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0851 - Der Kult der Shada-Gor

0851 - Der Kult der Shada-Gor

Titel: 0851 - Der Kult der Shada-Gor
Autoren: Andreas Balzer
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Sturz schien endlos. Über sich hörte Chin-Li den kreisenden Helikopter, der sich jetzt wieder in Bewegung setzte und auf die Gebirgszüge im Südosten zuhielt, hinter denen Lhasa lag. Der Auftrag war ausgeführt, die Mörder verließen den Tatort.
    Doch noch war Chin-Li nicht tot. Die Kriegerin ließ das Messer achtlos fallen und brachte sich in eine stabile Flugposition, während sie auf den zerklüfteten Boden zuraste. Bis unten waren es noch mehrere hundert Meter.
    Zeit genug!
    Mit der rechten Hand holte sie aus dem Gürtel eine Spezialpistole hervor, die ihr schon zu ihrer Zeit als Profikillerin in Hongkong gute Dienste geleistet hatte. Die Kriegerin wusste, dass sie nur einen Schuss hatte. Nachladen war in ihrer Situation unmöglich. Chin-Li zwang sich dazu, nicht auf den in atemberaubender Geschwindigkeit näherkommenden Grund zu achten und analysierte im Fallen die Beschaffenheit der steilen Felswand. Und schließlich sah sie es. Die perfekte Stelle - wenn sie traf. Chin-Li riss den Arm hoch und feuerte.
    Ein dünner Metallpfeil löste sich aus der Pistole und raste auf die Wand zu. Im Moment des Aufpralls entzündete sich eine Explosivladung, die das Geschoss weiter in den Felsen trieb, einen Sekundenbruchteil später lösten sich ein Dutzend Widerhaken, die das Projektil fest im Gestein verankerten. An dem Pfeil hing ein quasi unreißbares Nylonseil, das fest mit der Pistole verbunden war.
    Chin-Li umklammerte eisern den Griff, als das Seil mit einem heftigen Ruck ihren Fall stoppte. Doch die Bewegungsenergie suchte einen Ausweg und fand ihn. Ungebremst schlug die chinesische Kriegerin gegen die Felswand. Der Aufprall nahm ihr fast das Bewusstsein. Für einen Moment sah sie nur noch alles verschlingende Schwärze, und jede einzelne Faser schien zu explodieren. Chin-Li schrie ihren Schmerz heraus, während sie verzweifelt darum kämpfte, bei Bewusstsein zu bleiben und den Pistolengriff nicht loszulassen.
    Endlich hörte das Seil auf zu schwängen. Mit der linken Hand betätigte Chin-Li einen Knopf an der Pistole und ein verborgener Mechanismus im Inneren setzte sich in Bewegung. Surrend rollte sich das Seil wieder auf und zog sie langsam nach oben, bis sie einen kleinen Felsvorsprung erreicht hatte.
    Mit letzter Kraft zog sich die Chinesin über die Kante. Dann brach sie erschöpft zusammen.
    Sie bemerkte nicht mehr, wie ein grässlich missgestaltetes Geschöpf die Bergwand hinabkletterte und sich auf den Vorsprung hangelte. Die albtraumhafte Kreatur packte die junge Kriegerin, warf sie sich achtlos über die Schulter und verschwand mit ihr in der zerklüfteten Wand.
    ***
    Ein eigentümliches Hochgefühl ergriff Zamorra, als er das überwältigende Bergpanorama sah, das sich in alle Himmelsrichtungen bis zum Horizont erstreckte. Gebannt starrte er durch das Fenster der kleinen Cessna auf das atemberaubende Bild. Es war mehr als drei Jahrzehnte her, dass er diese einmalige Naturkulisse gesehen hatte. Am Ende seines Studiums hatte Zamorra ein Jahr lang das Dach der Welt erkundet. Er hatte in einem buddhistischen Kloster gelebt und später seine Doktorarbeit über die eigentümlichen Phänomene geschrieben, die er dort erlebt hatte. Es war eine andere Zeit, ein anderes Leben. .. Damals war Zamorra ein aufstrebender Wissenschaftler gewesen, der sein Leben noch nicht dem Kampf gegen die Mächte der Finsternis gewidmet hatte. So viel war seitdem geschehen, und doch kam es im jetzt so vor, als sei es erst gestern gewesen, dass er Tibet verlassen hatte.
    Nicole war genauso fasziniert wie ihr Gefährte. Entrückt starrte sie aus dem Fenster und murmelte immer wieder: »Unfassbar…«
    Es war gar nicht so leicht gewesen, hierher zu gelangen. Zwar wurde Tibet immer mehr zum Ziel westlicher Touristen, doch die-Volksrepublik China achtete sehr genau darauf, wer das 1951 annektierte und nur auf dem Papier Autonome Gebiet Tibet besuchte. Journalisten waren in der Regel nicht gerne gesehen, und auch bei Wissenschaftlern achtete die Regierung in Peking sehr genau darauf, was der Zweck der Reise war.
    Also hatte sich der Parapsychologe sofort, nachdem Lee sie verlassen hatte, mit Major Yang Kar-Fei in Verbindung gesetzt. Den couragierten Geheimdienstoffizier hatten sie beim dramatischen Finale ihrer Auseinandersetzung mit Kuang-shi kennengelernt. [3] Yang hatte sich als verlässlicher Verbündeter erwiesen. Der Major war ein loyaler Diener seines Landes, der jedoch vor den Schattenseiten des chinesischen Systems nicht die
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