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0870 - Tabitas Trauerhalle

0870 - Tabitas Trauerhalle

Titel: 0870 - Tabitas Trauerhalle
Autoren: Jason Dark
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mach endlich den Mund auf. Es gab noch einen zweiten Grund, weshalb wir uns hier versammelt haben, abgesehen von einem netten Essen.«
    Jane wollte noch nicht reden. »Nein, das ist doch alles zu weit hergeholt. Ich weiß doch gar nicht, ob wir hier überhaupt richtig liegen oder ich richtig liege.«
    »Jetzt hast du mich neugierig gemacht«, sagte ich.
    »Klar, ich weiß.«
    »Dann rede auch.«
    Das tat nicht sie, sondern Lady Sarah. »Was Jane dir sagen will, ist, daß sie jemand gesehen hat, der…«
    »Glaubt, gesehen zu haben!« korrigierte die Detektivin. »Denn ich bin mir nicht hundertprozentig sicher.«
    »Wen glaubst du, gesehen zu haben?« wollte ich wissen.
    Jane nahm sich Zeit. Sie schaute sich um, bevor sie mit der Antwort herausrückte. »Tabita…«
    »Aha.«
    An unserem Tisch wurde es still. An den anderen unterhielt man sich weiter, und die Stimmen umgaben uns wie ein Singsang aus verschiedenen Höhen und Tiefen. Ich holte noch einmal Luft. »Und wer, bitte, ist Tabita?«
    »Jemand, den ich kenne.«
    »Aber ich nicht?«
    »Nein.«
    »Woher kennst du sie?«
    Jane trankt einen Schluck Wein, leckte kleine Tropfen von den Lippen und meinte: »Aus meiner alten Zeit…«
    Mehr brauchte sie darüber nicht zu sagen, denn wir wußten, was gemeint war. Es hatte tatsächlich eine Zeit gegeben, als Jane Collins auf der anderen Seite gestanden und dem Teufel gedient hatte.
    Da war sie ihm und dem Hexenvolk zu willen gewesen, und sie hatte sich auch selbst als eine Hexe bezeichnet.
    Aus dieser Zeit also mußte sie Tabita kennen.
    »Ist sie eine Hexe?« fragte ich.
    »Nein, nicht direkt.« Jane drehte das Weinglas zwischen den Händen. »Sie ist eine Person, die man schlecht einordnen kann. Ich würde sie als esoterisches Wesen bezeichnen.«
    »Das ist schwer zu begreifen.«
    »Warum?«
    Ich wiegte den Kopf. »Esoterisch - Himmel, damit kann man vieles bezeichnen.«
    »Das stimmt.«
    »Esoterisch oder Esoterik heißt so viel wie verborgen, geheim, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Manche verstehen darunter die wahre Erkenntnis und den wahren Sinn des Daseins, andere meinen damit den allgemeinen Begriff der Geheimlehren. Das ist nur eine kleine Auswahl der Erklärungsmöglichkeiten und sehr allgemein, deshalb kann ich mit der Antwort nichts anfangen.«
    »Du hast recht.«
    »Und du bleibst trotzdem bei deiner Antwort?«
    »Ja.«
    »Kannst du denn näher darauf eingehen?«
    Jane räusperte sich. »Da muß ich mit der Vergangenheit beginnen, über die ich nicht gern rede.«
    »Das wissen wir alle hier«, sagte Lady Sarah. »Aber wenn es etwas bringt, mußt du dich überwinden.«
    »Das mache ich ja. Wie gesagt, die alte Zeit, die ich gern streichen möchte, es aber nicht kann, denn in mir existiert noch die latente Hexenkraft. Doch jetzt zum eigentlichen Thema. Diese Tabita habe ich damals erlebt. Sie war in unserer Welt eine ungewöhnliche Erscheinung. Sie suchte nach einem gewissen Sinn, den ich nie begriffen habe. Aber sie war keine Hexe. Sie hielt sich gern unter Hexen auf, wollte aber ihren eigenen Weg gehen.«
    »Wohin?«
    »Wenn ich das wüßte, John…«
    »Sie hat es dir nie gesagt?«
    »Nein, es ist alles diffus. Sie hielt auch nur sich für gut und keine anderen. Ihr Weg war der beste. Alles, was von ihm weglief, das kannst du vergessen, hat sie gesagt. Weißt du, wenn ich mal nach einem Vergleich suchen soll, so kam Tabita mir vor wie ein Student, der sich noch nicht für den richtigen Berufsweg entschieden hat, und in seinem Studium mal hier und mal dort hineinriecht und sich erst sehr spät entscheidet, welchen Weg er geht.«
    »Das hat Tabita nicht.«
    »So ist es. Zumindest damals nicht. Wie es heute ist, kann ich dir nicht sagen.«
    Ich räusperte mich. »Aber wir wollen ja nicht nur von der Vergangenheit reden«.
    »Obwohl sie wichtig ist.«
    »Auch, Jane. Was ist denn mit dem Heute?«
    »Ich habe sie gesehen.«
    »Wo?«
    »Hier in London. Ich war in einer Buchhandlung, um mich nach neuer Literatur für Lady Sarah umzusehen.« Sie wandte sich an die Horror-Oma. »Das war in der letzten Woche, als du die Erkältung hattest. Na ja, ist auch egal. Ich habe Tabita in dieser Buchhandlung gesehen, und sie sah in ihrer dunklen Kleidung noch immer so aus wie früher.«
    »Hast du sie auch angesprochen?«
    »Nein, John.«
    »Warum nicht?«
    Jane kriegte große Augen. »Ich war überrascht und wie vor den Kopf geschlagen. Ich wußte nicht, wie ich mich verhalten sollte. Die Begegnung hat mich wie ein
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