkeit wiedergibt… Verdorbenem selbst schwarz wurde.«
    Grosvenor machte, ohne es eigentlich zu wollen, einen Schritt auf den Abt zu. »Ihr - Ihr seid von Sinnen!«
    »Es ist die Wahrheit. Er kann erst wenige Stunden tot gewesen sein, als er gefunden wurde, und ich sah ihn mit eigenen Augen, ehe wir ihn… beisetzten. Er war schwarz. Von Kopf bis Fuß. Sämtliche Haare waren ihm ausgefallen, und seine Haut sah nicht nur aus, als wäre er ganz und gar aus Ebenholz geschnitzt… sie fühlte sie auch so an.«
    »Wenn das wahr wäre, wäre es publik geworden«, keuchte Grosvenor. »Ihr wollt mir hier ein Ammenmärchen auftischen!«
    Ihm war plötzlich warm, richtiggehend heiß.
    Er schwitzte. Es war, als wäre der bitterkalte Winter von einem Moment zum anderen einem heißen Sommertag gewichen.
    Von draußen drangen Kufe. Aufgeregte Schreie.
    Der Kutscher, dachte Grosvenor. Aber seine Gedanken hingen immer noch der Geschichte des Abts nach.
    Bis ebendieser Abt an ihm vorbeistürmte, im Gefolge seine beiden Mönchbrüder, und die Tür aufriss, auf die Grosvenor zuvor zugesteuert hatte. Sie rannten nach draußen, und Grosvenor schüttelte den Bann ab, in dem er kurz gefangen gewesen war, und folgte ihnen.
    Draußen erwartete ihn ein absurdes Bild.
    Rings um die Mühle und auf der Mühle selbst war alles Weiß verschwunden.
    Der Schnee war geschmolzen. Ein Streifen von schlammigem Braun umgab die Holzkonstruktion etwa zwölf Fuß breit.
    Grosvenor hatte sich die
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