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083 - Der Mann aus der Retorte

083 - Der Mann aus der Retorte

Titel: 083 - Der Mann aus der Retorte
Autoren: Dämonenkiller
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drehte der künstliche Mensch durch. Ich packte die zweite Pistole.
    Vierort trat hinter dem Monster in den Gang hinaus. Dabei stieß er leicht an den Golem an. Das Ungeheuer drehte sich um und griff mit beiden Händen nach Vierort.
    „Nicht!" heulte Vierort auf. „Ihn sollst du töten!"
    Er zeigte mit dem Finger auf mich.
    Doch das Monster ließ nicht locker. Töte sie alle, hatte Vierort dem Monster befohlen. Sein Befehl richtete sich demnach auch gegen ihn selbst.
    Vierort wandte sich zur Flucht. Er erreichte eine Treppe und lief sie hoch. Der Golem folgte ihm.
    Ich hielt einige Meter Abstand. Der Golem lief immer rascher. Mit einer Hand griff er nach Vierort, dem es noch einmal gelang, zu entkommen.
    Vierort riß eine Tür auf, die auf das Flachdach führte. Der Golem rannte hinterher. Mit einigen Sprüngen erreichte Vierort einen hohen Rauchfang. Er packte die eisernen Sprossen und hantelte sich hoch. Da war der Golem heran. Mit beiden Händen packte er Vierort um die Hüften und riß ihn vom Schornstein. Vierort schlug verzweifelt um sich.
    „Lösch das E aus!" schrie ich ihm zu.
    Der Golem taumelte einige Schritte weiter. Seine rechte Hand packte Vierort an der Gurgel. Verzweifelt versuchte der Unglückliche das E auszulöschen, doch seine Hand verfehlte immer wieder die Stirn des aus Lehm geschaffenen Wesens.
    Der Golem stieß gegen einen Mauervorsprung und legte sich etwas zur Seite. In diesem Augenblick schoß Vierorts rechte Hand vor, und jetzt gelang es ihm, das E auszulöschen. Doch das rettete ihn nicht mehr. Der Golem hielt seine Kehle noch immer umklammert. Das leblos gewordene Monster kippte gegen die Brüstung und zermalmte dabei Vierort, der einen gurgelnden Schrei von sich gab. Die Brüstung hielt das Gewicht des Golems nicht aus. In der Ziegelmauer zeigten sich Risse. Einige Ziegel polterten auf die Gasse. Dann gab die Wand nach. Der Golem und der zerquetschte Vierort flogen in die Tiefe. Ich hörte den Aufprall des schweren Körpers, dann war es still.
    Ich blickte in die Gasse hinunter. Vom Golem war nicht viel übriggeblieben. Der Körper war in tausend Stücke zersprungen.
    Ich ging zu Rabbi Loew, der aus seiner Ohnmacht erwacht war.
    „Vierort schlug mich nieder", sagte er.
    „Er wußte das Geheimnis des Golems", sagte ich. „Er steckte hinter den Entführungen. Vierort wollte künstliches Leben schaffen, doch es gelang ihm nicht."
    „Wo ist Vierort? Und was ist mit dem Golem?"
    „Vierort ist tot. Und der Golem ein Trümmerhaufen."
    „Dann ist es gut", sagte der Rabbi.
    „Versprecht mir eines, Rabbi Loew", bat ich, „versucht niemals mehr, einen künstlichen Menschen zu erschaffen!"
    Ich half ihm beim Aufstehen. „Das kann ich Euch ruhigen Gewissens versprechen, Michele da Mosto. Ich habe alle meine Unterlagen vernichtet. Und ich kann nur hoffen, daß nie mehr ein Mensch versucht, einen künstlichen Menschen zu erschaffen. Das Leben ist etwas Heiliges. Es steht nur Gott zu, es zu schaffen."
    Ich nickte Rabbi Loew zu, dann trat ich auf die Gasse.
    Eine Menschenmenge hatte sich um den toten Vierort versammelt. Die Leute bestaunten die Lehmbrocken, die vom Golem übriggeblieben waren.
    Mühsam drängte ich mich durch die tuschelnde Menschenmenge. Ich band mein Pferd los und schwang mich in den Sattel.
    Die Wahrheit würden nur wenige Menschen erfahren; dafür wollte ich sorgen. Vierort, dieser wahnsinnige Verbrecher, war tot - und der Golem vernichtet.
    Ich konnte zufrieden sein, doch ich war es nicht.
    Langsam ritt ich zum Hradschin.

    Dorian hatte die Erzählung beendet und lag mit geschlossenen Augen im Bett. Seine Kopfschmerzen waren wieder stärker geworden. Er schluckte noch zwei Pulver.
    „Und ich hatte immer geglaubt, daß der Golem eine Fantasiegestalt ist", sagte Coco.
    „Er war real", stellte Dorian fest. „In Prag gibt es noch immer Leute, die glauben, daß der Golem alle dreiunddreißig Jahre im früheren Judenviertel auftaucht."
    Coco nickte. „Du hattest Glück gehabt, damals vor vierhundert Jahren. Was wäre wohl geschehen, wenn es Vierort nicht gelungen wäre, das E zu löschen?"
    „Diese Frage hatte ich mir damals auch gestellt", antwortete Dorian. „Der Golem hätte alles darangesetzt, um Vierorts Befehl auszuführen. Er hätte jeden getötet, der ihm über den Weg gerannt wäre, und dabei hätte er die Stadt zerstört. Nur jemand, der wußte, daß man das E auf seiner Stirn löschen mußte, hätte ihn töten können."
    „Und da sind wir bei Don", meinte
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