0847 - Duell der Mächtigen

zurechtzulegen, dass er ihn tragen konnte.
    Hoffentlich schaffe ich das!, dachte Zamorra. Merlin war ein schwerer Brocken. Er musste wohl einen halben Meter zu kurz geraten sein für sein Gewicht; die wallende weiße Kutte verbarg seinen Leibesumfang gut.
    »Mit den Blumen nach Caermardhin!«, stieß Zamorra hervor.
    »Klar, Chef!« Fooly tat irgendetwas. Schlagartig wurde Merlin leichter. Er wog immer noch eine ganze Menge, ließ sich jetzt aber einfacher tragen. Offenbar setzte Fooly Drachenmagie ein und neutralisierte etwas vom Gewicht des Zauberers.
    Sie bewegten sich hier zwischen die Blumen und vor Caermardhin wieder hinaus.
    Unwillkürlich zuckte Zamorra zusammen, als er die Burgmauern vor sich aufragen sah.
    Das war nicht normal.
    Es bedeutete: Gefahr!
    Fooly stand am Tor, rüttelte am Griff.
    »Och nö«, seufzte er. »Abgeschlossen! Hat jemand einen Dietrich zur Hand?«
    ***
    Nicole suchte Zamorras Arbeitszimmer auf. In der Tat befand sich hier ein Riese. Er lag in leicht verkrümmter Haltung auf dem Boden. Als Fooly ihn niedergestreckt hatte, musste er sein Laserschwert in der Hand gehalten haben. Es war ihm entfallen und lag nur einen halben Meter weiter auf dem Teppich. Die Klinge war abgeschaltet.
    Die attraktive Französin, momentan mit violetter Lockenperücke, bückte sich und nahm die Waffe auf. Sie stellte fest, dass sie sich geirrt hatte - das Teufelsding war so eingestellt, dass es Blitze verschoss. Nicole erkannte es an der Einstellung des Wahlschalters; in der später von Zamorra zerstörten Station im Weltraum hatte sie selbst so eine Waffe geführt.
    Da hatte Fooly wohl gewaltiges Glück gehabt, dass der Riese ihn nicht aus kurzer Distanz niedergeschossen hatte!
    »Wie hat er es bloß geschafft, ihn k.o. zu schlagen?«, überlegte sie. Fooly war zwar massig, aber klein. Zwei Jungdrachen aufeinandergestellt ergaben noch nicht ganz die Körpergröße des Riesen.
    Sie beschloss, Fooly danach zu fragen. Eine solche Nahkampffähigkeit hatte sie ihm überhaupt nicht zugetraut.
    Jetzt ging es aber erstmal darum, den Riesen dauerhaft kalt zu stellen. Wenn der erwachte und begann, im Château herumzutoben, wurde es lustig. Noch lustiger, wenn er kurzerhand ein Mini-Weltentor schuf und entfloh. Dann würde er mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit mit Verstärkung zurückkehren. Es war ohnehin schon erstaunlich, dass nicht gleich eine ganze Horde Riesen aufgetaucht war, um Château Montagne unsicher zu machen.
    Und wenn es so ist?, durchfuhr sie ein erschreckender Gedanke. Wenn sie sich blitzschnell so verteilt haben, dass sie jetzt überall auf uns lauern können?
    Das Château besaß in seinen drei Gebäudeflügeln eine Vielzahl von Zimmern, von denen viele kaum jemals betreten wurden. Es wurden ja nur ein paar Räume genutzt. Der Rest wurde lediglich von Spinnen bewohnt, die ihre Netze woben und sich - ja, wovon eigentlich? - ernährten. Fliegen kamen doch in die leeren Zimmer nicht hinein. Trotzdem schienen die Spinnen nicht zu verhungern.
    Vielleicht fraßen sie sich ja gegenseitig auf.
    Nicole widerstand der Versuchung zu überprüf en, ob die Riesen sich mittlerweile an Butler William oder an Lady Patricia und ihrem Sohn Rhett vergriffen hatten. Vielleicht war ja doch nur dieses einzelne Exemplar hereingekommen.
    Sie schob die fremde Waffe hinter ihren Gürtel. Dann nahm sie den Riesen näher in Augènschein.
    Der Bursche sah ja ganz gut aus, Wenn er nicht so groß wäre… Bei seinem Anblick konnte ein Mädchen schon schwach werden.
    Nicole wurde nicht schwach, weil sie erstens einen Feind in ihm sehen musste und zweitens nur einen einzigen Mann liebte: Zamorra. Ihm war sie absolut treu, was auch umgekehrt galt. Einem hübschen Mädchen oder einem gut aussehenden Mann nachzublicken und sich Appetit zu holen, war normal, aber genascht und vernascht wurde dann der eigene Partner. Etwas anderes konnten beide sich überhaupt nicht vorstellen. Zwischen ihnen war ein Band der Liebe, das nicht zerrissen werden sollte.
    Bevor sich Nicole weiter um den ungebetenen Gast kümmerte, öffnete sie den Tresor und entnahm ihm einen der beiden Blaster samt Magnetholster. Die Magnetplatte wurde am Gürtel befestigt, und die Strahlwaffe haftete fest an ihr. Dabei genügte dann ein Griff, die Waffe in die Hand zu bekommen und zu schießen Sie schaltete von Laser auf Betäubung. Falls der Riese unerwartet erwachte, konnte sie mit einem Elektroschock sofort wieder paralysieren. Das verlieh ihr ein Gefühl der Sicherheit.