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0882 - Der Sonnen-Dämon

0882 - Der Sonnen-Dämon

Titel: 0882 - Der Sonnen-Dämon
Autoren: Jason Dark
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Fall. Ihr Blick kam mir leer vor und trotzdem so, als wäre er in eine Ferne gerichtet, die ausschließlich für sie bestimmt war.
    Suko stand noch neben dem Bett. Er hatte sich wieder vorgebeugt und sprach flüsternd ihren Namen.
    Shao reagierte nicht.
    Suko faßte sie an.
    Unter dieser Berührung zuckte sie zuerst zusammen, dann drang ein leiser Schrei über ihre Lippen, und mit einer gedankenschnellen Bewegung fuhr sie in die Höhe. In dieser sitzenden Haltung blieb sie auch, drehte aber den Kopf, als wollte sie alles erkennen.
    Sie mußte mich sehen, machte auf mich allerdings den Eindruck, wie jemand, der durch eine Glasscheibe schaut. Mit einer ihr typischen Bewegung strich sie das Haar zurück. Die Nasenflügel zuckten ebenso wie der Mund, dann runzelte sie die Stirn. Dabei blickte sie sich noch einmal um, und das Muster auf ihrer Stirn verstärkte sich. Einen Moment später verließen die flüsternden Worte ihren Mund.
    »Ihr hier…?«
    »Ja, warum nicht?«
    Shao strich über ihr dünnes Nachthemd und berührte ihre Brüste. Dann sanken die Hände wieder zurück. Sie blieben auf dem Laken liegen. »Seltsam«, sagte sie. »Das ist sehr seltsam. Vorhin habe ich noch eine andere Person gesehen.«
    »Kannst du sagen, wen?«
    »Sicher. Es war Kinok. Der Junge stand an einem Fluß. In der Nähe war eine Brücke. Darunter brannte ein Feuer. Gestalten tummelten sich nahe der Flammen. Sie hatten einen Mann gefangen, der… ich weiß auch nicht, er sah aus, als wäre er geschlagen oder verletzt worden.«
    »Kanntest du den Mann?« wollte ich wissen.
    Shao ging nicht auf meine Frage ein. »Die Brücke habe ich schon einmal gesehen, den Fluß auch. Es war nicht London, aber ich kenne die Stadt. Man kann hinfliegen und…«
    »Paris?« fragte ich und dachte dabei an Laroche, den französischen Archäologen.
    »Ja!« Beinahe hätte sie die Antwort hervorgejubelt. »Es war Paris. Und der Mann war der, den wir in der Vergangenheit gesehen haben, nur eben älter. Es war Guy Laroche…«
    ***
    Der Junge war urplötzlich erschienen, und er stand da wie ein staunendes Kind, das von seiner Mutter zum erstenmal auf einen Jahrmarkt oder einen Weihnachtsmarkt geführt worden war. Diesen Eindruck vermittelten die großen, goldfarbenen Augen, die an kleine Sonnen erinnerten, als hätte sich der große Planet dazu entschlossen, an einen bestimmten Menschen zwei Ableger zu verteilen.
    Das plötzliche Erscheinen des Jungen hatte Laroche derartig überrascht, daß er darüber sogar seine Schmerzen vergaß und sich einzig und allein auf die Umgebung konzentrierte.
    Dabei arbeiteten seine Gedanken fieberhaft. Sie taumelten zurück in die Vergangenheit. Er stellte fest, daß er den Jungen zwar kannte, daß dem aber trotzdem nicht so war, denn so, wie er sich hier präsentierte, hatte er ihn noch nie gesehen, da war er ihm fremd.
    Bis auf die Augen!
    Guy Laroche konzentrierte sich und schloß dabei die Augen. Wieder sah er sich zusammen mit seinem Freund Francis Clayton in dieser uralten Grabkammer, in der die beiden unterschiedlich großen Sarkophage gestanden hatten. In einem hatte ein Kind gelegen, ein Baby, und dieses Kind hatte goldene Augen gehabt.
    Wie lange lag diese Entdeckung zurück?
    Sechs oder sieben Jahre?
    Er tippe auf sieben Jahre. So mußte der Junge das Alter von acht Jahren haben, und er war erschienen wie ein Spuk. Keiner hatte ihn gesehen, keiner hatte ihn gehört.
    Als Laroche die Augen wieder öffnete, da stand der Junge noch immer an derselben Stelle, ohne sich überhaupt bewegt zu haben. Er verfolgte nur das Geschehen unter der Brücke; in seinen goldenen Augen tanzten dabei kleine Funken, als hätte jemand Staub hineingestreut.
    Laroche hörte seinen eigenen Atem überlaut. Er vernahm sehr deutlich das Knistern der Flammen.
    Das Feuer war heruntergebrannt, es hatte keine neue Nahrung bekommen. Die Schatten unter der Brücke waren wieder dichter geworden, ließen aber die Umrisse der fünf Bandenmitglieder noch deutlich erkennen.
    Guy warf wieder einen Blick in die Glut. Er glaubte, die verbrannte Ratte ausmachen zu können.
    Nie mehr würde sie einen Menschen beißen.
    Jemand lachte.
    Zuerst kichernd, dann immer lauter. Die Lache wurde schallend, schließlich schrill. Die Echos flogen wie akustische Schatten unter der Brücke hin und her.
    Der Verletzte hatte gelacht. Sein Gesicht war verzerrt. Tränen rannen aus den Augen. Um seine rechte Hand war noch immer der blutdurchtränkte Verband gewickelt. Laroche empfand
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