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0870 - Tabitas Trauerhalle

0870 - Tabitas Trauerhalle

Titel: 0870 - Tabitas Trauerhalle
Autoren: Jason Dark
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gehen, darauf kannst du dich verlassen.«
    Lange blieben wir nicht mehr sitzen. Die Stimmung hatte einen Knacks bekommen. Da schmeckte auch der Wein kaum noch.
    Tabita - eine Person, die das Jenseits suchte und sich mit Toten beschäftigte. Wie bekam ich das nur alles in die Reihe? Sosehr ich mir auch den Kopf zerbrach, ich wußte es nicht…
    ***
    Noch zwei Schritte mußte Jim Wayne nach vorn gehen, um noch mehr sehen zu können.
    Sie stand neben ihrem Wagen. An der linken Heckseite hielt sie sich auf, und ihre Haltung zeigte an, daß sie auf Jim gewartet hatte und sich voll auf ihn konzentrierte.
    Unter seinen Füßen wellte sich der weiche Boden. Er ging auch durch Pfützen, er lauschte dem Platschen des braunen Wassers nach, er starrte nach vorn, er spürte einen kalten Schauer auf seinem Rücken, das trotz der Wärme, aber in seinem Innern war alles verkantet und verkarstet. Da lag eine dicke Kruste. Es konnte damit zusammenhängen, daß er darüber nachdachte, aus welchem Grund jemand eine Leiche mitten in der Nacht spazieren fuhr. Das war unmöglich, so etwas ergab keinen logischen Sinn, und doch stimmte es.
    Vor ihr blieb er stehen.
    Nebelfetzen wehten durch die Umgebung. Jim Wayne verglich die Gestalt der Frau mit einem nebligen Etwas, das sich zufällig hierher verirrt hatte.
    Trug sie einen Schleier vor dem Gesicht?
    Nein, es war eine Täuschung gewesen, weil eben der Dunststreifen an ihr vorbeigehuscht war.
    Also keinen Schleier. Dafür das blasse oder bleiche Gesicht, bei dem das Alter kaum zu schätzen war. Das Gesicht wirkt wie ein käsiger Fettfleck, in dem sich auch nichts bewegte. Es war alle starr bei dieser Person, denn es bewegte sich auch nicht der Mund und ebenfalls nicht die Augen.
    Wie eine Tote, dachte Jim Wayne. Wie eine lebende Tote, die eine echte Leiche wegschafft.
    Er wollte sich von diesen schrecklichen Gedanken befreien. Er mußte sich zusammenreißen. Keine Schwäche zeigen, all das ausspielen, was er in den letzten langen Jahres eines Polizistendaseins gelernt und an Erfahrungen gesammelt hatte.
    »Guten Morgen«, sagte er, sich dabei wundernd, wie locker ihm die Worte über die Lippen kamen.
    Sie nickte nur.
    »Ich bin Jim Wayne, und ich würde mich gern mit Ihnen unterhalten, Missis…«
    »Tabita.«
    »Ach ja?«
    »Nur Tabita«, sagte sie. »Warum? haben Sie mich verfolgt? Warum wollen Sie sich mit mir unterhalten?«
    Fast hätte Wayne gelacht. »Warum? Können Sie sich das nicht denken, Madam? Sie haben etwas in Ihrem Wagen versteckt, das sehr wohl wie eine Leiche aussieht.«
    »Stimmt.«
    »Sie geben es zu. Sie geben es gegenüber mir, einem Polizisten zu?«
    »Natürlich. Ich bleibe dabei.«
    »Und ich habe gesehen, wie sie die Tote buchstäblich von der Straße gepflückt haben. Wozu? Warum das alles? Was wollen Sie mit der Leiche anstellen?«
    »Ich brauche sie.«
    »Einfach so.«
    »Ja, aber trotzdem anders.« Sie sprach tonlos, als wäre sie mit ihren Gedanken in fremden Welten, und ein Mann wie Jim Wayne kam damit nicht zurecht.
    Er dachte daran, daß dies alles nicht wahr sein durfte. Daß er es sich nur einbildete, daß er neben sich stand, daß er… daß er… verdammt noch mal, ich muß mich zusammenreißen, sonst gehe ich der Tante noch an die Gurgel.
    »Wozu braucht man eine Leiche?«
    »Um den Weg nach drüben zu finden. Um IHN zufriedenzustellen. Dafür brauchte ich die Tote.«
    »Der Weg nach drüben…«
    »Ja.«
    »Wo kann er hinführen?«
    »Ins Jenseits.«
    Das war die Antwort, die er fast erwartet hatte, aber das war auf keinen Fall die Lösung. Er wollte es einfach nicht glauben, er starrte die Frau an, die sich so ganz locker gab, als wäre der Leichenklau die natürlichste Sache der Welt. Er wollte in seinem Denken nicht irreal sein, sondern auf dem Boden der Tatsachen bleiben. »Hören Sie, Tabita. Was Sie da getan haben, ist strafbar. Sie können nicht einfach eine Tote von der Straße verschwinden lassen. So etwas ist nach unseren Gesetzen nicht möglich.«
    »Ich kann es.«
    »Aber es ist strafbar.«
    Zum erstenmal lächelte sie, und es sah aus, als hätte sich ihr Mund zu einem Strich verzogen.
    »Strafbar ist es nicht. Nicht für mich, verstehen Sie?«
    »Die Tote liegt im Wagen?« fragte er.
    »Sicher.«
    »Ich werde sie mir ansehen.«
    »Warum?«
    »Weil ich sie in meinem Fahrzeug mitnehmen werde. Haben Sie verstanden? Sie kommen damit nicht durch. Hier haben Sie das Ende der Fahnenstange erreicht.«
    »So denke ich nicht.«
    Wayne schaute sie
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