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0891 - Geschenk der Götter

Titel: 0891 - Geschenk der Götter
Autoren: Unbekannt
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„Tausende Bauern, Fellachen und Arbeiter sollen ihre Felder bebauen und die Häuser instand setzen. Sie sollen ihre wertvolle Zeit nicht damit verbringen, ein Gebirge aus Stein aufzutürmen."
    „Du adelst dich in deiner Bescheidenheit, Pharao", sagte der Priester. Deutlich war ihm anzusehen, daß er mit dieser Entscheidung nicht einverstanden war. Chnemu Chufu, der göttliche Herrscher der Vierten Dynastie, war zweifellos weise und von großer persönlicher Bescheidenheit. Aber in diesem Punkt irrte er. Das Grabmal würde dennoch prunkvoll und gewaltig sein. Er, der Oberste Priester, wußte es. „Ich werde meinen Freunden sagen, daß sie einen würdigen Platz aussuchen sollen. Und, wie es das Gesetz und die Tradition befehlen, Horus des Tages, wirst auch du nach einem Platz für die Pyramide suchen."
    „So ist es", erwiderte der Pharao und nickte.
    Es war Mittag, und die Sonne brannte fast senkrecht auf das Zelt und die Sonnensegel herunter. Jenseits der Zelte, der von Wildeseln gezogenen Wagen und der kleinen Gruppen des Trosses, erstreckten sich die grünenden Felder und die Palmenwäldchen. Dahinter floß der breite Nil träge dahin. Der Pharao mit seiner Begleitung befand sich genau an der scharfen Schnittlinie zwischen Kulturland und Wüste.
    Der Priester deutete geradeaus und sagte leise, fast Unterwürfig: „Deine Mutter, Pharao, liebt diesen Platz dort jenseits der Dünen."
    Es war Sitte geworden seit dem Wirken des großen Baumeisters Imhotep, schon zu Lebzeiten eines Pharaos dessen Grabmal zu entwerfen und zu bauen. Das schönste und mächtigste war die Stufenpyramide, die mer von Sakkara. Aber Chnemu Chufu stellte sich die unmäßige Arbeitsleistung vor, und als Herrscher voller Verantwortung drang er darauf, für sich eine kleine, wohlgefügte Pyramide zu errichten. „Ich weiß", sagte er und dachte an Hetepheres, die ihn zur Welt gebracht hatte und jetzt eine Greisin war. „Sie sprach oft mit mir darüber."
    Sie blickten auf eine ebene Fläche, leicht erhöht, nicht weit vom Fluß entfernt. Auf dem Nil würde man die Blöcke und Quadern aus Kalk und Granit herbeischaffen müssen. Der Pharao trat aus dem Schatten hinaus; ein mittelgroßer Mann, den Arbeit, Verantwortung und Sorgen geprägt hatten. Er straffte sich, als sein Sandalenträger auf ihn zukam, sich niederkniete und die dünnen Ledersohlen festband. „Es wird schwierig sein, den richtigen Platz zu finden", bemerkte der Baumeister. Menketre, schwarzbärtig und breitschultrig, hatte bisher viele königliche Bauwerke errichtet. Er würde nach einer Reihe von Kornspeichern, Hafenanlagen, Tempeln und Palästen auch die letzte Wohnung des Gottkönigs hochziehen. Auch er dachte in größeren Ka-- tegorien als sein Herrscher. „Nichts ist schwierig, wenn der Ruf gehört, die Erkenntnis empfangen wird!" bemerkte Chufu nachdrücklich. „Du hast recht, Horus!" gab der Baumeister zurück.
    Er dachte an die nubische Sklavin mit den langen Beinen und stapfte zusammen mit den anderen auf die Sänfte des Pharaos zu. Es war glühend heiß; ein milder Wind trocknete den Schweiß, kaum daß sich Tropfen gebildet hatten. Ruhige Bewegung kam jetzt in den umfangreichen Troß, mit dem der Pharao reiste. Die Sänftenträger verneigten sich. Chufu setzte sich unter den schwankenden Baldachin und sprach leise einen Befehl. Die Sänfte wurde langsam hochgehoben, und die Träger schritten aus. .Eine merkwürdige Stimmung ergriff den Pharao.
    Die Sitte gebot, schon jetzt an das Grab zu denken und es rechtzeitig fertigzustellen. Trotzdem schauderte er bei dem Gedanken, nach einem Platz zu suchen, an dem die Pyramide stehen würde. Das Stück leere Landschaft vor ihm schien sowohl ihn selbst als auch seinen Troß magisch anzuziehen. Nach einigen weiteren Schritten der schwitzenden Träger wußte Chnemu Chufu, daß offensichtlich auch schon die Reise hierher unter einem günstigen Stern gestanden hatte. Das Land dort vorn hatte sie angezogen, von weither zu sich gerufen. „Baumeister Menketre!" sagte der Pharao halblaut. „Herr?" Menketre schritt langbeinig über den glühendheißen Sand. „Spürst du etwas?"
    „Jeder spürt einen Sog, der die Gedanken mit sich nimmt. Es ist wie der Blick zwischen die Sterne der Nacht."
    „Du sagst, daß jeder aus dem Troß dieses Gefühl hat?"
    „Jeder. Sogar die Sklaven!" gab Menketre zurück. „Und die Priester?"
    Der Oberste Priester ging auf der anderen Seite der Sänfte. Er deutete in einer weit ausholenden Geste auf
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