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0851 - Der Kult der Shada-Gor

0851 - Der Kult der Shada-Gor

Titel: 0851 - Der Kult der Shada-Gor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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blitzschnell verlängern. Mit einem Knopf druck aktivierte Chin-Li den Mechanismus in der Gürtelschnalle und kletterte weiter. 30 Meter unter sich sah sie den Eingang der Höhle. In ihrer Lage ein fast unerreichbares Ziel. Aber sie mussten es versuchen!
    Sie hatte gerade fünf Meter geschafft, als das Maschinengewehr ein weiteres Mal aufbrüllte. Instinktiv ließ sich Chin-Li fallen und stürzte weitere zehn Meter in die Tiefe, während sie über sich einen verzweifelten Todesschrei hörte. Chi-Hung! Der Drachendiener hing wie eine zerbrochene Marionette an seinem Seil und klatschte wie in Zeitlupe immer wieder gegen die Wand. Wo der leblose Körper aufschlug, färbte sich der Schnee tief rot.
    Sie knallen uns ab wie die Hasen, dachte Chin-Li verbittert. Sie hatte keine Angst vor dem Tod, aber so wollte sie nicht sterben. Nicht auf diese unwürdige Weise. Hastig griff die junge Chinesin zu dem Messer an ihrem Gürtel, während der Helikopter eine weitere Runde drehte, um sein Werk zu vollenden.
    Und dann hörte sie das Zischen. Eine Rakete! Offenbar wollten ihre Gegner auf Nummer sicher gehen. Tin Hau, steh mir bei!, dachte die Kriegerin, als das Geschoss auf sie zuraste. Dann durchtrennte sie das Seil und stürzte haltlos in den Abgrund.
    ***
    Leung-Yuen-Weh waren die verängstigten Blicke der Crew nicht entgangen, als er seinen Privatjet betreten hatte. Doch das kümmerte den 45-jährigen Unternehmer nicht. Er wusste, dass er sich verändert hatte, und das erfüllte ihn mit Stolz. Sein Körper war größer und stärker geworden, er passte kaum noch in den langen Mantel, den er trotz der drückenden Hitze in Bangkok übergeworfen hatte. Und auch den überdimensionalen schwarzen Hut hatte er nur mit Mühe bis weit über die Stirn ziehen können. Ein breiter Schal verdeckte den Rest des Gesichts, aus dem nur noch die brennenden Augen hervorstachen.
    Was genau passiert war, wusste Leung nicht. Die letzten Tage hatte er wie in einem Traum erlebt. Nur ab und zu kehrten blitzartig die Erinnerungen zurück. Der chinesischstämmige Unternehmer besaß in Bangkok eine große Fabrik für Computerzubehör. Seine große Leidenschaft galt aber teuren Antiquitäten. Vor einer Woche war er bei einer illegalen Auktion gewesen.
    Leung hatte schon wieder gehen wollen, als er dieses besonders schöne Stück gesehen hatte. Ein fremdartig aussehendes Artefakt, das früher offenbar einmal zu kultischen Zwecken verwendet worden war. Leung wusste sofort, dass er es unbedingt haben musste. Das Objekt schien ihn regelrecht zu rufen - und nicht nur ihn. Die vorher eher zurückhaltenden Sammler überboten sich plötzlich wie wild, doch Leung Yuen-Weh bekam den Zuschlag.
    Dann verschwammen die Erinnerungen. Leung wusste nur noch, dass er tagelang ohne zu essen, zu trinken oder zu schlafen in seiner Wohnung gesessen und auf seinen neuen Besitz gestarrt, hatte. Und das Artefakt hatte zu ihm gesprochen, mit einer warmen, berauschenden Stimme, in Worten, die er nicht verstand und die doch tief in sein Innerstes zu dringen schienen.
    Dann begann die-Veränderung. Leung fühlte sich plötzlich so stark und mächtig wie nie zuvor. Sein vorher eher schmächtiger Körper schwoll an, die Haut wurde grau und schuppig. Leung genoss jeden Schritt dieser Transformation. Und er wusste, dass sie noch längst nicht abgeschlossen war.
    Von Stunde zu Stunde verstand er die Stimme besser, und dann nahm er sich Papier und Stift und zeichnete nach ihren Anweisungen eine Skizze. Die Ingenieure in der Fabrik starrten ihn verstört an, als er ihnen befahl, das Maschinenteil zu bauen. Sie verstanden seine Funktion nicht mal annähernd, seine bizarre, allen Gesetzen der Mechanik widersprechende Konstruktion verschreckte sie. Doch Leung war der Boss, und er ließ sich auf keine Diskussion ein. Fast zärtlich glitt Leungs rechte Hand über den Aktenkoffer, in dem er das fertige Maschinenteil heim brachte.
    Als Geschäftsmann hatte Leung gute Kontakte in China. Es war kein Problem gewesen, eine Fluggenehmigung für Lhasa zu bekommen. Und er wusste, dass er nicht allein war. Andere wie er befanden sich in dieser Minute ebenfalls auf dem Weg in den Himalaja. Jeder auf einer anderen Route, damit die Gefahr der Entdeckung möglichst gering blieb.
    Befriedigt verzog das Wesen, das einst Leung-Yuen-Weh gewesen war, die wulstigen Lippen zu einem Lächeln. Das Reich von Shada-Gor würde zu alter Größe erwachsen. Und er würde dabei sein.
    Es war nicht mehr aufzuhalten.
    ***
    Der

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