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0851 - Der Kult der Shada-Gor

0851 - Der Kult der Shada-Gor

Titel: 0851 - Der Kult der Shada-Gor
Autoren: Andreas Balzer
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musterte er die in gleißendes Licht getauchte Gebirgskulisse, bevor er sich schaudernd abwandte. Trotz der dunklen Schneebrille sah Chin-Li den unverkennbaren Ausdruck von Angst in seinen Augen. »Hier sollte kein Mensch sein«, murmelte er. »Dieses Land gehört nicht uns.«
    »Abergläubischer Unsinn!«, erwiderte Chin-Li ungehalten. »Ich hätte nicht gedacht, dass mir die Neun Drachen so ein ängstliches Waschweib mitgeben würden.«
    Aufgebracht riss der Drachendiener seine Schneebrille ab und funkelte die junge Kriegerin zornig an: »Ich nehme es mit jedem Gegner auf, der sich unserer Sache in den Weg stellt - so lange er menschlich ist. Doch hier existieren Wesen, die viel älter sind als die Menschheit. Die Tibeter meiden dieses Gebiet seit Jahrhunderten - aus gutem Grund. Hier regieren Ungeheuer, und es wird ihnen nicht gefallen, wenn wir in ihren Jagdgründen herumspazieren.«
    »Der Yeti ist eine Legende, genau wie Bigfoot und das Ungeheuer von Loch Ness«, erwiderte Chin-Li gelassen. »Das sind Ammenmärchen, mit denen Großmütter am Lagerfeuer kleine Kinder erschrecken. Bist du ein kleines Kind, Yuen?«
    Der Drachendiener setzte zu einer heftigen Erwiderung an, sah dann aber den unbeugsamen Blick der Ex-Killerin und blickte betreten zu Boden. »Nein, natürlich nicht.«
    »Gut. Dann lasst uns weiterklettern. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.«
    Natürlich wusste Chin-Li nur zu gut, dass in alten Legenden oft mehr als nur ein Körnchen Wahrheit steckte. Schließlich hatte sie schon mehrfach an der Seite von Professor Zamorra und Nicole Duval gegen die Ausgeburten der Hölle gekämpft. Aber es nützte niemandem etwas, wenn sie in Panik gerieten. Angst war ihr größter Gegner Angst - und das chinesische Militär.
    »Oh, Scheiße!«, rief Chi-Hung, als sie wieder das verräterische Rotorengeräusch hörten. Und diesmal kam es ganz aus der Nähe. Wenige Augenblicke später sahen sie auch schon den schweren Militärhelikopter aus dem Schatten eines Nachbarbergs auftauchen. Und er hielt direkt auf sie zu.
    »Runter!«, zischte Chin-Li. »Wenn wir stillhalten, können sie uns nicht sehen.«
    »Woher wissen sie, dass wir hier sind?«, fragte-Yuen, während er sich flach auf den schmalen Vorsprung presste.
    »Wahrscheinlich wissen sie es gar nicht und fliegen nur Patrouille.« Oder wir haben einen Verräter in unseren Reihen , dachte Chin-Li grimmig. Doch darum konnte sie sich später kümmern. Erst mal mussten sie das hier überleben. Immerhin standen die Chancen nicht schlecht. In ihrer weißen Tarnkleidung hoben sie sich kaum vom schneebedeckten Gestein des Gebirgsmassivs ab. Es sei denn…
    »Sie haben Wärmesensoren!«, schrie Chi-Hung, als der Helikopter zielgerichtet auf sie zusteuerte. »Sie wissen, wo wir sind.«
    Im selben Moment ratterte ein Maschinengewehr los. Die Kugeln sprengten große Stücke Eis und Gestein aus der Felswand neben ihnen. Die Jagd war eröffnet - und sie saßen auf dem Präsentierteller.
    »Wir müssen runter!«, rief Chin-Li, »Zur Höhle.«
    Sie hatten die Höhle beim Aufstieg entdeckt. Sie lag etwa 50 Meter unter ihnen und war kaum mehr als ein kleines Loch in der Felswand. Entgegen erster Hoffnungen führte sie nicht ins Reich von Shada-Gor. Aber sie bot ihnen wenigstens etwas Schutz.
    »Das schaffen wir nie!«, protestierte Yuen.
    »Es ist unsere einzige Chance. Los!«
    Ohne sich aufzurichten rollte Chin-Li über die Kante des Vorsprungs und fiel in den gähnenden Abgrund. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Chi-Hung ihr folgte. Yuen hatte nicht so viel Glück. Eine weitere Garbe zerfetzte den auf dem Plateau kauernden Körper des Drachendieners.
    Chin-Li fiel weiter, zehn Meter, zwanzig Meter - dann gab es einen Ruck, und sie baumelte in der Luft. Das Sicherungsseil hielt. Immerhin etwas. Chin-Li hatte darauf bestanden, dass jeder sein eigenes Sicherungsseil hatte. Das erwies sich jetzt als Segen. Yuens schlaffer Körper wäre sonst ein tödlicher Ballast gewesen.
    Neben ihr stoppte das Seil auch Chi-Hungs Fall. Sofort; griff der Chinese nach der Felswand und klammerte sich fest.
    »Und jetzt weiter runter!«, befahl Chin-Li, während sie beobachtete, wie der Hubschrauber abdrehte, einen großen Bogen flog und zurückkehrte, um eine bessere Schussposition zu bekommen. Jetzt zahlte es sich aus, dass Chin-Li die Spezialausrüstung für den Einsatz selbst entwarfen hatte. Das extradünne Sicherungsseil war an einer Rolle an ihrem Gürtel befestigt und ließ sich
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