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087 - Der Dämon auf dem Affenthron

087 - Der Dämon auf dem Affenthron

Titel: 087 - Der Dämon auf dem Affenthron
Autoren: Dean Morris
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darüber traurig. Im Gegenteil, sie schien darüber glücklich zu sein. Sie wollte nicht mehr leben. Schon lange nicht mehr.
    Aber die Dämonen, denen sie in die Hände gefallen war, ließen sie nicht sterben.
    Sie zwangen sie, immer wieder Blut zu trinken, und damit hielten sie sie auf grausame Weise am Leben.
    Doch nun würde sie sterben.
    Sie konnte den Tod kaum noch erwarten.
    Seit undenkbaren Zeiten wartete sie auf ihr Ende. Nun würde es kommen. Sie fühlte es, und sie war froh, daß die schrecklichen Qualen endlich vorbei waren.
    Die Tür wurde mit einem wilden Ruck aufgerissen. Der Adler kreischte erschrocken auf und schlug mit den mächtigen Flügeln. Als er jedoch das Scheusal erkannte, das soeben eintrat, beruhigte er sich wieder.
    Ihnen beiden oblag es, über Sita zu wachen.
    Sie taten dies seit dem Tag, an dem Sita auf diese Insel gekommen war.
    Das häßliche Wesen zog die schmalen Lippen hoch, wodurch die ekeligen Rattenzähne noch länger zu werden schienen.
    »Wie geht es ihr?« fragte das Scheusal den Adler.
    Das Federvieh kreischte unzufrieden.
    »Sie wird trotzdem nicht sterben!« sagte das Wesen mit der transparenten Haut. »Ich war bei Bharata und habe ihm gesagt, wie es um Sita steht. Er hat versprochen, zu helfen. Wir werden bald Blut für Sita haben. Viel Blut. Sie wird weiterleben.«
    Sita hörte die Worte des Scheusals.
    Verzweifelt riß sie die dunklen Augen auf.
    »Nein!« schrie sie in größter Pein. »Ich will nicht mehr. Ich will nicht...«
    »Du mußt!« kreischte das Scheusal. »Du mußt!« schrie das Monster wieder. »Du mußt! Du mußt!« Der Scheußliche wies auf den Adler. »Er und ich — wir beide werden dafür sorgen, daß du noch mal so alt wirst!«
    Sita begann haltlos zu weinen, aber aus ihren eingefallenen Augen quollen keine Tränen mehr. Sie hatte in ihrem Leben schon zu oft geweint.
    Ihre Tränendrüsen waren vertrocknet.
    Der Häßliche tanzte kreiselnd durch die Hütte und stimmte ein markerschütterndes Gelächter an, in das der Adler mit lautem Kreischen einstimmte.
    ***
    Benny Tait starrte gebannt auf die mörderisch bewegte See.
    Er war ein reicher Weltenbummler, der nach dem Tod seines geschäftstüchtigen Vaters soviel Geld geerbt hatte, daß er nicht wußte, wie er es bis an sein Lebensende ausgeben könnte. Eine Laune hatte-ihn nach Indien verschlagen. Und eine Laune war es gewesen, den anderen eine kleine Seefahrt vorzuschlagen. Er hatte alles mit Shankr Singh arrangiert. Es hätte ein angenehmes Abenteuer werden sollen.
    Wurde es nun zu einer unaufhaltsamen Höllenfahrt?
    Tait hatte in seinen fünfunddreißig Jahren bereits sehr viel erlebt.
    Aber in einen solchen Taifun war er noch nie geraten.
    Die Hölle war ganz plötzlich losgebrochen. Zuerst war das Meer dunkelgrün gewesen. Flach wie ein Brett. Die Sonne hatte über ihnen am milchigen Himmel gestanden wie eine gleißende Scheibe.
    Und mit einem Mal war das Inferno losgebrochen. Sie hatten nicht einmal Zeit gehabt, die Schwimmwesten anzulegen.
    Frauen und Männer waren hysterisch kreischend unter Deck gegangen.
    ’ Nur Tait, Singh und Tsering waren oben geblieben.
    Insgesamt zwölf Personen befanden sich an Bord des Kutters, der von der zornigen See wie ein Ball umhergeschleudert wurde.
    Zwölf Personen, deren Schicksal seit dem Bruch des Steuers besiegelt zu sein schien.
    Zwölf Personen, die diesem mörderischen Taifun nicht gewachsen waren, die furchtbare Angst vor den unerbittlichen Naturgewalten hatten, welche sie zu vernichten drohten.
    Eine Welle schoß kreischend über den Kahn. Shankr Singhs Gesicht prallte gegen den Schiffsaufbau. Er hustete, spuckte das Wasser aus, das ihm in den aufgerissenen Mund geschwappt war. Blut troff aus seiner zerschlagenen Nase, doch er maß dem keine Bedeutung bei.
    »Wir müssen SOS funken!« schrie Benny Tait. »Wir brauchen Hilfe!«
    »Niemand wagt sich in diesen Taifun, Mr. Tait«, gab Singh zurück.
    »Aber man wird wissen, wie es um uns steht. Man wird nach uns suchen, sobald sich der Sturm gelegt hat. Können Sie unsere Position ermitteln?«
    »Nein, Sahib. Jetzt nicht mehr ...«
    »Das gibt’s doch nicht!«
    »Es gibt nichts, wonach man sich in dieser schrecklichen Hölle richten kann.«
    »Wo waren wir, als der Taifun losbrach?«
    »Da näherten wir uns dem zwanzigsten Breitengrad.«
    »Diese Position soll Ang Tsering durchgeben!« entschied Benny Tait.
    »Wir sind inzwischen längst woanders, Mr. Tait«, sagte Singh.
    »Unsere derzeitige Position
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