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0866 - Die Herrin der Raben

0866 - Die Herrin der Raben

Titel: 0866 - Die Herrin der Raben
Autoren: Christian Schwarz
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den Rabenviechern auf sich hat, die euch ständig umschwirren, wenn ihr durch die Fluren reitet. Auch vor euren Fenstern nimmt man die Vögel in großen Scharen wahr. Muss man eine Hexe sein, um Derartiges bewerkstelligen zu können?«
    »Hat nicht auch der heilige Franziskus zu den Vögeln und weiteren Tieren gesprochen? Wurde er deswegen der Hexerei bezichtigt?«
    Die Kaiserin sah Theresia Maria verblüfft an. Dann lächelte sie. »Touché. Gut gekontert, meine Liebe. Ihr wollt euch also mit dem heiligen Franziskus vergleichen?«
    Theresia Maria erlaubte sich ebenfalls ein Lächeln. »Auch Ihr versteht die Kunst des Konterns, Kaiserliche Hoheit«, schmeichelte sie. »Aber mitnichten. Wer bin ich, dass ich mich mit dem heiligen Franziskus vergleichen könnte?«
    »Wohl gesetzte Worte, Gräfin von Waldstein. Wie steht es aber nun mit eurem tugendhaften Leben?«
    »Das führe ich in der Tat, seid dessen versichert. Ich wies sogar den Obersthofmeister von Dietrichstein handfest zurück, diesen wunderbaren Mann, der alle Frauenzimmerherzen im Handumdrehen schmelzen lässt.«
    Einige der Damen kicherten ob der beißenden Ironie verhalten. Die Lektion, die die wehrhafte Gräfin dem geilen Obersthofmeister erteilte, hatte sich herumgesprochen und wurde allgemein für angemessen befunden. Nicht wenige lachten noch immer in diebischer Freude darüber. Theresia Maria glaubte, soeben einige Pluspunkte gemacht zu haben.
    »Nun, es war nicht jener Obersthofmeister von Dietrichstein, der euch zwei Sommer zurück bei Vollmond splitterfasernackt auf einer Waldlichtung tanzen sah, von einer Schar Raben umgeben. Dieser Bericht des Jägers Maximilian Gandolph von Khevenhüller erscheint Uns beileibe nicht unwahrscheinlich, denn der Jäger ist ein grundehrlicher Mann.«
    Theresia Maria fiel erneut in eine große-Verlegenheit. Asmodis hilf , dachte sie. Was wusste die Kaiserin noch alles? »Von Khevenhüller mag im Allgemeinen ein grundehrlicher Mann sein«, gab sie Kontra, »aber in diesem Falle verleumdet er mich. Es ist seine Rache an mir, weil ich ihn ebenso zurückgewiesen habe wie den Obersthofmeister.«
    »Ebenfalls mit einem Tritt in seine Juwelen?«, fragte die Hofmeisterin nach. Das daraufhin einsetzende Kichern wollte kein Ende nehmen. Einige der Damen versteckten sich dabei hinter ihren Puderdosen aus feinstem Meißner Porzellan. Erst ein Räuspern der Kaiserin stellte die nötige Ruhe wieder her.
    »Gut, belassen wir es dabei«, sagte sie. »Und was die wohltätigen Handlungen anbelangt, so können Wir die Misshandlung des Obersthofmeisters durchaus als eine solche betrachten.«
    O ja, Eleonora Magdalena Gonzaga von Mantua-Nevers besaß durchaus Humor, den sie auch gelegentlich aufblitzen ließ. »Wie aber wollt ihr weiterhin wohltätig handeln, wenn ihr dies im Dienste des Sternkreuzordens tun könntet?«
    »Ich würde ohne zu zögern das tun, was meine Kaiserin mir aufträgt.«
    »Hm. Eine Antwort, wie unser Herr Jesus Christus sie im Tempel einst gab: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist. Und gebt Gott, was Gottes ist.« Die Kaiserin lächelte nun offen. »Sehr geschickt, Gräfin von Waldstein, wirklich sehr geschickt. Aber wie steht es nun um eure Abstammung? Ihr wisst sicherlich, dass es nur hochadeligen Damen erlaubt ist, im Dienst des Sternkreuzordens zu wirken. Könnt Ihr die vier benötigten Schilde vorweisen?«
    Theresia Maria wusste sehr wohl, was damit gemeint war. Diesen Teil der Aufnahmeprüfung hatte sie zuvor als den heikelsten angesehen, weil sie nicht geglaubt hatte, dass so viel über ihr geheimes Leben bekannt war. Nun aber stellte die Adelsprobe lediglich eines von mehreren schweren Hindernissen dar. Gleichwohl: Sie war zuversichtlich, dass das Ritual mit ihrer Aufnahme enden würde, wenn sie die Probe bestand.
    Mit den vier Schilden waren die Wappen der vier Urgroßelternpaare gemeint, die allesamt adelig sein mussten. Nur in diesem Fall wurde jemand dem alten oder Uradel zugerechnet.
    Von ihrer Mutter Seite her erfüllte Theresia Maria die Voraussetzungen ohne Wenn und Aber. Heikel wurde es von ihres Vaters Seite her. Denn bei diesem handelte es sich um niemand anders als um Kaiser Ferdinand III., dessen dritte Frau Kaiserin Eleonora Gonzaga gewesen war. Viel zu früh war Ferdinand am 2. April 1657, gerade einmal 49-jährig, verstorben und hatte dadurch seinem Sohn Leopold, der allerdings von seiner ersten Frau stammte, den Weg auf den Kaiserthron freigemacht.
    Jeder am Hof wusste, dass Kaiser
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