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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben
Autoren: Christian Schwarz
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Ferdinand in unsterblicher Liebe zu der wunderschönen Gräfin Anna von Waldstein entflammt war, sie aber aus politischer Räson nicht heiraten konnte. So hatte er ein jahrelanges inniges Verhältnis zu ihr unterhalten, dem schließlich Theresia Maria entsprungen war; ungerührt dessen, dass er mit seinen drei offiziellen Frauen ebenfalls sechs Kinder zeugte. Dummerweise war Theresia Marias Status nirgendwo beurkundet, denn der Kaiser hatte sich niemals offiziell zu seinem unehelichen Kind bekannt. Inoffiziell war das allerdings völlig anders gewesen.
    »Betrachtet das Bild unseres Kaisers Ferdinand und schaut anschließend in mein Antlitz. Die große Ähnlichkeit ist unverkennbar. Ich denke, dass dies Schild genug von meines Vaters Seite her ist. Noch älteren und erhabeneren Adel kann ich also unmöglich repräsentieren.«
    Den Damen stockte der Atem ob dieser unverschämten Kühnheit. Auch die Kaiserin atmete scharf durch.
    »Wir wissen sehr wohl, welche Gerüchte am Hof die Runde machen, Gräfin«, erwiderte sie leise und deutlich gereizt. »Aber es sind eben nur Gerüchte. Der Zufall mag bei vielem eine Rolle spielen, auch hier ist er nicht ganz ausgeschlossen. Nun, die Ahnenprobe verlangt einen urkundlichen Nachweis. Erbringt diesen und wir reden weiter. Erbringt ihr diesen nicht, brauchen wir nicht mehr über eure Aufnahme zu parlieren. Ganz Wien würde sich über Uns und den Hof lustig machen, sollten Wir auf diese Weise bestätigen, dass ihr des Kaisers unehelicher Spross seid. Nichtsdestotrotz: Bringt Uns mehr als eure Ähnlichkeit und euch sei die Aufnahme gewährt.«
    Theresia Maria schäumte vor Wut, ließ sich aber nichts anmerken. Damit konnte sie ihren Beitritt zum Orden auf ewige Zeiten vergessen. Denn die Kaiserin wusste genau, dass sie die geforderten Nachweise nicht beschaffen konnte.
    »Ihr seid nunmehr entlassen, Gräfin.«
    Der Weg zur Tür an den hochadeligen Damen vorbei empfand Theresia Maria als Spießrutenlauf. Sie spürte deren Blicke förmlich auf dem Rücken brennen.
    Welche Demütigung!
    ***
    Gegenwart:
    »Ich möchte unbedingt noch ins Jack-the-Ripper-Haus gehen. Kommst du mit?«
    Robert Reisinger verzog das Gesicht. »Was denn, noch so ein Gruselmist? Das ist doch rausgeworfenes Geld. Die Geisterbahn war ja so was von albern. Wer soll sich davor fürchten? Sogar die kleinen Kinder vor uns haben sich halb schiefgelacht.«
    »Ja, das war echt nicht der Hammer«, erwiderte Kathrin Blumenschein. »Aber das Jack-the-Ripper-Haus ist viel besser. Da kann man sich echt gruseln.«
    »Nicht wirklich interessiert«, grinste Reisinger seine Freundin an. »Aber wenn du willst, dann geh halt rein. Ich haue mir in der Zwischenzeit noch eine Bratwurst hinter die Kiemen und spül mit einem Bier nach.«
    Kathrin nickte und ging innerlich lächelnd zur neuesten Grusel-Attraktion des Wiener Praters hinüber. Die junge Frau aus Norddeutschland war froh, dass ihr Freund nicht mitkam. Sie wollte sich in Ruhe gruseln und nicht ständig seine ätzenden Kommentare hören. Langsam aber sicher gingen sie ihr auf den Wecker. Robert machte alles madig und wusste alles besser. Es war beileibe nicht sicher, ob ihre noch junge Beziehung den ersten gemeinsamen Urlaub überleben würde. Falsch , korrigierte sie sich. Es war sicher. In diesem Moment beschloss Kathrin, diesen Irrtum zu beenden, sobald sie in Hamburg zurück waren.
    Die Dämmerung brach über den Prater herein, in dem sich Kathrin und Robert schon den ganzen Tag aufhielten. Kathrin liebte Vergnügungsparks. Vor allem die mit Gruselattraktionen. Und das Jack-the-Ripper-Haus hatte sie sich bis zuletzt aufgespart. Mit diesen Eindrücken wollte sie ins Hotel zurück.
    Kathrin gruselte sich bereits, als sie sich dem jetzt grün beleuchteten Geisterhaus mit dem Turm in der Mitte näherte. Die vielen Raben, die plötzlich auf dem Dach saßen und um den Turm flatterten, ließen sie angenehm schaudern. Wie schafften es die Betreiber nur, die Tiere an das Haus zu binden? Denn dass die Raben echt waren, daran bestand kein Zweifel.
    Kathrin bezahlte und betrat das Geisterhaus. Durch einen langen, immer wieder die Richtung ändernden Laufgang, den nur indirekte Lichtquellen etwas beleuchteten, ging sie die einzelnen Stationen, allesamt hinter Glas und geheimnisvoll beleuchtet, ab. Sie blickte in mittelalterliche Folterkeller und in das Labor eines grausamen Arztes, der sich gerade an Menschenversuchen ergötzte. Der Todeskandidat auf dem elektrischen Stuhl stierte
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