0839 - Ruhe sanft und komm nie wieder
herum auf, der seine Angst aber nicht unterdrücken konnte.
Rabanew hatte es geschafft. Was aber war mit den anderen? Er wußte nicht, wie viele dieser Wesen oder Kreaturen noch in der kalten Erde lagen. Auf jeden Fall waren es für ihn zu viele. Wenn sich die Gräber öffneten und die Toten entließen, war für ihn die Zeit gekommen, wegzulaufen.
Oder…?
Er dachte daran, was ihm sein Vater mit auf den Weg gegeben hatte. Er war davon überzeugt, daß die Menschen ihren Mut zurückgewinnen mußten, um sich den Problemen zu stellen. Sie durften nicht immer wegrennen, sie mußten bleiben, sonst würde das Böse die Überhand gewinnen. Es tat dem Jungen gut, daran zu denken, und diese alten Worte sorgten auch dafür, daß er sich wieder besser fühlte und die Furcht vor dem Friedhof schwand.
Er drehte sich wieder um.
Jetzt konnte er auch hinschauen, ohne daß ihm die Knie zu stark zitterten.
Unbeweglich standen die alten Steine. Nur manchmal wehte der Dunst um sie herum, als wollten die grauweißen Schleier das rissige Gestein putzen.
Plötzlich zitterten Elohims Hände.
Es gab keinen ersichtlichen Grund für diese Reaktion, es war auch nichts passiert, aber er war sensibel genug, um gewisse Tatsachen zu bemerken.
Auf diesem Friedhof passierte etwas. Als hätte jemand einen Motor angestellt, der für eine gewisse Energie sorgte, die nicht nur durch den Boden floß, sondern sich auch wie ein unsichtbares Netz darüber und zwischen den Grabsteinen ausbreitete, nicht sicht-, dafür spürbar, und zwar für den, der dafür empfänglich war.
Der Junge kannte diese Reaktion. Er hatte sie schon einmal erlebt, als Rabanew kurz davor stand, sein wahres Gesicht zu zeigen. Diesmal jedoch war sie anders, viel mächtiger und kräftiger, und sie erwischte ihn von den Füßen bis zum Kopf.
Der Friedhof ›lebte.‹
Es war kein normales Leben, es war das andere, das gefährliche, das untote Leben, das nur dann entstehen konnte, wenn gewisse dunkle Kräfte am Werk waren.
Waren die Toten wirklich tot?
Elohim wußte es nicht. Er verließ sich auf seine sensiblen Antennen, er horchte und lauschte, er merkte, wie das Böse immer weiter hervorkroch und damit anfing, ihn zu belasten.
Es drückte sich in seinen Körper hinein.
Schlimme Gedanken versuchten, den Widerstand zu durchbrechen. Bilder entstanden vor seinem geistigen Auge. Grellbunte, fratzenhafte Gestalten schwebten wie mutierte Seelen über den Grabsteinen. Er hörte ein schreckliches Lachen, allerdings nur tief in seinem Innern, nicht so offen wie normal.
Kälte kroch über seinen Körper.
Hitze flammte in ihm auf.
Er schaute auf seine Füße und hatte den Eindruck, sich langsam zu erheben. Es war keine Täuschung, die eigenen Kräfte hatten sich von selbst in ihm mobilisiert, und sie trugen dafür Sorge, daß er die Gravitation überwand und hineinglitt in den Zustand der Levitation.
Er begann zu schweben.
Sehr langsam erhob er sich vom Boden, als wäre am Kopf ein langer Faden befestigt worden, an dem jemand zog. Er stieg nicht schnell, alles lief sehr ruhig ab, und Elohims Arme hingen zu beiden Seiten des Körpers nach unten, wobei er in der rechten Hand noch immer den Griff des Schürhakens hielt.
Zwei Kräfte kämpften gegeneinander.
Einmal seine eigene, zum anderen die fremde, und der Junge wußte nicht, welche letztendlich stärker war. Er konnte seine noch nicht so recht einschätzen.
Die Kraft trieb ihn weiter auf den Friedhof zu. Nichts brauchte er dabei zu tun, die fremden Mächte hielten ihn fest, sie leiteten ihn weiter, und sie drängten ihn immer mehr auf die Mitte des Friedhofs zu, wo er über die Grabsteine hinwegschwebte.
Etwa in doppelter Körperhöhe befand er sich über dem Areal. Den Kopf hielt er gesenkt, er betrachtete die zahlreichen Grabsteine, aber es gelang ihm nicht, in die Erde zu blicken, um festzustellen, ob sich dort etwas bewegte.
Da tat sich nichts…
Die Stille blieb.
Innen als auch außen…
Elohim hielt den Atem an. Obgleich er über dem magischen Gefahrenherd schwebte, fühlte er sich nicht viel wohler. Noch hielt seine eigene Kraft der anderen stand. Wie aber würde es sein, und was würde geschehen, wenn sich die Dinge umdrehten?
Ein Windstoß erreichte sein Gesicht. Und mit dieser Berührung tat sich auch etwas unter seinen Füßen.
Ein schief stehender Grabstein wackelte, als wäre er von einer unsichtbaren Faust berührt worden.
Es sah beinahe so aus, als sollte er zu Boden kippen, im letzten Augenblick aber
Weitere Kostenlose Bücher