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0863 - Auf den Schwingen des Todes

0863 - Auf den Schwingen des Todes

Titel: 0863 - Auf den Schwingen des Todes
Autoren: Christian Schwarz
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abgebrannten Hausruinen an die Zeit, als es für die Hausbesitzer rentabler gewesen war, die Feuerversicherung abzukassieren als die Mieten einzutreiben. Hier, in Baychester, standen besonders viele dieser Ruinen. Die Cops trauten sich nur in Mannschaftsstärke hierher, wenn überhaupt.
    So hatte der »Club der toten Bullen« nicht das Geringste zu befürchten, wenn sich dessen Mitglieder einmal monatlich zu einem Sauf- und Drogengelage in diesem Hinterhof trafen. Die Gang stufte ihre Partys dann als besonders gelungen ein, wenn zu den üblichen Aktivitäten ein oder zwei Höhepunkte hinzukamen. Vor vier Wochen war das die brutale Massenvergewaltigung einer Fünfzehnjährigen gewesen, an der auch die Frauen der Gang teilgenommen hatten, und vergangenes Jahr hatten sie - der bisherige Höhepunkt - den gefangenen Boss einer gegnerischen Gang gefoltert und hingerichtet. Sein Skelett, das in einem der Keller lag, war längst fein säuberlich von den Ratten abgenagt worden.
    Und nun zerriss es die Gangster fast vor Spannung, womit ihnen Reggie Morales heuer die Party versüßen wollte. Shanna Rohbock äußerte, dass die Vergewaltigung neulich ja nur schwer getoppt werden könne, sie sich aber gerne überraschen lasse.
    »Na, dann kommt mal mit, meine Lieben.« Morales führte die Gangmitglieder auf die Straße, die von riesigen Schuttbergen gesäumt wurde. Vor ein paar total zerbeulten, verrosteten Autowracks, die an einer Haus wand die ewige Ruhe gefunden hatten, parkte ein uralter Leichenwagen.
    Ehrfürchtig traten die Gangster näher und umringten den Lincoln Kingsford. »Mann, wo hast du den denn her?«, fragte Echavez und strich fast ehrfürchtig über den Schriftzug »Coroner«, der sich über die Heckklappe spannte und von zwei Ölzweigen verziert wurde.
    »Da staunt ihr, was?«, wich Morales der Frage aus und genoss es, dass sich Cynthia an ihn drückte. »Aber das Beste kommt noch.« Er öffnete die Heckklappe.
    Echavez fuhr zurück. Es kam nicht oft vor, dass sich der brutale Killer schockiert zeigte. Jetzt tat er es. »Verdammte Scheiße, was… was ist denn das?« Er schluckte schwer, kniff immer wieder die Augen zusammen und starrte auf die nackte, stark mumifizierte Frauenleiche, die mit angezogenen Knien im Wagen lag. Erst nach einer ganzen Weile merkte Echavez, dass Shanna an seiner Seite zitterte.
    Sie alle schafften es nicht, den Blick von der eingefallenen, verschrumpelten Haut zu wenden, die überall seltsame blaue Flecken aufwies. Die kräftigen Zähne der Toten traten unnatürlich weit hervor, ebenso wie die Augen in den eingefallenen Höhlen.
    »Das ist echt faszinierend«, flüsterte Shanna. »Da könnte einem ja das kalte Grausen kommen. Ich liebe es. Wer ist die Frau?«
    »Woher soll ich das wissen?«, gab Reggie Morales zurück. »Die Schlampe hat's auf jeden Fall hinter sich. Ich habe auch schon eine Idee, was wir mit ihr anstellen können.«
    »Ach ja?« Echavez kniff die Augen zusammen. »Du hast mir immer noch nicht erzählt, wo du das Ding da her hast.«
    Morales wich dem Blick des Bosses nicht aus. »Lass mir meine kleinen Geheimnisse, Mes, ja? Ich verrate es dir bei Gelegenheit. Und nun erklär' ich euch mal, was wir jetzt machen…«
    Morales' Vorschlag stieß auf geteilte Meinungen. Shanna fand ihn allerdings toll - und damit auch Echavez. Er stellte es seinen Leuten frei, mitzumachen. Mit Shanna waren es sieben, die sich bereit erklärten. Johlend schwangen sie sich auf die Ladefläche und gruppierten sich um die Leiche. Shanna war die Erste, die die Tote vorsichtig antippte und ihr dann kurz die Wangen streichelte.
    Reggie Morales klemmte sich hinters Steuer und-schloss den Motor kurz. Sein Boss auf dem Beifahrersitz sah ihm dabei zu. »Den hast du geklaut«, murmelte er.
    »Wie kommst du bloß auf diese Idee? Ich hab das Ding selbstverständlich bei Miller-Meteor in Manhattan gekauft. Und die Schlampe da hinten ist die Verkäuferin, die mir keinen Rabatt geben wollte.« Morales wollte sich ausschütten vor Lachen. Auch Echavez stimmte mit ein.
    Es würde noch etwa zwei Stunden hell sein, bevor die Nacht über New York hereinbrach. Der Gangster lenkte den Leichenwagen über den New England Thruway nach Co-Op City hinein. Morales war in diesem 1969 direkt am Hutchinson River aus dem Boden gestampften Stadtteil aufgewachsen. Er hatte die Trabantenstadt mit seinen fünfunddreißig Hochhäusern und den sieben Wohnclustern aus niedrigen Stadthäusern dazwischen so lange geliebt, bis die
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