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0882 - Der Sonnen-Dämon

0882 - Der Sonnen-Dämon

Titel: 0882 - Der Sonnen-Dämon
Autoren: Jason Dark
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Junge mit den goldenen Augen schüttelte leicht unwillig den Kopf. Sicherlich wunderte er sich über die Dummheit des Anführers, der aber ließ sich nicht beirren. Seine Augen leuchteten wie im Wahn. Er hob die linke Hand mit dem Messer an und hauchte gegen die Klinge. Zu ihr mußte er ein besonderes Verhältnis haben.
    Kinok versuchte es ein letztes Mal. »Geh weg! Geht alle weg!«
    »Nein!« Der Schatten war nicht mehr zu stoppen. Er hatte das Wort geschrieen. Vor seinem Mund schäumte und schimmerte Speichel. Er nahm keine Rücksicht darauf, daß ein Kind vor ihm stand.
    Man hatte ihn gereizt. Er wollte nicht zurückstecken, sondern zustechen.
    Für einen Augenblick intensivierte sich das Leuchten in Kinoks Augen. Wo bei einem Menschen die Pupillen zu sehen waren, strahlten bei ihm nur zwei winzige Punkte auf. Mit einer unwahrscheinlich schnellen Bewegung bekam er den Messerarm des Schattens zu fassen. Ebenso schnell drehte er ihn und den Schatten um, dessen sirenenhafter Schrei sich an den Brückenwänden brach. Er war zu einem wirbelnden Bündel geworden, als er durch die Luft flog und hart zu Boden prallte. Er war auf den Rücken gefallen, wobei sich das provisorische Band von seiner Hand löste und als blutiger Fetzen liegenblieb. Darauf achtete er nicht. Mit einem Sprung kam er wieder auf die Beine, sah seinen Feind in der Nähe stehen und griff erneut an. Er hatte noch nicht genug und konnte nicht begreifen, von einem Kind besiegt worden zu sein. Er hörte auch nicht auf das Warngeschrei seiner Freunde, die Klinge sollte Kinoks Hals treffen.
    Laroche schaute zu. Er wußte nicht, ob er die Augen schließen oder weiter hinsehen sollte. Seltsamerweise machte er sich um den Jungen keine Sorgen, der würde schon allein zurechtkommen. Ihn interessierte mehr, wie er es schaffte, den anderen zu besiegen.
    Kinok packte zu. Er hatte das Messer unterlaufen. Seine Armbewegungen wurden blitzschnell geführt. Das Klatschen der Treffer war zu hören, dann wuchtete er den Schatten hoch, dem vor Schreck der Schrei in der Kehle steckengeblieben war. Kinok drehte sich mit ihm, so daß er die Fliehkraft ausnutzen konnte, und einen Moment später jagte der Schatten wie ein Geschoß durch die Luft.
    Ziel war die Brücke.
    Er wuchtete dagegen.
    Das dabei entstehende Geräusch hörte sich schrecklich und endgültig an. Wie ein Lappen fiel er nach unten, dann der Aufschlag, gleichzeitig auch der Schluß und das Ende, denn der Schatten blieb liegen, ohne sich noch einmal zu rühren.
    Keiner wußte, ob er diesen Aufprall lebend überstanden hatte. Er lag jedenfalls auf dem schmutzigen Boden wie weggeworfen.
    Kinok ging zwei Schritte zurück. Dabei schüttelte er den Kopf, als könnte er die Dummheit dieses Menschen noch immer nicht begreifen. Er hatte ihn gewarnt, der andere hatte nicht hören wollen, und hatte schließlich die Konsequenzen tragen müssen.
    Sehr langsam drehte er sich um.
    Die anderen Mitglieder der Gang waren stumm vor Entsetzen. So etwas hatten sie noch nicht erlebt.
    Das war einfach zu hoch für sie. Sie kamen damit nicht zurecht. Irgendwo rastete etwas aus, aber sie wußten, daß sie etwas tun mußten, um überleben zu können. Plötzlich hielt sie nichts mehr. Als hätten sie alle einen gemeinsamen Befehl erhalten, machten sie auf den Absätzen kehrt und rannten davon.
    Kinok ließ sie laufen. Er stand da und hob nur die Schultern, um sich wenig später umzudrehen, weil er sich mit dem Mann beschäftigen wollte, der als einziger nicht geflüchtet war. Guy Laroche fragte sich, weshalb er nicht weggelaufen war. Es wäre alles viel einfacher gewesen. Keiner hätte ihm etwas getan. Was machte er? Er blieb zurück bei diesem Jungen mit den goldenen Augen, bei dem Gruß aus der Vergangenheit, denn als nichts anderes sah der Archäologe das Erscheinen an.
    Die Laufgeräusche der flüchtenden Bande verklangen allmählich in der Ferne. Über der Seine schwebte der Dunst wie feine Leichentücher. Und unter der Brücke schienen sie die dort liegenden Schatten gefangenzunehmen.
    Laroche stand noch immer an der Wand. Er trug zwar den Mantel, die Kühle drang trotzdem durch den Stoff. Vielleicht war es auch der Schweiß, der sich so anfühlte. Wer konnte das schon wissen?
    Jedenfalls war er furchtbar gestört. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Der Ort hier unten kam ihm vor wie ein gewaltiges Grab, das nur für eine Person geschaufelt worden war.
    Der Junge drehte sich um, nachdem er einen letzten Blick auf den
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