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087 - Das Daemonenauge

087 - Das Daemonenauge

Titel: 087 - Das Daemonenauge
Autoren: Neal Davenport
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zuckte sie zurück. Sie erkannte den Ohrring, der vom rechten Ohr herabbaumelte. Es war ein Silberreifen mit einer ungewöhnlichen Verzierung. Eine Schlange wand sich um ein Auge. Sie kannte diesen Ohrring. Sie hatte ihn vor zweihundert Jahren getragen.
    „Ich zeige Ihnen nun die Zimmer“, sagte Dembu.
    Hunter war das Zusammenzucken Valis nicht entgangen. Er betrachtete das Bild eingehender, doch ihm fiel nichts Besonderes auf.
    „Was hast du?“ fragte er Vali leise.
    „Der Ohrring“, sagte das Mädchen.
    „Ohrring?“ fragte Hunter verwundert. „Ich sehe keinen Ohrring.“
    „Aber ja!“ sagte Vali. „Am rechten Ohrläppchen.“
    Hunter trat näher ans Bild heran, doch so sehr er sich auf bemühte, er sah keinen Ohrring.
    „Du mußt dich irren“, sagte er. „Da ist kein Ohrring auf dem Bild.“
    „Ich irre mich nicht“, erklärte Vali laut und fragte die anderen: „Seht ihr den Ohrring?“
    Parker schüttelte den Kopf, und Dembu trat erschrocken zurück.
    „Ihr müßt ihn sehen!“ sagte Vali schrill. „Ein Silberring mit einer Verzierung.“
    Hunter blickte wieder Vali an. Das Gesicht des Mädchens war verzerrt.
    „Du kennst das Bild besser als wir alle, Dembu“, stellte Hunter fest. „Siehst du einen Ohrring?“ Dembu schluckte.
    „Nein“, sagte er mit erstickter Stimme. „Ich sehe keinen. Aber …“
    Er schwieg und stellte die Lampe auf den Tisch.
    „Was?“
    „Es ist seltsam“, sagte Dembu stockend. „Einige Leute sahen schon diesen Ohrring, und das war immer schlecht. Immer wenn jemand den Ohrring zu erkennen glaubte, dann geschah etwas Schreckliches.“
    „Aberglaube“, schnaubte Parker verächtlich.
    „Jetzt sehe ich den Ohrring nicht mehr“, sagte Vali verwundert. „Er ist verschwunden.“
    Dembu bekreuzigte sich, zitterte und murmelte unverständliche Gebete. Es dauerte einige Minuten, bis er sich von seinem Schrecken erholt hatte. Dann zeigte er ihnen die Zimmer, die winzig waren. Betten gab es keine, nur Strohsäcke. Parker hatte Hunger. Dembu versprach ihm, etwas Eßbares zu bringen.
    Dorian und Vali blieben in ihrem Zimmer. Die Tür war nicht abzusperren. Dorian schloß das Fenster und zog den Vorhang vor. Dembu hatte eine Lampe gebracht, die auf einem Tisch stand.
    „Ich habe Angst“, sagte Vali und schmiegte sich an Dorian. „Plötzlich habe ich Angst. Irgend jemand beobachtet uns. Ich spüre es ganz deutlich.“
    Dorian küßte sie leicht auf die Stirn, und sie drängte sich enger an ihn. Er sprach beruhigend auf sie ein und streichelte sie sanft. Nach einigen Minuten löste sich ihre Nervosität, und sie wurde wieder ruhig.
    Dorian schob die Strohsäcke nebeneinander. Sie kleideten sich aus und krochen unter die dünnen Decken. Hunter löschte die Lampe.
    Vali klammerte sich an ihn. Ihr weicher nackter Körper weckte seine Gier. Einen Augenblick lang dachte er an Coco, dann existierte nur noch Vali.
    „Ich brauche dich, Dorian“, flüsterte sie mit bebender Stimme. „Halt mich fest und laß mich nie mehr los!“
    Ihr Körper glühte. Ihr verzweifeltes Verlangen verdrängte Dorians düstere Gedanken, aber die Vereinigung ihrer Leiber löste nicht die Spannung.
    Valis Kopf lag an seiner Schulter. Sie schlief, doch Dorian konnte keinen Schlaf finden. Er lauschte den regelmäßigen Atemzügen Valis, griff nach den Zigaretten und steckte sich eine an.
    Der Vorfall mit dem Ohrring kam ihm in den Sinn. Nach Dembus Worten war es schon öfter geschehen, daß Leute diesen Ohrring gesehen hatten.
    Schließlich drückte er die Zigarette aus und drehte sich vorsichtig auf die Seite. Irgendwann fiel er in einen unruhigen Schlaf.
    Er konnte kaum eine Stunde geschlafen haben, als er hochschreckte. Im Zimmer war es dunkel, doch die Tür stand offen. Er griff nach Vali. Der Strohsack war leer. Die Decke war zurückgeschlagen.
    Dorian stand auf, schlüpfte in seine Hose und trat auf den Gang hinaus.
    In diesem Augenblick kam ihm Vali entgegen. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Sie ging an ihm vorbei, und Dorian folgte ihr.
    „Vali“, sagte er leise, doch das Mädchen hörte ihn nicht.
    Sie öffnete die Haustür und trat auf die Straße. Vor dem Haus blieb sie stehen und hob den Kopf.
    Die Hände preßte sie in den Nacken und starrte den Mond an.
    Dorian trat neben sie, legte die rechte Hand um ihre Hüften und zuckte zurück. Ihr Körper fühlte sich eisig an.
    „Vali, was ist mit dir los?“
    Keine Antwort. Das Gesicht des Mädchens war ausdruckslos. Der
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