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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben
Autoren: Christian Schwarz
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sie mit irrem Blick an. Kathrin gruselte sich tatsächlich. Die Szenen mit den Pappmaché-Figuren, die sich zum Teil mechanisch bewegten, waren bedrückend echt dargestellt und vermittelten ihr ein wenig von dem Grauen, das an solchen Plätzen geherrscht hatte.
    Sie bestieg einen Aufzug. Gleich darauf plagte sie das Gefühl, mit diesem abzustürzen. Sie atmete durch, als sich die Tür wieder öffnete.
    Erschrocken prallte sie zurück. Vor ihr auf dem Gang saß ein gutes Dutzend Raben, allesamt ihr zugewandt. Im Schein des offenen Aufzuges konnte sie sie deutlich erkennen. Ein paar weitere krallten sich an irgendwelchen Vorsprüngen in Kopfhöhe fest. Auch sie fixierten die junge Frau intensiv.
    Kathrin räusperte sich. Ihr Herz schien plötzlich hoch oben im Hals zu klopfen. »Weg da, ihr blöden Viecher«, sagte sie mit lauter Stimme. Gleichzeitig machte sie einen Schritt auf die Tiere zu.
    Die dachten gar nicht daran, ihr auszuweichen. Sie hoben und drehten lediglich die Köpfe. Alle gleichzeitig, wie auf ein geheimes Kommando hin. Jetzt wurde es Kathrin wirklich unheimlich zumute. Es sah… bedrohlich aus.
    Hinter ihr schloss sich der Aufzug mit leisem Zischen. Erschrocken fuhr sie herum. Instinktiv zog es sie in die Kabine zurück.
    Zu spät!
    Die beiden Türhälften legten sich aneinander, die Lichtquelle erlosch abrupt. Kathrin fand sich im Dunkeln wieder. Sie verharrte auf der Stelle. So lange sie nichts sehen konnte, würde sie nicht zwischen die Raben treten. Sie musste sich eingestehen, dass sie zum ersten Mal in einer Geisterbahn echte Angst empfand.
    Reiß dich zusammen, dachte sie verwirrt und versuchte sich durch ein überlegenes Lächeln Mut zu machen. Zwei Schritte mehr, und die Rabenbiester würden sich verziehen. Garantiert.
    Als sich ihre Augen langsam wieder an die Lichtverhältnisse im Laufgang gewöhnten, flatterten die Vögel hoch. Sie umkreisten Kathrin, die um sich schlug und zu rennen begann. Sie schrie, als sich erste Krallen in ihren Haaren verfingen. Flügel schlugen in ihr Gesicht, ein äußerst schmerzhafter Schnabelhieb traf sie über dem linken Ohr.
    Kathrin kreischte in Todesnot. Sie stolperte, fiel der Länge nach hin, schlug sich den Kopf an. Der Schmerz raubte ihr kurzzeitig den Atem. Rote Sterne tanzten vor ihren Augen. Benommen blieb sie liegen.
    Das nutzten die Raben aus. Die Tiere kannten nun kein Halten mehr. Sie fielen über die junge Frau her, als würde blindwütiger, wilder Hass sie leiten. Augen, Ohren und Hals stellten ihre bevorzugten Ziele dar. Die Vögel brauchten keine Minute, um ihr grausiges Werk zu vollenden.
    Kathrin Blumenschein starb in einem Meer von Blut. Immer wieder hackten die Vögel auf die übel zugerichtete Leiche ein.
    ***
    Zamorra und Nicole schauten Nachrichten. Das Topthema im ORF beschäftigte sich eingehend mit der seltsamen Rabenkonzentration in der österreichischen Hauptstadt, die weit über das hinausging, was man von den ansonsten durchaus in großen Scharen auftretenden Rabenvögeln gewöhnt war.
    Die beiden Dämonenjäger gingen mit Bruder Claudius zum Essen. Nicole, die Wien von einigen früheren Besuchen her kannte, führte die beiden Männer ins Spittelberg-Viertel, das gut zu Fuß erreicht werden konnte. Im »Witwe Bolte«, einem urigen Lokal mit traditioneller österreichischer Küche, quetschten sie sich auf eine hölzerne Eckbank und ließen sich kurz darauf Wiener Schnitzel und Hähnchen schmecken.
    »Hoffentlich ist's kein Rabe«, kommentierte Nicole, als sie ein Hähnchenbein in den Mund schob. »Die sollen hier ja neuerdings ziemlich preiswert zu haben sein. Pfanne vors Fenster stellen, Deckel auf, Rabe hüpft rein, Deckel wieder zu.«
    »Vielleicht hat ja Svantevit etwas mit der Rabeninvasion zu tun. Ich denke, wir sollten dieses Thema ernst nehmen«, erwiderte der Zisterzienser.
    »Tun wir ja auch«, gab Nicole zurück. »Wenn wir irgendwelche Witze reißen, geschieht dies ausschließlich zum Zwecke des Lockerbleibens und der Erheiterung aller anwesenden Mitkämpfer.«
    Wie ernst die Sache wirklich war, wurde drei Stunden später deutlich. Die Medien vermeldeten, dass eine junge Frau im Jack-the-Ripper-Geisterhaus von Raben angegriffen und grausam getötet worden war. Mehr an Fakten war allerdings nicht bekannt. Trotzdem wurde wild spekuliert, die Stimmung grenzte bereits an Panikmache. Es war der Polizei wohl ganz einfach nicht gelungen, das Thema geheim zu halten.
    »Wir müssen hin«, beschloss Zamorra, der es sich gerade
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